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Zwei Geschichten

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Wir können in unserem Leben die negativen Auswirkungen von Verhaltensweisen sehen, die von Ärger motiviert sind. Wie im Dhammapada steht:

Sprich niemals hart zu anderen,

Denn harte Worte wird man Dir vergelten:

Die Du mit Worten erst gekränkt,

Sie werden späterhin im Gegenzug

Dich schelten.

Eine uralte Geschichte veranschaulicht das sehr treffend. Es war einmal ein König, der ein großes indisches Königreich regierte. Er führte ein glückliches Leben, mit der Einschränkung, dass sein Sohn leider häufig mit seinen Ministern, Dienern und anderen Familienmitgliedern in Streit geriet. Jeder empfand das Betragen des Sohnes als unerträglich, doch niemand wagte, sich beim König darüber zu beschweren. Nach einiger Zeit jedoch wurde der König selbst darauf aufmerksam und sah sich nach Hilfe um. Die besten Therapeuten nahm er in seine Dienste, doch sie waren außerstande, das Verhalten des Knaben unter Kontrolle zu bringen. Auch die lokalen Sportgrößen, die Wunderheiler und Unterhaltungskünstler vermochten es nicht. Stattdessen wurde das Betragen des Kindes mit jedem Tage aufsässiger.

Da kam eines Tages ein Mönch in die Stadt, um Almosen zu sammeln. Die Boten des Königs beobachteten, wie er gemessen und achtsam einherschritt, und baten ihn, den König aufzusuchen. Der Mönch, der spirituell völlig verwirklicht war, lehnte diese Gelegenheit, sich Ruhm und Reichtum zu erwerben, mit den Worten ab: »Ich bin nicht mehr an ein weltliches Leben gebunden und habe daher mit einem weltlichen König nichts zu besprechen.«

Als man ihm von der Lauterkeit des Geistes dieses Mönches berichtete, ging der König zu ihm, um ihm die gebührende Ehre zu erweisen, und fragte ihn, ob er irgendetwas benötige. Der Mönch aber sagte, dass er nichts weiter begehre, als sich im nahe gelegenen Wald aufzuhalten, worauf der König erwiderte: »Das ist mein Wald, bitte haltet Euch daher ohne Sorge dort auf. Wir werden Euch jeden Tag mit Speisen versorgen und Eure Meditation nicht stören. Nur bitte ich darum, mir zu erlauben, Euch meinen Sohn zu Besuch zu bringen. Er ist ein großer Unheilstifter, und ich weiß keinen Rat, was ich mit ihm anfangen soll.« Der Mönch gab nickend seine Zustimmung.

Am nächsten Tag fanden der König und sein Sohn sich mit dem Wagen im königlichen Wald ein. Während der König zum Palast zurückkehrte, gingen der Mönch und der Knabe im Wald spazieren. Da kamen sie auf einmal an einem kleinen Neem-Baum, und der Mönch bat den Prinzen, ein Blatt abzupflücken und davon zu kosten. Der Junge tat wie ihm geheißen und spuckte das bittere Blatt sofort angewidert aus. Wütend bückte er sich, packte den jungen Baum gewaltsam beim Stamm und riss ihn mitsamt der Wurzel aus.

Da sagte der Mönch zu ihm: »Mein Kind, du wusstest, dass dieser Schössling einst ein großer Baum geworden wäre und, wenn er weitergelebt hätte, künftig noch viel bitterer gewesen wäre. Aus diesem Grund hast du ihn ausgerissen. Genauso denken die Minister, königlichen Beamten und Palastbewohner jetzt auch: ›Dieser junge Prinz ist so bitter und so ärgerlich. Wenn er größer wird, wird er noch bösartiger und grausamer zu uns werden.‹ Wenn du nicht Acht gibst, werden sie dich aus deiner Königsherrschaft reißen, sobald sie können.« Da verstand der Prinz die Belästigung, die er anderen zugemutet hatte, und auch die Konsequenzen, die sich daraus für ihn selbst ergaben, und er beschloss, seine Einstellung und sein Betragen zu ändern. Obwohl es ihn Mühe kostete, wusste er, dass es für das Glück aller Beteiligten war, und während er sich änderte, hörten andere auf, negativ auf ihn zu reagieren, und begannen ihn zu lieben und zu respektieren.

In einer moderneren Begebenheit erzählte mir Floyd von seinen Vergehen als Verkehrsrowdy. Als er einmal mit seiner Verlobten auf der Autobahn unterwegs war, schnitt ihn ein anderer Fahrer. Vor Wut außer sich, beschleunigte er, überholte das andere Fahrzeug und fuhr absichtlich vor ihm Schlangenlinien. Wegen der hohen Geschwindigkeit verlor er jedoch die Kontrolle über seinen Wagen. Das Auto schlitterte über alle Fahrspuren hinweg und schleifte an der Leitplanke entlang, bevor er es zum Stehen bringen konnte. Blitzartig wurde ihm bewusst, dass seine Wut um ein Haar seine Verlobte ums Leben gebracht hätte, und tiefe Reue befiel ihn. Danach hörte er auf damit, die schlechten Fahrgewohnheiten anderer als persönliche Beleidigung zu interpretieren. Wer weiß, wie viele gerettete Leben diesem Gesinnungswandel zu verdanken sind?

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