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1- Böses Erwachen

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Regungslos lag sie da, kam aber langsam wieder zu sich. Sie blinzelte, alles erschien ihr unklar und schemenhaft. Es war nicht sonderlich hell, eher etwas dämmrig. Sie hob den Kopf ein wenig. Er schmerzte. Sie hielt deshalb inne und schloss für einen Moment die Augen, um ihren Kopf dann wieder zurücksinken zu lassen und zu versuchen, wieder Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Auch ihr Rücken schmerzte. Ihr war lausig kalt. Was war passiert? Sie verweilte einige Momente, hob dann erneut den Kopf und richtete sogar den Oberkörper ein wenig auf. Immer noch benommen stützte sie sich mit den Armen nach hinten ab und sah in die Runde. War sie in einer Lagerhalle, in einer leeren Lagerhalle? Warum lag sie auf dem Boden? Wie war sie hierher gekommen? Sie zog die Beine an den Körper. Die Kälte hatte ihre Gelenke ganz steif werden lassen. War es einfach nur die Kälte gewesen? Etwas war anders. Sie sah ihren Körper hinab. Er war unbekleidet.

„Oh Gott, ich bin nackt!“, schoss es ihr durch den Kopf. „Vergewaltigt!“

Panik breitete sich schrill in ihrem Denken aus und hämmerte ihr ein, dass sie von hier verschwinden musste, ganz schnell von hier verschwinden musste.

Sie sprang auf, fiel aber sofort wieder zurück auf den Boden. Ihr noch labiler Kreislauf ließ derart abrupte Bewegungen nicht zu. Sie hockte sich hin, um sich dann erneut, diesmal jedoch behutsam, zu erheben. Planlos rannte sie los, dem Licht entgegen. Irgendwo dort, wo Helligkeit durch eine ganze Reihe von Oberlichten einfiel, musste auch eine Tür zu finden sein. Sie war panisch, hatte unüberwindliche Angst. Was war denn bloß geschehen? Was alles hatte sich abgespielt? Unvermittelt blieb sie stehen.

„Ich bin doch nackt!“, schoss es ihr erneut durch den Kopf. Ich muss mich doch erst wieder anziehen!“

Was war das gerade für ein Geräusch gewesen? War der Täter etwa noch da? Wieso eigentlich der Täter? Vielleicht waren es mehrere Täter gewesen. Nein, sie hatte nichts gehört, niemand außer ihr war hier.

„Nicht durchdrehen, Nina Lange!“, beschwor sie sich.

Sie lief zurück, zurück zu jener Stelle, wo sie soeben auf dem Boden liegend zu sich gekommen war. Woher kam das Blut, jener kleine Fleck auf dem Beton? Die Rückenschmerzen wurden ihr wieder bewusst. Mit verdrehtem Oberkörper versuchte sie mit der rechten Hand zu ertasten, was diese Rückenschmerzen auslösen könnte. Sie fand die Körperstelle, von der die Schmerzen ausgingen, verzog unvermittelt ihr Gesicht zu einer schmerzverzerrten Maske. Sie schaute auf ihre Hand und sah das Blut, das krümelige, trockene Blut. Eine Verletzung, aber wohl nur oberflächlich. Nicht weit entfernt lagen ihre Kleider ungeordnet und zerstreut auf dem Boden. Jemand musste sie hastig ausgezogen und ihre Kleidungsstücke achtlos zur Seite geworfen haben. Es schien aber nichts zu fehlen. Eilig zog sie sich an, trat notdürftig in ihre Schuhe und lief wieder los, während sie versuchte, ihre Füße ganz hinein schlüpfen zu lassen. Sie fand eine Tür, die nach draußen zu führen schien.

„Lass sie bitte unverschlossen sein!“, betete sie in Gedanken.

Sie drückte den Griff nach unten und stemmte sich mit aller Kraft gegen die Tür, so als ob diese mit Sicherheit klemmen würde, nicht ohne Gewalt zu öffnen sein würde. Sie war unverschlossen und fuhr schwungvoll und von einem schrillen Quietschen begleitet so weit auf, dass sie krachend an einen Stopper schlug. Nina verlor den Halt und fiel erneut zu Boden, rappelte sich aber sogleich wieder auf, sprang nach draußen und lief, lief einfach fort von der Halle.

„Frei, ganz schnell weg von hier!“, war ihr einziger Gedanke.

Erst als sie einen vor der Halle liegenden, offensichtlich nicht mehr genutzten und deshalb verwahrlosten Parkplatz hinter sich gelassen und eine weitere Fabrikhalle passiert hatte, erreichte sie eine belebte Straße und hielt inne. Es musste bereits Spätnachmittag oder schon früher Abend sein, denn der Berufsverkehr hatte bereits eingesetzt.

„Wo bin ich denn überhaupt?“, flüsterte sie, um sich die Frage nach einem schnellen Blick in die Runde sogleich selbst zu beantworten. „Ach ja, Berliner Straße, Ecke Industriestraße. Erst mal nach Hause!“

Im Bann des Augenblicks

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