Читать книгу Clockwork - Tom Dekker - Страница 15

Оглавление

XIV

Tief in Gedanken versunken schlenderte Bobby Lane durch die Straßen der City. Die spätsommerlichen Temperaturen konnten den erfahrenen Streifenpolizisten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Herbst mit seinen Stürmen, Regengüssen und kalten, grauen Tagen bevorstand. Er konnte die kühlen Strömungen in der Luft, die bereits seit Tagen unter der sonnigen Oberfläche des Wetters dahinkräuselten, förmlich auf der Nasenspitze spüren. Ein weiteres Halbjahr mit nassen Hosen, durchweichten Stiefeln, rotgefrorener Nase und eiskalten Fingern stand ihm bevor.

Bobby Lane schüttelte die negativen Gedanken mit einem energischen Rucken der Schultern ab. Er hatte keinen Grund zu klagen. Genau so hatte er es immer gewollt. Nie hatte er sich vorgedrängt, wenn es Stellen in den warmen Büros der Polizeiverwaltung gegeben hatte, wo man auch im Winter bei behaglichen Temperaturen seinen Hintern breitsitzen konnte. Nur wenige Kollegen hatten so lange auf Streife durchgehalten wie er, aber genau das war sein Leben. Jeden Tag von seinen Füßen durch die Gassen und Straßen seines Viertels getragen zu werden und Sicherheit und Ordnung zu ihrem Recht zu verhelfen, verschaffte ihm eine innere Genugtuung, wie sie mit Sicherheit nur ganz wenige Menschen verspürten. Egal, ob es regnete oder die Sonne schien, Bobby Lane war immer im Einsatz. Verlässlich wie ein Uhrwerk drehte er seine Runden.

Mitten in seinen Gedanken wurde Bobby Lane aufgeschreckt. Abrupt blieb er stehen und blinzelte verdutzt. Wie kam er plötzlich auf den Ratsplatz? Er hätte schon vor zwei Ecken rechts abbiegen müssen, um seinem gewohnten Streifenweg zu folgen. So etwas war ihm noch nie passiert. Träumte er nun schon auf offener Straße? Mit einem verzweifelten Seufzen wollte der Sergeant sich bereits umdrehen, als drei junge Männer seine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Sie trugen diese neumodische Tracht, die ihm bereits mehrfach aufgefallen war, und kamen, energisch weit ausschreitend, aus dem Rathaus stolziert. An und für sich war das keine große Sache. Es gab im Rathaus eine ganze Reihe von Amtsstuben, in denen sich jeder Bürger der City von Zeit zu Zeit wiederfand, um mehr oder weniger unnötigen Papierkram zu erledigen. Selbst der so ordnungsliebende Bobby Lane erschauerte beim Gedanken an die zeitraubenden und nervtötenden Gespräche mit den Amtsleuten und den unsäglich umständlichen Formularen, die in den Gängen bereit lagen, um die Unglücklichen, die einen Besuch im Rathaus nicht länger hatten hinausschieben können, zu quälen.

Doch irgendetwas an den drei jungen Männern kam Bobby Lane verdächtig vor. Er hätte nicht sagen können, was es war. Aber er wusste, dass er seinem Spürsinn vertrauen konnte. Diese drei Männer hatten ganz bestimmt keine Genehmigung zum Betreiben einer Innentoilette beantragt. Ebensowenig waren sie hier gewesen, um sich als Dampfkutschenfahrer oder Gaslaterneninstallateur registrieren zu lassen. Na, und heiraten wollten sie mit Sicherheit auch nicht. Irgendetwas an ihrem Gang verriet Bobby Lane, dass ihr Besuch im Rathaus nicht ganz aus lauteren Motiven heraus stattgefunden hatte. Er beschloss daher, seinen gewohnten Rundgang zu unterbrechen und ihnen, natürlich unter Einhaltung aller polizeilich vorgeschriebenen Vorsichtsmaßnahmen, ein Stück zu folgen. Vielleicht würde sich sein Verdacht ja schon an der nächsten Ecke in Luft auflösen, aber dann könnte er wenigstens in Ruhe seine Streife fortsetzen, ohne sich wochenlang fragen zu müssen, ob er vielleicht versäumt hatte, ein schweres Verbrechen zu verhindern.

Bobby Lane musste seinen Streifengang weitaus kürzer unterbrechen, als er befürchtet hatte. In der üblichen Menschenmenge, die sich in der Innenstadt in steter Hektik hin und her bewegte, war es ein Leichtes gewesen, die drei jungen Männer unbemerkt zu verfolgen. Bereits nach wenigen Abzweigen waren sie, ohne sich auch nur verlegen umzuschauen, in eines der wohlhabendsten Häuser der Stadt gegangen und damit vor den Blicken des Polizisten verborgen worden. Unauffällig lehnte sich Bobby Lane an einen der Treppenaufgänge, die zu den etwas über Straßenniveau liegenden Eingängen der Bürgerhäuser führten und wartete. Selbst einem aufmerksamen Beobachter wäre der reglose Sergeant, der nach und nach mit seiner Umgebung zu verschmelzen schien, nach einiger Zeit nicht mehr aufgefallen. Fast war es so, als hätten der Polizist und die Stadt einen Pakt miteinander geschlossen. Er beschützte sie und sie sorgte dafür, dass er diesen Dienst möglichst effektiv und unbeschadet verrichten konnte.

Das Haus war selbst für den wohlhabenden Stadtteil mit seinen Bankiersvillen und Repräsentationsgebäuden, in dem es stand, ein Schmuckstück. Das Dach war, soweit Bobby Lane das sehen konnte, makellos gedeckt, die Fassade war erst vor kurzem weiß getüncht worden und mit vielen Zierleisten geschmackvoll gestaltet. Hinter den Fenstern konnte Bobby Kronleuchter und Schränke aus teuren Hölzern erahnen. Was, um alles in der Welt, suchten drei so windige Gestalten in diesem Gemäuer?

Der Sergeant ließ seinen Blick schweifen, behielt dabei aber die Eingangstür des Hauses weiter im Auge. Hin und wieder betraten ein korrekt gekleideter Beamter oder eine elegante Dame das Haus. Ähnlich betuchte Herrschaften verließen das Gebäude, doch von den drei Jungen oder ähnlichen Gesellen war nichts zu sehen. Möglich, dass sie durch eine Hintertür gegangen waren, vielleicht hatte sich Bobby doch nicht so geschickt bei seiner Verfolgung angestellt, wie er gedacht hatte, und jetzt saßen sie auf irgend einem Dachvorsprung und machten sich über den Polizisten lustig, der so ratlos auf der Straße herumstand? Wie dem auch sei, Bobby beschloss, die Beschattung vorerst abzubrechen. Er notierte sich in seinem inneren Notizbuch das Haus und die wenigen Anhaltspunkte, die er für die Unterbrechung seines Streifenganges heranziehen konnte, löste sich wie selbstverständlich aus dem Schatten und verschmolz mit den Menschen, die über die Bürgersteige liefen. Als er erneut am Rathaus vorbeikam, fiel ihm ein Arzt auf, der in großer Eile das Gebäude verließ. Keine Frage – diese Begebenheit würde auf jeden Fall Eingang in seinen abendlichen Bericht finden. Und er würde von heute noch eine Spur wachsamer auf diese eigenartige Bande von Jugendlichen achten, die alle die gleiche Uniform trugen und von Tag zu Tag ungehobelter und respektloser auftraten. Sein Instinkt sagte ihm, dass hier etwas nicht stimmte, und sein Instinkt hatte ihn bisher nur selten im Stich gelassen.

Clockwork

Подняться наверх