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Indische Osterwoche

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Nach einer längeren Zeit in Hyderabad ist die Rückkehr nach Kurnool in diesen Tagen wegen Bauarbeiten für manche mit einem Schock, vereinzelt sogar mit hysterischen Anfällen verbunden. Besonders der Ashram in Kurnool hat für viele, die regelmäßig seit mehreren Jahren kommen, »Heimatqualität« und jede Veränderung stört den Traum. Diesmal ist der Nostalgie im wahrsten Sinne des Wortes »der Boden entzogen«. Die urwüchsige, für viele offenbar romantische Sand- und Grasdünenlandschaft liegt unter ödem Beton begraben! Von Shiva und seinem Brunnen zeugt nur noch ein plattes rundes Zementareal. Dreiviertel des Platzes sind schon eingeebnet, nur unter dem Tor der Tripura Sundari ist die Arbeiterkolonne noch unermüdlich am Werk. Tag und Nacht arbeitet sie stetig und lautlos. Die Arbeit zwischen Männern und Frauen ist dabei genau aufgeteilt: während die Männer den Beton mischen und verteilen, sind die Frauen die »Zulieferer«, die mit ihren Schüsseln auf dem Kopf den flüssigen Beton zum richtigen Ort bringen. Einziges mechanisches Hilfsmittel ist eine altertümliche Betonmischmaschine.

Am Mittwoch vor Ostern verändert Baba die nachmittägliche Teezeremonie in eine schweißtreibende Gartenarbeitsrunde: alles schwärmt mit Eimern aus, um Steine zu sammeln, ganze Steinhaufen werden wegbewegt, sprich: über die Mauer geworfen, andere machen sich an den Blumenkästen zu schaffen, in deren trockener und harter Erde kleine Palmen kümmerlich vegetieren, mittendrin steht Baba und schneidet Büsche. Nach einer Stunde ist erst der Anfang gemacht, aber Baba gibt das Zeichen zum Ende der Aktion und lädt alle zu einer erfrischenden Papaya ein.

Die Fortsetzung folgt am nächsten Tag zur selben Zeit: für jeden eingesammelten Stein scheint ein neuer nachzuwachsen, aber dann gibt Baba die Anweisung, alle großen und kleinen Blumentöpfe – mindestens fünfzig an der Zahl – an die Mauer zu bringen. Manche Besucher sind geschockt: »Die kostbaren Töpfe!« (in Europa wären die Terrakottatöpfe der Stolz jedes Terrassenbesitzers), »Die schönen Blumen!« (in der Tat hatten einige Pflanzen dank exzessiven Gießens die glühende Hitze überstanden), »Doch nicht die Palmen!« (die Palmen fristeten ein armseliges Leben in Erde, die durch Wasser und Hitze zu Stein verbacken waren). Die Blumentöpfe und -kästen waren das Hobby einer Ashrambewohnerin gewesen, die ihrem Traum nicht mehr frönen kann, und wirklich wachsen in einigen Töpfen noch ansehnliche blühende Überreste ihrer Kunst, aber Baba ist gnadenlos, als Er sagt: »Alle über die Mauer werfen!«

Nach dem Überwinden der sparsamkeitstugendlichen Hemmschwellen scheint die Entsorgung in eine lustvolle Orgie auszuarten, unter anfeuernden Rufen fliegen die Töpfe in hohem Bogen über die Mauer. Die schweren Blumenkästen werden entschlossen zerschlagen und nehmen samt Palmen denselben Weg. Währenddessen spaziert Baba auf der Mauer, sieht begeistert der Aktion zu und ruft: »Y. fliegt über die Mauer!« Damit meint Er nicht die ehrenwerte Ashrambewohnerin, sondern den Teil ihrer Vergangenheit, den die Töpfe symbolisieren: Shiva, der Zerstörer – Raum schaffend für etwas Neues.

Am nächsten Tag – Karfreitag – startet der dritte und letzte Teil der Gartenaktion – Baba wieder mitten unter den Arbeitenden. Die restlichen Blumenkästen und Pflanzen erleiden dasselbe Schicksal. Immer wieder packt Baba selbst mit an, wirft trockene Palmäste – lang und sperrig – in den Fluss, und als ich die letzten Steine in einen orange-farbigen Eimer werfe, nimmt Baba ihn, wirft selbst einige Steine dazu und gibt ihn mir zurück. Erst geraume Zeit später fällt mir ein, dass mir während der Arbeit ständig die Zeilen durch den Kopf gehen: Wie Himmelskräfte auf und nieder steigen und sich die goldenen Eimer reichen … Nachdem die letzten Holzstämme zum Dhuni gebracht wurden, winkt Baba zur Runde. Verschwitzt, dreckig und erschöpft vom »Osterputz«, aber in zufriedener, fast euphorischer Stimmung genießen alle den heißen Tee und die Ghee-Sweets, die Uncle, der betagte Bruder von Babas Mutter, serviert. Diese drei Tage waren nur ein Beispiel, wie Baba uns immer wieder in Seine »Schöpfungsarbeit« hineinnimmt: Die Schöpfung kennt keine Tradition, keine Vergangenheit, kein Bewahren, sie ist stetiger Wandel und damit haben wir es schwer. Balasai Babas Aktionen sind spontan und unerwartet und stoßen auf unsere Verharrungsmuster, Bewahrungs- und Sicherheitsbedürfnisse. Wer wollte, konnte erfahren, wie im Zerschlagen und »über die Mauer werfen« des Alten und Hinderlichen die Quelle für Jubel und Freiheit liegt. Beim Tee fragte Baba scheinbar besorgt: »War es zu viel Arbeit?«


Gott singt

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