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Die Geburt des Mädchens läutete eine neue Epoche ein.

Es gibt so etwas wie einen Hang, die Nachkommen zu glorifizieren, und nicht selten kann man beobachten, wie verklärte Seligkeit Besitz von jungen Eltern ergreift, kaum dass von ihren Kindern die Rede ist. Derartige Gefühlsduseleien hatten in meinem Verhalten freilich keinen Platz. Ich fand das schlichtweg albern und hatte das auch immer laut gesagt, was mir einen schlechten Ruf einbrachte und schließlich, als ich selbst an der Reihe war, das Gespött meiner Mitmenschen. Denn mit dem Erwachen der ersten Charakterzüge meines Kindes war es um mein objektives Urteil geschehen. Von nun an leuchteten die Sterne, Entrückung brach sich Bahn und die objektive Realität verblasste in fast biblischer Verklärung. Über das Wesen meines Kindes philosophierend brachte ich zu jeder sich bietenden Gelegenheit Allgemeinplätze vor, getragen vom Pathos der Liebe, eine Projektion alles denkbar Guten. Ein Arsenal positiv besetzter Adjektive verband ich mit ihr: süß, lieb, lustig, herzlich und von reiner Unschuld sei sie, frei von Verschlagenheit, Falschheit und Hinterlist. Weniger erbauliche Wahrheiten, die nicht selten zutage traten, wenn sie müde und hungrig sich bisweilen wie eine Furie aufführte und mich mit unbändigem Zorn an den Rand der Verzweiflung trieb, hielt ich in den hinteren Winkeln meiner Seele unter Verschluss – so wie die meisten Eltern es tun. Im Sinne des Fortbestandes der eigenen Gene sieht man seinen Nachkommen so manche Unliebsamkeit, so manche Zeiten der Entbehrung und Entsagung milde nach. Und das ist auch gut so.

Doch hätte ich damals, noch vor wenigen Wochen, all dies offen und frei und ohne Scham zu sagen vermocht? Dass die objektive Wahrheit zeitweise hinter der subjektiven zurückstehen müsse, weil das Leben es eben so will? Hatte ich nicht eben noch, meine wahren Gefühle ignorierend, eitel und selbstgefällig in die Welt hinaus posaunt, all dies sei barer Unsinn?

Nun, ich habe es getan, in unentschuldbarer Verkennung des wahren Wesens der Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern habe ich es getan. Den furchtbaren Irrtum erkannte ich erst, als etwas schiefgegangen war, als das Schicksal den Grundplan der Natur durchkreuzt hatte. Nie habe ich den unermesslichen Raum, der sich im gemeinsamen Erleben von Beziehung mit meiner Tochter aufspannte, besser und tiefer und schmerzlicher verstanden als an jenem Tag, als alles zu Ende war. Ich habe erst begriffen, als es bereits zu spät war.

Der Schlitten

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