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Grundlage 4: Umgang mit Widerstand

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Das Phänomen ‚Widerstand’ begegnet uns in den unterschiedlichsten Alltagssituationen, ständig sind wir gefordert, uns mit Verweigerung und Ablehnung auseinanderzusetzen. Im Beruf ist es der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin, oder der bzw. die eigene Vorgesetzte, die einfach Nein sagen; oder Kollegen verweigern ihre Zustimmung. Im privaten Bereich geraten wir immer wieder in kleinere oder größere Auseinandersetzungen mit dem Partner; und als Elternteil haben wir es, öfter als uns lieb ist, mit einem hartnäckigen Widerstand unserer Kinder zu tun. Der Ärger mit irgendwelchen Handwerkern und Lieferanten kommt dann noch hinzu. Und zu guter Letzt dürfen wir uns auch noch daran erinnern, wie oft wir auf irgendwelchen Ämtern abgewiesen wurden. Das alles sind Situationen, in denen wir uns besser als bisher behaupten und nach Möglichkeit durchsetzen wollen.

Weil wir es nicht anders gelernt haben, ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir falsch reagieren, wenn wir auf irgendeine Form von Widerstand stoßen, ziemlich groß. Es gibt kleine Neins und es gibt große Neins. Schon bei den kleinen ärgern wir uns, große erleben wir oft als persönlichen Angriff. Die unmittelbare Folge in beiden Fällen ist mehr oder weniger stark empfundener Stress. Stress ist allerdings keine gute Voraussetzung für einen souveränen Umgang mit Widerstand, im Grunde befinden wir uns dann ganz schnell auf der Verliererstraße.

Wenn Sie sich also mehr und besser als bisher erfolgreich durchsetzen wollen, tun Sie gut daran, gegenüber jeder Art von Widerstand eine Einstellung zu praktizieren, die Sie nicht in Stress geraten lässt.

Es sind nur 4 Punkte, die Sie zu beherzigen brauchen, um für Ihre eigene Durchsetzungsstrategie die besten Voraussetzungen zu schaffen:

(1) Verbessern Sie Ihre Wahrnehmung. Je früher Sie bewusst erkennen, dass die Gegenseite Widerstand leistet und in einer Nein-Haltung verharrt, desto besser für Sie. Denn eines dürfte klar sein: Wenn Sie den Widerstand erst ziemlich spät erkennen, haben Sie möglicherweise schon so viele Fehler gemacht, dass Sie keine Chance mehr haben, sich durchzusetzen.

(2) Akzeptieren Sie die abweichende Sichtweise der Gegenseite. Akzeptieren heißt nicht Zustimmen. Empfinden Sie es einfach als normal, dass es bei einem bestimmten Thema neben Ihrer eigenen auch noch andere Meinungen gibt, die dann zu einer abweichenden Stellungnahme führen. Mit dieser Einstellung geraten Sie weniger leicht in Stress, denn Sie erleben die Nein-Haltung des Anderen nicht gleich als Angriff auf Ihre Person und fühlen sich deshalb auch nicht gleich infrage gestellt. Und nur wenn Sie keinen Ärger spüren und sich nicht gestresst fühlen, gelingt es Ihnen, sich ruhig, gelassen und interessiert nach den Gründen zu erkundigen.

(3) Finden Sie die Gründe für den Widerstand der Gegenseite heraus. Das ist in der Regel leicht gesagt, aber schwer getan. Aber nur wenn Sie den Dingen auf den Grund gehen, haben Sie die entscheidenden Informationen für Ihre Durchsetzungsstrategie. Bleiben Sie deshalb geduldig, setzen Sie den Anderen nicht unter Druck, geben Sie ihm genügend Raum für seine Gegenargumente, fragen Sie mit sichtbarem Interesse an seiner Person und hören Sie gut zu. Betreiben Sie also ein sorgfältiges Pacing.

Hierfür ist es natürlich vorteilhaft, wenn Sie schon mal eine gewisse Ahnung haben, warum jemand im Widerstand sein könnte. Für diese Erstorientierung brauchen Sie nur zu wissen, dass es 3 große Ursachen-Bereiche gibt: Verlustängste, Versagensängste und zeitnahe Frustration.

Verlustängste. Als betroffene Person wehre ich mich gegen jede Art von Veränderung, wenn ich befürchten muss, dass ich danach schlechter dastehe als jetzt. Das können Gehaltseinbußen sein, Arbeitsplatzverlust, Verlust an liebgewordenen Gewohnheiten, Bestrafung, weniger Anerkennung, der Verlust eines Freundeskreises, weniger Entscheidungsfreiheit usw.

Versagensängste. Hier habe ich als betroffene Person einfach Angst, den veränderten Randbedingungen der neuen Situation oder ihren neuen Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Ich versuche deshalb, die drohende Niederlage von vornherein zu vermeiden, und halte an der derzeitigen Situation fest.

Ein Freund von mir lernte seine große Liebe kennen. Er lebte in Hamburg in einer eigenen Wohnung an der Alster, sie lebte in Köln. Beide waren noch nie verheiratet gewesen oder hatten in langjährigen Partnerschaften gelebt. Die Beziehung scheiterte offiziell und wider Erwarten daran, dass keiner von Beiden bereit war, zum Partner zu ziehen. Bei diesem wechselseitigen Widerstand spielten möglicherweise Verlust- und Versagensängste eine Rolle.

Zeitnahe Frustration. Hier hat die betroffene Person in der Vorzeit schlechte Erfahrungen gemacht. Ihre Erwartungen wurden enttäuscht. Meist entstehen diese Erwartungen in einer Beziehung. Die Folge sind Verweigerung, Nein-Haltung, Widerstand, Rückzug. Die Person ist nicht mehr bereit, sich wie bisher in der Beziehung zu engagieren.

(4) Würdigen Sie die Widerstandsgründe der Gegenseite. Egal, wie fadenscheinig, unsinnig oder gewichtig diese Gründe in Ihren Augen sind, und gleichgültig, ob Sie glauben, dass diese Gründe nur vorgeschoben sind oder nicht, nehmen Sie sie zunächst mal gelassen zur Kenntnis und versuchen Sie nicht, sie madig zu machen und irgendwie abzuqualifizieren. Denn das würde den Widerstand der Gegenseite nur verstärken. Sie würde sich angegriffen und infrage gestellt fühlen. Bildlich gesprochen, wäre das die Situation, in der Sie mit dem Kopf durch die Wand wollen. Indem Sie die Gründe ernst nehmen, zollen Sie auch der betreffenden Person ein gewisses Maß an Wertschätzung und vermeiden es, sich an den Widerstandsgründen abzuarbeiten.

Im Gespräch mit der Gegenseite die Widerstandsgründe herauszufinden, ist eine große Kunst, die Sie gar nicht oft genug üben können. Manchmal ist es ganz einfach, Sie fragen und die Gegenseite sagt, wie die Dinge stehen. Aber sehr oft brauchen Sie auch sehr viel Geduld, um die wahren Gründe zu erfahren; besonders dann, wenn Ihnen erst andere Gründe genannt werden, die nur vorgeschoben sind. Hier brauchen Sie ein richtiges Gespür für die Situation.

Warum dieser Aufwand, die Widerstandsgründe herauszufinden? Weil Sie vielleicht für die Wahl Ihrer Durchsetzungsstrategie die entscheidenden Informationen von der Gegenseite dafür erhalten.

Das zeigt folgendes Beispiel:

Situation 3: Gehaltsgespräch Eine Mitarbeiterin führte mit ihrem Chef ein Gehaltsgespräch. Sie hatte sich gut vorbereitet und an den Fakten gab es nichts zu kritisieren, die Gehaltserhöhung war überfällig. Der Vorgesetzte sagte: „Ich persönlich sehe das genauso wie Sie. Wenn es nach mir ginge, hätte ich Ihr Gehalt schon längst erhöht.“ „Ja, und was hindert Sie daran?“ „Ich habe kein Budget mehr, über das ich allein entscheiden könnte.“ Die Mitarbeiterin wurde hellhörig. Sie nahm das Schlüsselwort ‚allein entscheiden’ in sich auf und hakte nach. „Verstehe. Das heißt also, es gibt noch andere Budgets, über die Sie nicht allein verfügen können?“ „Für Sonderfälle ja.“ „Bei wem liegt denn dann die Entscheidung“ „Letztlich wird die Entscheidung weiter oben getroffen.“ Wieder ein Schlüsselwort: ‚weiter oben’. Die Mitarbeiterin hakte sofort nach. „Da hat dann auch Ihr eigener Chef einen gewissen Einfluss.“ „Ja, so ist es.“ Eine wichtige Information, die die Mitarbeiterin gleich für sich nutzen konnte. „Können Sie denn nicht eine Empfehlung für mich aussprechen?“ „Ich tue mich schwer damit. Man sieht das nicht so gern. Wir sollen nach Möglichkeit mit dem auskommen, was uns zugeteilt wurde.“ „Ach so“, sagte die Mitarbeiterin. Und dachte nach. Dann hatte sie ihre Durchsetzungsstrategie gewählt, abgestimmt auf die Informationen, die sie gerade erhalten hatte. „Wäre es denn möglich, dass ich mal mit Ihrem Chef sprechen könnte? Vielleicht könnten Sie sich dafür einsetzen, dass es zu einem Gespräch kommt. Natürlich ohne eine Empfehlung von Ihrer Seite.“ Der Chef überlegte kurz. „Natürlich, das will ich gerne machen. Alles Weitere liegt dann aber bei Ihnen.“ „Alles klar“. Das Gespräch mit dem nächsthöheren Vorgesetzten fand 2 Wochen später statt, und wenig später erhielt die Mitarbeiterin den Bescheid über eine Gehaltserhöhung von 8%.

Situation 3: Strategie 13 – Das gerade noch Zumutbare fordern

Ohne Kenntnis der Widerstandsgründe wäre das entscheidende Gespräch eine Etage höher nie zustande gekommen! Übrigens: Die Mitarbeiterin wollte zuerst eine Empfehlung von ihrem eigenen Chef. Das war offensichtlich etwas zuviel verlangt. Daraufhin praktizierte sie die Strategie Nr. 13 und reduzierte ihre Forderung auf den kleinsten für ihren Chef noch gerade zumutbaren ersten Schritt: Sie bat ihn, für sie als Türöffner zu fungieren.

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