Читать книгу Es ist Dein Ärger - Thubten Chodron - Страница 17
Ein zuverlässiger und unabdingbarer Anzeiger für Fehlverhalten?
ОглавлениеVor vielen Jahren traf ich mich mit einer Gruppe von Spezialisten auf dem Gebiet der Mediation und Konfliktbewältigung. Als ich von den Nachteilen des Ärgers sprach, machte sich bei diesen Experten zunächst eine gewisse Anspannung und schließlich sogar Ärger breit, bis sie damit herausplatzten, dass »Wut nötig und nützlich« sei, »weil sie uns Informationen darüber gibt, was nicht in Ordnung ist!« Ihr Argument war, dass unser Ärger uns darauf hinweise, dass das Verhalten einer anderen Person nicht akzeptabel sei. »Ohne ihn«, so ihre Behauptung, »könnten wir Recht und Unrecht, Annehmbares und Unannehmbares nicht voneinander unterscheiden.«
Ärger ist jedoch kein zuverlässiger oder gar notweniger Indikator für Fehlverhalten Es ist gut möglich, dass wir uns nicht geärgert haben, weil uns unser Recht verwehrt wurde, sondern weil wir nicht bekommen haben, was wir wollten. Es kann sein, dass wir ärgerlich werden, nicht, weil jemandes Verhalten gemessen an sozialen und ethischen Standards unannehmbar ist, sondern weil wir überempfindlich sind. Und selbst wenn jemand unsere Rechte verletzt oder gegen die konventionell akzeptablen Normen und Regeln verstoßen hat, ist der Ärger nicht nötig, um uns anzuzeigen, dass das Verhalten der anderen Person unangemessen war. Wir können eine Situation auch mit klarem und ruhigem Geist beurteilen und zu demselben Schluss kommen. In der Tat ist letztere Methode, Fehlverhalten aufzudecken, wesentlich gesünder als Ärger, weil sie keine der unerwünschten Nebenwirkungen des Ärgers hat, wie wir sie zuvor diskutiert haben.
Obwohl Ärger weder eine zuverlässige noch eine notwendige oder nützliche Informationsquelle für das Erkennen von Unrecht ist, lässt er uns wissen, dass unser Geist verstört ist und dass unsere »Knöpfe gedrückt« wurden. Anstatt unseren gewohnheitsmäßigen Mustern zu folgen und andere für unseren Ärger verantwortlich zu machen, können wir feststellen, dass die Tatsache, dass unsere »Knöpfe gedrückt« werden, von zwei Faktoren abhängt: den Handlungen anderer und unseren »Knöpfen«. Wenn wir unsere Knöpfe entfernen, gibt es nichts mehr, was andere drücken könnten! Das erfordert unsererseits natürlich viel innere Arbeit.
Wenn wir unsere Knöpfe entfernen, beseitigen wir damit nicht unsere Ethik und unsere Werte. Wir ändern vielmehr die automatischen und gewohnheitsmäßigen Reaktionen, die uns so oft in einen Kreislauf von Wut und Konflikten mit anderen verstricken.