Читать книгу Der Schlitten - Thomas Ross - Страница 13

10

Оглавление

Die Nachricht berührte mich kaum. Merkwürdig, immerhin hätte ich infolge der Festnahme doch Erleichterung spüren, ein Gefühl der Befreiung empfinden müssen. Doch dieses Gefühl lebt ja von der Hoffnung, dass der Täter seine Schuld anerkennen und dass er sie sühnen wird. Aber wer gab mir die Garantie, dass dies tatsächlich geschehen würde? Wer konnte mir versichern, wer dafür einstehen, dass der Mörder meiner Tochter die Strafe, die er verdiente, erhalten, und wer konnte dafür bürgen, dass er das Leben in der relativen Unfreiheit einer Gefängniszelle überhaupt als Strafe empfinden würde? War so ein Mensch überhaupt in der Lage, zu verstehen, was er getan hatte?

Ich steckte in einem Sumpf aus Zweifeln: Weshalb glauben die Menschen eigentlich, dass jemand, der die Normen menschlichen Zusammenlebens auf so schreckliche Weise gebrochen und damit den unumstößlichen Beweis erbracht hat, dass er nicht wahrzunehmen, zu denken, zu fühlen und zu empfinden in der Lage ist wie seine Mitmenschen, durch eine einfache Projektion dessen, was Strafe für die anderen bedeutet, auch wirklich zur Rechenschaft gezogen werden kann? Begriffe wie Sühne, Wiedergutmachung und Ausgleich schienen mir angesichts der Fragwürdigkeit ihrer Anwendung für solche Fälle vollkommen irrelevant, und bald beschlich mich der Verdacht, dass sie, gemeinhin als Worthülsen gebraucht, tatsächlich ziemlich inhaltsleer daherkommen und im Endeffekt gar nichts auszusagen haben.

Die Auseinandersetzung mit diesen Dingen plagte mich zunehmend. Ich suchte Abhilfe in der philosophischen Auslegung von Rechtsbegriffen. Instinktiv spürte ich, dass die gängigen Denkfiguren der Rechtsdogmatik mich nicht tragen würden und dass ich eine Lösung finden musste, die dem Rechtsempfinden meines Herzens entsprechen würde.

Der Schlitten

Подняться наверх