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TERPENE – ABWEHR UND LOCKSTOFFE
ОглавлениеAcyclische und cyclische Terpene finden sich in unserem Farbschema in Gruppe 3 und Gruppe 4.
Für die Abwehr von Insekten und Raupen, die bei Kohl- und Zwiebelgewächsen die schwefeligen Duftstoffe übernehmen, bilden andere Pflanzen andere Aromen aus, insbesondere Terpene und Sesquiterpene, aber auch Aromate und flüchtige Phenole.
Die chemische Basis für Terpenverbindungen ist das „Isopren“, in der Chemie als 2-METHYLBUTA-1,3-DIEN bezeichnet. Isopren ist ein wesentlicher Teil des Pflanzenstoffwechsels. Aus dem „Grundmolekül“ werden nicht nur Duftstoffe, sondern auch Farbstoffe wie Carotinoide, Retinol (Vitamin A), Tocopherol (Vitamin E) oder Phytol synthetisiert. Kein Wunder, denn die Isoprenproduktion der Pflanzen ist eng an die Photosynthese gekoppelt. Terpene lassen sich vollkommen systematisch klassifizieren. Die Anzahl der Isopreneinheiten definiert ihre Anzahl von Kohlenstoffatomen als Vielfaches von 5, damit ihr (ungefähres) Molekulargewicht, damit ihre Flüchtigkeit und somit ihre Geruchsklasse. Terpene ab 15 Kohlenstoffatomen sind nicht mehr flüchtig und bekommen andere „Aufgaben“: Sie sorgen mitunter für einen bitteren Geschmack, sind Teile von Saponinen, cholesterinähnlichen Stoffen in den Zellmembranen. Wenn sie noch schwerer sind, z. B. aus 8 Iosopreneinheiten bestehen, gehören sie im Gemüse zu den Carotinoiden, aus denen, wie etwa aus β-Carotin, wiederum Geruchsstoffe mit Isopreneinheiten wie das β-IONON entstehen. Dies zeigt aufs Neue, wie systematisch und „ökonomisch“ die Vorgänge in Pflanzen aufgebaut sind und wie Synthesemechanismen ineinandergreifen.
Hemiterpene, die einfachsten Moleküle, sind übrigens kaum vorhanden. Das einzige gemüserelevante Hemiterpen ist der Generalist 3-METHYLBUTANSÄURE (auch 3-Methylbuttersäure oder Isovaleriansäure genannt), der in Baldrian, in vielen fermentierten Produkten und frisch im Gemüsepaprika und im Sellerie vorkommt. Die 3-METHYLBUTANSÄURE ist von organischen Säuren und Fettsäurederivaten nicht zu unterscheiden, weshalb sie in diesem Buch der ersten Gruppe zugeordnet ist, auch wegen ihrer physikalischen Eigenschaften, ihrer Flüchtigkeit und Löslichkeit. In dem linken Schaubild sind typische, gemüserelevante Terpene aufgeführt.
Auch Triterpene (aus sechs Isopreneinheiten aufgebaut) sind in der Gemüseküche von Bedeutung. Tetracyclische Triterpene sind etwa Steroide und die aus Gurken, Kürbis und Zucchini bekannten Cucurbitacine, die für Menschen hochtoxisch sein können und für den Bittergeschmack verantwortlich sind ( Gurke, Seite 227). Triterpenalkohole und Triterpensäuren in Harzen (Resinosäuren und Resinole) erhält man als Beiprogramm beim Würzen mit Harzen; sie fungieren auch als Saponine in verschiedenen Gemüsearten. Auch viele Hormone sind Triterpene und haben damit herausragende biologische Funktionen.
Die Abwehr von Fraßfeinden ist bei den Terpenen nur die eine Seite: Monocyclische und acyclische Terpene wie etwa LINALOOL (in Chinakohl, Erbse, Kartoffel, Kaktusfeige, Kerbelrübe, Rhabarber, Speiserübe, Taro, Tomate, Wurzelpetersilie, Zucchiniblüten) oder GERANYLACETON (in den Gemüsen Bohne, Melone, Tomate und Tomatillo) werden ebenso als Lockstoffe eingesetzt. Zum einen locken sie Insekten zur Bestäubung an und sichern damit die Fortpflanzung, zum anderen aber locken sie Feinde der Fraßfeinde an, die dann die unmittelbaren Feinde der Pflanze wiederum angreifen und vernichten sollen. Das Spiel mit Aromen und Geruchsstoffen in Gemüse ist im Allgemeinen also „intelligenter“, als gemeinhin gedacht wird.