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Ist Ärger nützlich?

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Im Allgemeinen betrachten wir etwas als nützlich, wenn es unserem Glück zuträglich ist. Wenn wir uns aber fragen: »Bin ich eigentlich glücklich, wenn ich ärgerlich bin?«, ist die Antwort zweifellos: »Nein.« Aus physiologischen Gründen empfinden wir möglicherweise einen gewissen Energieschub, emotional jedoch fühlen wir uns dabei miserabel. Das heißt, wir können aus eigener Erfahrung sagen, dass Ärger nicht glücklich macht.

Zudem kommunizieren wir nicht gut, wenn wir wütend sind. Es kann vorkommen, dass wir sehr laut werden, so, als wäre die andere Person schwerhörig. Vielleicht wiederholen wir uns, so, als hätte sie Gedächtnisprobleme. Das ist aber keine gute Kommunikation. Gute Kommunikation beinhaltet, sich in einer Art und Weise zum Ausdruck zu bringen, dass wir von der anderen Person verstanden werden, und nicht so, dass wir lediglich unsere Gefühle auf ihr abladen. Wenn wir Leute anschreien, schalten sie ab, so wie wir selbst den Inhalt von Worten überhören, wenn uns jemand anschreit. Eine gute Kommunikation bedeutet auch, Gedanken und Gefühle mit Worten, Gesten und Beispielen zum Ausdruck zu bringen, die für die andere Person nachvollziehbar sind. Unter dem Einfluss von Ärger jedoch sind unsere Ausdrucksmittel lange nicht so kontrolliert und unsere Gedanken bei Weitem nicht so klar wie gewöhnlich.

Unter dem Einfluss von Ärger sagen und tun wir Dinge, die wir später bedauern. Vertrauen, das wir über viele Jahre mit großer Mühe aufgebaut haben, kann in wenigen Augenblicken hemmungsloser Wut völlig zerstört werden. Während eines Wutausbruchs behandeln wir vor allem diejenigen Menschen, die uns am meisten am Herzen liegen, auf eine Art und Weise, wie wir Fremde niemals behandeln würden. Unter Umständen sagen wir ihnen dann fürchterliche Gemeinheiten, vielleicht gehen wir sogar so weit, Personen, die uns nahe stehen, zu schlagen. Das tut nicht nur unseren Angehörigen weh, sondern vor allem auch uns selbst, wenn wir fassungslos mitansehen müssen, wie die Familie, die wir lieben, allmählich zerrüttet wird. Das wiederum erzeugt Schuldgefühle und Selbsthass, die uns lähmen und uns und unsere Beziehungen mit anderen weiter belasten. Könnten wir unseren Ärger unter Kontrolle bringen, könnten solche qualvollen Konsequenzen verhindert werden.

Zudem kann Ärger dazu führen, dass Leute uns meiden. Hier kann es hilfreich sein, sich einmal eine Situation in Erinnerung zu rufen, in der wir wütend waren. Wenn wir dann einen Schritt beiseite tun und uns aus dem Blickwinkel der anderen Person betrachten, wirken unsere Worte und Handlungen ganz anders, und wir können verstehen, warum die andere Person verletzt war. Wir müssen uns an solchen Vorkommnissen nicht schuldig fühlen. Gleichwohl müssen wir jedoch erkennen, wie schädlich unsere ungezügelte Aggressivität sich auswirkt, und im eigenen Interesse und im Interesse anderer versuchen, Gegenmittel anzuwenden, um sie unter Kontrolle zu bringen.

Dazu kommt, dass Ärger, wenn er über lange Zeit aufrechterhalten wird, zu Ressentiments und Verbitterung führt. Gelegentlich begegnen wir alten Menschen, die ihren Groll über Jahre angestaut haben und auf Schritt und Tritt Hass und Enttäuschung mit sich herumschleppen. Natürlich möchte keiner von uns auf diese Weise alt werden, wenn wir aber nichts gegen unseren Ärger unternehmen, lassen wir zu, dass genau das eintreten wird.

Manche Menschen interpretieren die buddhistischen Lehren über die Nachteile des Ärgers so, als dürften wir uns nun nicht mehr ärgern, oder so, als wären wir schlechte Menschen und Sünder, wenn wir es eben doch tun. Das hat der Buddha nie gesagt, in seiner Darlegung ist kein Werturteil enthalten. Wenn wir wütend sind, ist die Wut ganz einfach das, was im Augenblick ist. Es hilft nichts, uns zu sagen, dass wir nicht wütend sein sollen, denn die Wut ist ja schon da. Es hilft uns auch nicht weiter, uns deswegen emotional fertig zu machen. Dass wir ärgerlich geworden sind, heißt nicht, dass wir deswegen schlechte Menschen sind. Es heißt lediglich, dass eine schädliche Emotion uns vorübergehend überwältigt hat. Ärger, böse Worte und brutale Handlungen sind nicht unsere Identität. Sie sind vielmehr Wolken in der reinen Natur unseres Geistes und können beseitigt oder verhindert werden. Selbst wenn wir jetzt noch keine große Übung in Geduld haben, können wir diese Eigenschaft doch allmählich zur Entfaltung bringen, wenn wir uns darum bemühen.

Es ist Dein Ärger

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