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Unseren Ärger und seine Ursachen erkennen
Manches Mal sieht es für uns so aus, als käme unser Ärger plötzlich und aus heiterem Himmel, und wir explodieren sofort. Ein anderes Mal haben wir den Eindruck, dass Ärger in unterdrückter Form unter der Oberfläche lauert und unser Leben beeinflusst. Wie können wir erkennen lernen, wann wir ärgerlich sind? Welche Faktoren führen dazu, dass Ärger in uns entsteht und sich ausbreitet? Die Antworten darauf können uns dabei helfen, uns unseres Ärgers bewusst zu werden und ihn verstehen zu lernen, was wiederum seine Transformation durch das Üben von Geduld erleichtern wird.
Erkennen, dass wir ärgerlich sind
Bevor wir Ärger transformieren oder eliminieren können, müssen wir in der Lage sein, ihn zu identifizieren. Während Ärger manches Mal ganz offenkundig ist, erkennen wir zu anderen Zeiten nicht einmal, dass wir genervt, gereizt, feindselig oder streitlustig sind, bis diese Emotionen stark geworden sind und wir aggressiv sprechen oder handeln. Das mag aus verschiedenen Gründen geschehen. Es kann sein, dass wir durch unsere äußere Umgebung abgelenkt und nicht in Kontakt mit unseren Gefühlen sind, es mag auch sein, dass wir Ärger leugnen, weil wir ihn für schlecht halten, oder wir wissen zwar, dass etwas nicht in Ordnung ist, wissen aber nicht, was es genau ist.
Für manche Menschen erfordert es Schulung und Praxis, ihren Ärger zu erkennen und zu benennen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ihn zunächst einmal zu identifizieren zu lernen. Während wir auf den Atem meditieren, können wir zum Beispiel beobachten, dass Ablenkungen auftreten, die uns vom Meditationsobjekt abschweifen lassen. Es kann sein, dass wir ein allgemeines Gefühl von Ruhelosigkeit oder Verärgerung feststellen oder uns an eine Jahre zurückliegende Situation erinnern, die uns noch immer verstimmt. Indem wir uns mit der emotionalen Färbung und dem »Geschmack« der verschiedenen Emotionen vertraut machen, die in die Kategorie »Ärger« fallen, werden wir lernen, sie zu erkennen und zu benennen: Gereiztheit, Frustration, Gehässigkeit, Eifersucht, Groll, Zorn, Streitlust, Hass und so weiter. Natürlich haben wir auch viele positive Emotionen wie Gleichmut, Liebe, Mitgefühl und Freude, die sich allerdings selten als Ablenkungen in unserer Meditation einstellen.
Eine andere Möglichkeit, Ärger zu identifizieren, ist, unsere physischen Empfindungen zur Kenntnis zu nehmen. Wenn wir fühlen, dass sich unser Magen zusammenzieht, wir die Zähne zusammenbeißen oder Hitze im Körper aufwallt, könnte das anzeigen, dass wir im Begriff sind, uns zu ärgern. Jede Person hat andere physische Manifestationen von Ärger, und wir müssen beobachten und feststellen, welche die unseren sind. Es ist hilfreich, das zu tun, denn manchmal ist es leichter, die körperlichen Empfindungen zu identifizieren, die mit dem Ärger einhergehen, als den Ärger selbst.
Ein anderer Weg, unseren Ärger zu identifizieren, ist, unsere Stimmungen zu beobachten. Wenn wir dann schlechter Stimmung sind, können wir innehalten und uns fragen: »Was für ein Gefühl ist das? Was ist vorgefallen, dass es dazu kam?« Manchmal können wir gewisse Muster in unseren Stimmungen und Verhaltensweisen beobachten. Sie können uns Hinweise darauf geben, wie unser Geist arbeitet und woran sich unser Ärger entzündet. Mark zum Beispiel stellte fest, dass er fast jeden Morgen nach dem Aufwachen schlechter Laune ist. Er informierte seine Mitbewohner darüber, und anstatt also gleich morgens schon mit Leuten zusammenzukommen, geht er nun zunächst seiner Meditationspraxis nach. Atemmeditation bringt seine schlechte Laune zum Verschwinden, und wenn er sich über bestimmte Situationen ärgert, arbeitet er mit einer der Methoden, die in diesem Buch erklärt werden.
Unterdrückter Ärger