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Grundlage 2: Mit einer dominanten Perspektive überzeugen

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Wie funktioniert Pacing & Leading nun ganz praktisch? Wenn Sie herausgefunden haben, auf was die Gegenseite besonderen Wert legt, dann ist das der entscheidende Aspekt in Ihrer Argumentation. Das kann ein, positiv formuliert, besonders eindringliches Bedürfnis sein; dann verwenden Sie diesen Aspekt als positive Perspektive. Oder es handelt sich, negativ formuliert, um das Vermeiden einer Angst einflößenden oder frustrierenden Situation; dann verwenden Sie diesen Aspekt als negative Perspektive.

Im positiven Fall sieht das beispielsweise so aus:

Situation 1: Freundschaft Auf einem Betriebsausflug lernten sich zwei Kollegen besser kennen. Sie unterhielten sich gut und nach einer gewissen Zeit hatte jeder vom Anderen das Gefühl der gleichen Wellenlänge. Gegen Ende der Veranstaltung schworen sie sich ewige Freundschaft. Nicht einfach so, nein, sie machten es gleich konkret. Jeder würde in Zukunft dem Anderen helfen, wenn er in Not war. Insbesondere wollten sie alle betrieblichen Dinge besprechen und dabei nützliche Informationen austauschen. Zwei Wochen später hatte der PC des einen Kollegen mitten in der Arbeit einen Blackout. Es tat sich nichts mehr. Gerade wollte der Mitarbeiter über die Hotline den Zentralen Service anrufen, da fiel ihm ein, dass sich sein neuer Freund in PC-Fragen sehr gut auskannte. Er hatte sein Zimmer auf demselben Flur, der Mitarbeiter ging also zu ihm rüber und klagte ihm sein Leid. Ob er seinen PC wieder flott machen könne. Der Andere sah gequält zu ihm auf, schaute dann wieder auf seine Arbeit und sagte bedauernd: „Ich kann nicht. Diese Auswertung sollte eigentlich schon gestern beim Chef sein. Ich bin unheimlich in Druck. Tut mir echt leid, aber diesmal geht es wirklich nicht, sonst jederzeit.“ Und nahm seine Arbeit wieder auf. Der Mitarbeiter wollte gerade enttäuscht abziehen. Er stand unschlüssig noch einen Augenblick da und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Er war einfach irritiert. Da gab es etwas, was nicht zusammen passte. Plötzlich fiel es ihm wieder ein: der Freundschaftsschwur, genau, das war es. Er sagte zu seinem Freund: „Okay, dann passt es dir im Moment nicht. Das heißt dann wohl auch: Mit unserer Freundschaft und unserer Absprache, uns gegenseitig zu unterstützen, das war gar nicht ernst gemeint oder?“ Der Andere stutzte: „Natürlich war das ernst gemeint. Nur jetzt im Moment kann ich wirklich nicht.“ „Verstehe, aber an einer Schönwetter-Freundschaft bin ich eigentlich nicht besonders interessiert. Das war‘s dann wohl.“ Der Mitarbeiter drehte sich enttäuscht um und wollte den Raum verlassen. Da rief der Andere hinter ihm her: „Halt, warte doch mal, jetzt lauf doch nicht gleich weg! Du hast ja Recht. Wir wollen uns ja gerade helfen, wenn Not am Mann ist. Also, ich guck mir das Ding mal an. Auf 10 Minuten kommt es dann auch nicht mehr an.“ Und der Andere ging mit ihm. Nach einer knappen Stunde war der PC wieder okay.

Situation 1: Strategie 2 – mit dem Selbstbild konfrontieren

So schnell setzen Sie sich durch, wenn Sie den richtigen Punkt treffen! Der neue Freund wollte auf keinen Fall derjenige sein, der als erster den neu geschlossenen Beistandspakt verrät, im Gegenteil: Er hatte den Selbstanspruch, verlässlich zu sein und die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Unser Stratege musste nur ein richtiges, nämlich das entscheidende Argument anbringen, um seinen Freund dazu zu bringen, das Freundschaftsversprechen einzuhalten.

Es geht darum, den entscheidenden Punkt zu finden, der dem Anderen am Herzen liegt und der ihn betroffen macht, wenn er ihn nicht leben könnte. Hol‘ den Anderen dort ab, wo er sich befindet! Jetzt wissen Sie, wie wichtig es ist, zu wissen, mit wem als Typ, als Persönlichkeit, als Mensch Sie beim Anderen zu tun haben.

Den negativen Fall stellt folgende Situation dar:

Situation 2: Erstklässler Eine Grundschule hatte zum Schulbeginn 81 Erstklässler. Daraufhin wurden 3 Klassen gebildet, 2 Klassen zu je 30 Schülern und eine Klasse mit 21 Schülern. Den Eltern war klar, dass ihre Kinder in der kleineren Klasse mehr und besser lernen würden als in den großen Klassen. Deshalb gab es Versuche, die Aufteilung der Kinder auf die 21er Klasse zu beeinflussen. Eine von den Müttern ging zum Schulrektor und bat ihn, ihren Sohn in die 21er Klasse aufzunehmen. Der Rektor sagte: „Ich kann Ihre Wünsche leider nicht berücksichtigen. Die Aufteilung ist Sache des Lehrer-Kollegiums. Und das ist gut so. Denn wo kämen wir hin, wenn alle Eltern ein Mitspracherecht hätten. Das gäbe nur eine Riesenstreiterei. Unruhe und Chaos an der Schule wären die Folge. Das aber können wir hier am wenigsten brauchen. Unser guter Ruf hängt davon ab, dass an dieser Schule alles seine Ordnung hat und seinen geregelten Gang geht. Deshalb halten wir uns auch an die bewährte Vorgehensweise.“ Die Mutter ging nach Hause und dachte nach; dabei ließ sie sich noch mal die Worte des Rektors durch den Kopf gehen. Am nächsten Tag rief sie den Rektor an. Sie sagte, sie würde sich jetzt doch Sorgen machen und befürchten, dass es im neuen Schuljahr ziemlichen Ärger geben könnte. Wieso, fragte der Rektor. Ja, sagte sie, sie hätte Angst, dass ihr Junge den Lehrern und letztlich ihm und seiner Schule einige Unannehmlichkeiten bereiten könnte. Ihr Sohn sei nämlich in einer richtigen Flegel-Phase. Ständig würde er Streiche aushecken und seine Freunde dazu anstiften, sich mit Gleichaltrigen prügeln. Er würde mit Sicherheit den Lehrern den Unterricht erschweren. Das, meinte sie dann, könnte den geregelten Unterricht in der Klasse, in die er eingeteilt sei, doch empfindlich beeinträchtigen. Die einzige Person, die das verhindern könnte, sei nicht sie; allein schon deshalb nicht, weil sie als alleinerziehende Mutter ihren Sohn nicht ständig beaufsichtigen und zur Rechenschaft ziehen könne. Sondern das sei der Klassenlehrer der 21er Klasse. Ihn würde ihr Junge bereits kennen und von ihm würde er sich auch etwas sagen lassen. Und dann empfahl sie dem Rektor die Aufnahme ihres Sohnes in die 21er Klasse. Der Rektor meinte, er würde sich das noch mal durch den Kopf gehen lassen; vielleicht wäre das hier wirklich ein Ausnahmefall. Wenige Tage später erhielt die Mutter die Nachricht, dass ihr Junge der 21er Klasse zugeteilt worden sei. In Anlehnung an: David Stiebel, Die Taktik des Streitens, Wolfgang Krüger Verlag 1999, SS. 139 ff.

Situation 2: Strategie 12 – Das größere Übel vorgaukeln

Soweit die Geschichte. Sie werden schnell erkannt haben, wodurch die Mutter sich so erfolgreich durchsetzen konnte. Sie hatte genau zugehört, als der Rektor ihren Wunsch ablehnte. Seine Worte zum Thema Ordnung waren sog. „Schlüsselwörter“. An ihnen konnte die Mutter erkennen, dass dem Rektor ein geordneter Schulunterricht ein Herzensanliegen war. Deshalb konnte sie den Rektor davon überzeugen, dass es in seinem Sinne war, ein kleineres Übel (dem Wunsch der Mutter zu entsprechen) in Kauf zu nehmen, um ein viel größeres (Nachteile für seine Schule) zu vermeiden.

Mit dem Pacing & Leading-Wirkmechanismus stehen Ihnen also grundsätzlich 2 strategische Ansätze zur Verfügung: ein positiver und ein negativer. Den positiven Aspekt bauen Sie in Ihre Argumentation nach dem Schema ein: „Das wollten Sie doch immer; jetzt haben Sie die Chance!“ Den negativen Aspekt verwenden Sie mit dem Ansatz: „Das wollen Sie doch möglichst vermeiden, weil es noch ungünstiger für Sie ist!“

Warum sprechen wir von einer dominanten (oder auch vorrangigen) Perspektive? Es ist nicht irgendein Gedanke, den Sie anbringen, es ist der Gedanke, der aller Wahrscheinlichkeit stark genug ist, alle ansonsten von der Gegenseite hervor gebrachten und vorgetragenen NEIN-Argumente zu toppen. Nur dann gelingt Ihnen der Überzeugungsakt. Im positiven wie im negativen Fall sagt Ihr Gegenüber: „Da haben Sie auch wieder Recht. So habe ich das noch nicht gesehen.“

Wie ich mich durchsetze – immer

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