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Osterrückflug
ОглавлениеIn zwei Tagen ist mein Flug nach Deutschland. Nach der nachmittäglichen Gartenaktion sagt Baba: »Wir sehen uns nach dem Darshan!«
Zwischendurch Kofferpacken, Aufräumen. Baba kommt wie versprochen und nimmt die Wartenden mit zum Rundenlaufen um den Tempel. Ich darf neben Ihm laufen. »Willst du mir was sagen?« Damit gibt Er mir Gelegenheit, Fragen zu stellen, die mir wichtig sind. Mein Kopf ist wie immer in solchen Situationen leer und ich wage nicht, nach dem Sitzen zu fragen, aus Angst, nicht verstanden zu werden. »Ich bin glücklich«, sage ich.
Nach einigen Bemerkungen zu meiner Reise und Rückkehr kommt die merkwürdige Aussage: »Wir laufen die Runden für dich!« Pradakshina, das Umrunden eines Heiligtums, ist eine spirituelle Übung. Heute ist Ostern, was segnet Baba damit? Genau neun Runden sind beendet, als wir bei Annapurna, der Frau des Trust-Managers, einkehren. Es gibt Kaffee, danach lässt Baba eine Waage holen, jeder wird gewogen, Baba wiegt sechzig Kilogramm. Danach Carromboard. Mein neuer Platz nahe beim Board ist noch leer, also setze ich mich dahin. Auch heute stellt sich keine Ruhe ein, die Beine sind heiß, durch die Anstrengung fließt der Schweiß, die vierzig Grad Außentemperatur tun das Übrige. Als ich nach einer Stunde plötzlich ohne Schwierigkeiten weiter hätte sitzen können, steht Baba auf. Wir stehen vor der Tür, ich erwarte das abendliche Abschiedszeremoniell, aber Baba geht ohne Segen hinein, ich sehe nur noch Seinen Daumen, der nach oben zeigt.
Am nächsten Morgen ein letzter Gang zur Mauer, verwelkte lilafarbene Bougainvilleen fliegen in den Fluss, Uncle gibt mir feuerrote Hibiskusblüten, die ich Ganesha zu Füßen lege. Am Busbahnhof steht ein Bus nach Hyderabad bereit. Die Reisfelder sind geerntet, die Garben liegen gebündelt auf dem Feld, teilweise schon gedroschen, bei anderen sieht man die reifen braunen Rispen. Während des Sitzens im Bus kommt mehrfach ein zarter Rosenduft. Im Ashram habe ich Zeit, mich auszuruhen und auszustrecken. Girija, die Ashrammanagerin, bringt mir Idlis und Tee.
Im Flughafen-Restaurant ist nur noch Platz neben drei netten Engländern. Einer trägt einen Cowboy-Hut und spricht ein breites, aber klangvolles Londoner Pidgin-Englisch. Als sie hören, woher ich komme, entsteht ein Gespräch über Gott, das mit dem alten Argument endet, Gott sei eine Erfindung des Menschen. Der mit dem Hut war bei Sathya Sai Baba und hält ihn für einen Magier wie Merlin. Er kann sich dessen Kräfte zwar nicht erklären, aber es reißt ihn auch nicht »aus der Tagesordnung«.
Ostermontag. Landung in Frankfurt. Die Bäume stehen in voller Blüte. Abends bei Freunden sehen wir ein Video über Babas Geburtstag. Baba ist mir noch sehr nah und ich habe den Wunsch, Ihn zu sehen. Beim Blick aus dem Fenster sehe ich auf der Straße eine orangefarbene Gestalt – erst nach dem Bruchteil einer Sekunde erkenne ich die Mülltonne. Baba – unser Mülleimer … Wie viel Gedankenmüll, Emotionsmüll und Handlungsmüll muss Er täglich ertragen und aufnehmen, ohne etwas ändern zu können?
»Für eure Gefühle und Gedanken seid ihr selbst verantwortlich. Selbst Gott kann daran nichts ändern. Ohne eigene Anstrengung geht nichts! Aber ihr könnt Ihn bitten, euch dabei zu helfen!«, betont Baba immer wieder, wenn ein Devotee erwartet, dass Er ihm diese Arbeit am eigenen Charakter abnimmt. Wer ist in der Lage, Balasai Babas Angebot Gebt mir eure Traurigkeiten und Sorgen und nehmt dafür meine Glückseligkeit zu folgen? Zu sehr identifizieren wir uns mit unseren Leiden und selbstgemachten Grenzen und halten daran fest, anstatt sie vertrauensvoll loszulassen. Wie oft musste ich erkennen, dass ich einer Illusion erlegen war, wenn ich glaubte, eine Sorge losgelassen zu haben, und erlebte, dass sie bei der nächsten Gelegenheit wieder meine Gedanken tagelang beschäftigte – das gilt vor allem für die tiefsten und verstecktesten Muster.
Im Yantra Schöpfungsbuch der QUELLE heißt es dazu: »Ich bin auf die Erde gekommen, damit ihr Menschen heimkehrt in eure irdische Lebensfreude, heimkehrt in euer Glücklichsein mit allem Göttlichen auf dieser Erde, heimkehrt in eure Glückseligkeit, wenn ihr eins seid mit mir.«