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In der Nacht nach der Prozesseröffnung erwachte ich aus einem schweren, traumlosen Schlaf, der weder Erfrischung noch die Hoffnung auf einen besseren Tag gebracht hatte. Kaum aus dem Bett, begann ich einen Artikel über die Persönlichkeitszüge von Menschen, die Tötungsdelikte begangen haben, zu lesen, schob den Text aber sogleich wieder beiseite. Ich ging in den Garten, sah in den sternklaren Himmel hinauf und spürte die Leere in mir. Ich setzte mich auf die Bank und verfiel in einen Zustand, der mich weder Kälte noch Feuchtigkeit spüren ließ. Und dennoch: Diesem schweren Dämmerschlaf entwuchs die Imagination, dass kein Richter, kein Psychiater und kein Volk das Recht habe, den Mörder zu richten. Ich gelangte zu der Überzeugung, dass dieses Recht mir allein zustünde, und dass ich einen naturgegebenen Anspruch darauf hätte. Ich war der Überlebende des Verbrechens, das an meiner Tochter begangen wurde. Nur mir allein konnte das Recht der Vergeltung zufallen, ich allein würde die Strafe bemessen.

Hatte man dies nicht über Jahrhunderte hinweg so gehalten? Ich konnte nicht erkennen, warum sich jemals etwas daran hatte ändern können, und beschloss, Beweise für die neu gefasste Überzeugung zu sammeln. Ich würde den Richter von den Vorzügen des natürlichen Rechtsempfindens gegenüber allen modernen Strafrechtsideen, so geistreich und exquisit diese auch begründet sein mochten, überzeugen. Ich hatte eine Wahrheit gefunden, und sie leuchtete ohne Fehl und Tadel, sie war frei von Falschheit und Arglist. Mit dieser Wahrheit als Unterpfand würde ich in den Verlauf des Verfahrens eingreifen: Ich würde dem wahren Recht meiner Tochter und meinem natürlichen Recht als Vater Genüge tun.

Als ich erwachte, waren meine Beine steif vor Kälte, aber ich machte mir nichts daraus. Beseelt von der Perspektive, die sich mir eröffnet hatte, ließ ich Kälte und Kummer im Mondlicht zurück.

Der Schlitten

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