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Ein gutes Gegenmittel gegen Verletzlichkeit, Schuldgefühle und Selbstvorwürfe?

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Ist Ärger ein gutes Gegenmittel gegen Gefühle der Verletzlichkeit, der Schuld und der Selbstanklage, in Fällen von Missbrauch von Kindern, Vergewaltigung oder Scheidung zum Beispiel? Wenn wir wütend sind, mögen wir die Energie haben zu sagen: »Was diese Person mir angetan hat, ist unrecht!« So merkwürdig es sich anhören mag, aber unser Ego mag einen gewissen Trost darin finden, wütend zu sein: »Jetzt weiß ich, wer ich bin. Ich bin ein Opfer von Missbrauch, Vergewaltigung oder Ungerechtigkeit.« Wenn wir aber das Gefühl haben, Opfer zu sein, haben wir auch das Gefühl, für unseren inneren Frieden von anderen abhängig zu sein. Sobald uns daher bewusst geworden ist, dass jemand uns Schaden zugefügt hat, müssen wir vor jeglichem Ärger in Verbindung mit dieser Entdeckung auf der Hut sein.

Anfangs mögen wir uns verwundbar fühlen, wenn wir von unserem »Schutzschild«, der Wut, ablassen. Ängste kommen zum Vorschein: »Mein Ärger ist gerechtfertigt. Wer bin ich denn, wenn ich ihn aufgebe? Bedeutet das nicht dasselbe wie zuzugeben, dass die andere Person recht hatte? Wie kann ich überhaupt meine Würde bewahren, wenn ich nicht empört bin über das, was andere mir angetan haben?« Wenn wir wütend sind, mögen wir ein Gefühl der Macht verspüren, doch diese Macht ist falsch, weil die Wut, die von Aversionen und Schuldzuweisungen lebt, auf einen Feind angewiesen ist. Echtes Selbstbewusstsein ist hingegen offen und frei von Abwehrhaltungen. Es beruht auf der Kenntnis unseres großen menschlichen Potenzials und der grundlegenden Reinheit unseres Geistes, nicht darauf, dass andere sich in irgendeiner bestimmten Weise verhalten.

Um gesund zu werden, müssen wir über Groll und Vorwürfe hinauswachsen und zu einem Zustand des Friedens und der Akzeptanz in unserem Herzen finden, in dem wir gewillt sind, die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen und unser Leben mit Vitalität und Mitgefühl weiterzuleben. Solch eine Heilung ist mit einem Prozess verbunden, der Zeit und Geduld mit uns selbst erfordert. Er kann nicht beschleunigt oder erzwungen werden.

Wie können wir in Fällen von Missbrauch und Misshandlung, sei es auf persönlicher, gesellschaftlicher oder internationaler Ebene, von unserem Ärger ablassen? Eine Möglichkeit ist, unseren Ärger einschließlich des Schmerzes und der Angst, die ihn antreiben, anzuerkennen und zu akzeptieren und dabei festzustellen, dass es sich lediglich um geistige Vorgänge handelt, vorübergehende Gefühle, die in unserem Geist entstehen, nicht jedoch definieren, wer wir sind.

Im Buddhismus üben wir, das Entstehen, Bestehen und Vergehen solcher Geistesfaktoren zu beobachten, ohne dabei die betreffenden Gefühle zurückzuweisen oder uns von ihnen überwältigen zu lassen. Ob wir ein Gefühl ablehnen oder daran festhalten, das Ergebnis ist dasselbe: Die Emotion hat uns unter Kontrolle. Wenn wir einer Emotion erlauben können, zu sein, ohne sie dabei abzuwehren oder uns auf ihre Geschichte einzulassen, wird sie allmählich ihre Macht über uns verlieren.

Es ist Dein Ärger

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