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18 – Geschäft im Dunkeln
Оглавление„Ja bitte!“
Es war gegen Mitternacht, nicht mehr Mittwoch, sondern bereits in der ersten Stunde des Donnerstags. Der Anruf kam zwar verabredungsgemäß und deshalb erwartet, der Anrufer aber war nicht an im Display des Telefons ausgewiesenen Angaben zu identifizieren. Der Angerufene hatte es deshalb vorgezogen, sich ohne Nennen seines Namens zu melden.
„Ich bin´s, Meister“, tat es ihm der Anrufer gleich und ließ seinen Namen unerwähnt.
„Ich hatte schon gewartet. Sie sind spät! Haben Sie wenigstens eine gute Nachricht für mich?“
„Insgesamt werden Sie wohl zufrieden sein.“
Der Anrufer bediente sich zwar einer korrekten deutschen Sprache, ein ausgeprägter russischer Akzent war jedoch unverkennbar.
„Was soll es heißen: Insgesamt soll ich zufrieden sein? Gab es Probleme? Was ist passiert?“
Es war Angst, die in den Worten des Angerufenen mitschwang, Angst davor, dass ein Geschehen vom vorher gemeinsam gefassten Plan abgewichen sein konnte, eine Situation der Einwirkung entglitten war.
„Sie bekommen, was Sie wollten“, schien der Anrufer ihn beruhigen zu können. „Ich halte es in meinen Händen, was Sie haben wollten. Ganz so, wie es unserer Vereinbarung entspricht. Sie bekommen es von mir.“
„Ich möchte, wie gesagt, wissen, ob es Probleme gegeben hat!“, erwiderte der Angerufene ungeduldig.
„Es hat wohl Komplikationen gegeben, wie ich gehört habe, aber sie wurden überwunden.“
Für die Dauer eines Augenblicks trat beiderseitiges Schweigen ein, dann aber schien der Angerufene eine versteckte Aussage des Gesprächspartners erfasst zu haben.
„Was soll das heißen: Wie ich gehört habe? Haben Sie nicht allein gearbeitet?“
„Ich arbeite nie allein, sondern immer zusammen mit, na sagen wir, meinem Bruder.“
Der Angerufene stieß einen Missfallensseufzer aus.
„Sind Sie verrückt? So war es nicht abgemacht!“, entlud sich sein Unbehagen.
„Vorsicht, Meister!“, kam es drohend zurück. „Solche Worte kann ich nicht leiden! Sie bekommen, was Sie wollten, und damit muss es gut sein!“
Erneut trat eine Sekunden lange Stille ein.
„Welcher Art waren die Komplikationen, von denen Sie eben sprachen?“, fand der Angerufene ins Gespräch zurück.
„Na ja“, gab sich sein Gesprächspartner zunächst zurückhaltend, um dann, wenn auch metapherhaft, so aber doch bereitwillig, Auskunft zu geben.
„Das Vöglein hat ein falsches Lied angestimmt und musste deshalb zum Schweigen gebracht werden.“
„Sie meinen doch nicht etwa …?“, schien der Angerufene geschockt. „Ich will, wie gesagt, mit so etwas nichts zu tun haben!“
„Doch, ich meine!“, wurde ihm die Hoffnung genommen. „Das Vöglein hatte nichts Besseres zu tun, als Mutmaßungen anzustellen und dabei sogar Ihren Namen zu erwähnen, wie ich hörte. Da blieb kein anderer Ausweg.“
Dem Angerufenen schien es die Sprache verschlagen zu haben. Er schwieg, schwieg so lange, dass sich sein Gesprächspartner zu einer Nachfrage genötigt sah.
„Was ist nun, Meister? Liegt das Geld für mich bereit?“
„Ja, ja“, kam es fahrig zurück. Die Gedanken des Angerufenen schienen ganz woanders zu sein, seine Antwort eher unbewusst zu kommen.
„Ja, was nun?“, wurde der Anrufer ungeduldig, um dann aber sogleich die Lenkung des Gesprächs an sich zu reißen.
„Wir treffen uns morgen um zehn Uhr im Hauptbahnhof, und zwar auf dem Bahnsteig Gleis 5. Sie haben sowohl Ihr Handy als auch eine Aldi-Tasche dabei, in der sich die 5000 Euro befinden, und zwar in einem fest verschlossenen Umschlag, den Sie seinerseits in einen fest verschlossenen Schuhkarton gelegt haben. Ich bringe eine gleiche Tasche mit. Wir tauschen dann aus. Wie genau erfahren Sie noch von mir.“
„Ist in Ordnung“, beugte sich der Angerufene nach kurzem Zögern widerwillig der Forderung, um dann aber seinerseits eine Forderung zu stellen.
„Bevor ich mich persönlich mit Ihnen treffe, möchte ich Ihren Namen erfahren und auch jenen Ihres Partners! Es ist mir zu unsicher, ausschließlich über Ihr Internet-Pseudonym Worrior Geschäfte mit Ihnen zu machen.“
„Es ist besser für mich, wenn Sie meinen Namen und den meines Partners nicht kennen. Und glauben Sie mir: Vor allem aber ist es auch besser für Sie!“
Die in diesen Worten unverhohlen zum Ausdruck gebrachte Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht.
„Na gut“, willigte der Angerufene ein. „Dann bleibt es also dabei, Worrior“.
„Genau! Und seien Sie pünktlich“, kam es zurück, und unmittelbar darauf hängte der Anrufer ein.