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ОглавлениеREGEL #43 //
FÜHR DICH NICHT WIE EIN IDIOT AUF
Aber wenn du dich unbedingt wie ein Idiot aufführen musst, dann wenigstens wie ein unterhaltsamer Idiot. Vergiss nicht: Auf der Straße sind wir alle Brüder und Schwestern.
Witze, Frotzeleien, Lachen und Radfahren gehören zusammen.
Niemand hat je ein Fahrrad angeschaut und zu sich selbst gesagt: »Dieses Teil will ich fahren, weil ich darauf zum Arschloch werde.« Nein, alle haben wir angefangen, Rad zu fahren, weil wir Spaß haben wollten. Vom kleinsten Knirps auf seinem ersten Laufrad bis zum Möchtegern-Profi mit dem teuersten Material: Es geht darum, rauszugehen und die Zeit zu genießen. Es geht um dieses Gefühl, das wir im Sattel haben und das dem Fliegen so nahe kommt wie nichts auf der Welt, was wir mit eigener Kraft erreichen können. Klar, bei den meisten von uns haben sich die Einstellungen zum Radfahren im Laufe der Jahre weiterentwickelt, so dass nun auch andere Aspekte eine Rolle spielen: das Rad als Fitness- oder Wettkampfgerät, das Rad als Fortbewegungs- und Transportmittel, mit dem man der Umwelt was Gutes tut und im Einzelfall sogar seinen Lebensunterhalt bestreitet. Am Anfang jedoch, da stand der Wunsch, Spaß zu haben, indem wir die Einschränkungen unserer Existenz als Zweibeiner überwinden.
Die Person, die diese Regel in der Ära des modernen Radsports am besten verkörpert, ist ohne Zweifel George Hincapie. Abgesehen davon, dass er neun Mal als Edelhelfer im Team des Tour-Siegers stand und selbst ein formidabler Klassikerjäger war, galt Hincapie zu seiner Zeit als Profi als einer der nettesten, zugänglichsten Fahrer im gesamten Peloton. Anders als die beiden Kapitäne, für die er gefahren ist, scheint Hincapie trotz all des Drucks und der Anforderungen, die häufig mit dem Erfolg einhergehen, immer er selbst geblieben zu sein. Bei vielen Regeln schauen wir auf der Suche nach Orientierung und Inspiration darauf, was die Profis machen; um Regel #43 zu verstehen, reicht es, sich Big George anzusehen.
Natürlich stehen Rennradfahrer (oft nicht ganz unbegründet) im Ruf, sich wie Idioten aufzuführen. Aus unerfindlichen Gründen glauben manche Leute tatsächlich, dass es, sobald man es raushat, auf schicken Rädern gut auszusehen und gut zu fahren, akzeptabel wäre, andere Radfahrer wie Scheiße zu behandeln. Jedwedes schlechte Benehmen – und das reicht von relativ kleinen Indiskretionen wie verächtlichen Blicken gegenüber anderen Fahrern bis hin zu Ungeheuerlichkeiten wie dem öffentlichen Runtermachen eines Rennrades, das jemand anders sich hart vom Mund abgespart hat – wird nur dazu beitragen, das Vorurteil von den »Snobs im Rennradsattel« zu bestätigen. Wenn du mal in die Situation kommst, jemanden wegen eines Verstoßes gegen eine der Regeln anzusprechen, so tu es mit Humor. Oder wenigstens mit einem Lächeln.
Solltest du dich hingegen selbst einmal veranlasst fühlen, dich in einer Weise zu verhalten, die einem Velominatus unangemessen ist, so sei dir dringend angeraten, noch mal den Film Breaking Away rauszukramen. Erinnerst du dich daran, wie dieses italienische Profiteam in die Stadt kam, um an Rennen teilzunehmen, und wie Dave in seinem ganzen Überschwang dennoch in der Lage war, mit ihnen an der Spitze mitzuhalten und sich noch dazu in ihrer Muttersprache mit ihnen zu unterhalten? Falls ja, wirst du dich auch noch daran erinnern, wie einer der italienischen Fahrer seine Luftpumpe in Daves Vorderrad steckte und ihn so zu Sturz brachte. Der Typ war ein Idiot. Und er war dabei nicht einmal unterhaltsam. Okay, das war natürlich nur eine Szene aus einem fiktiven Film mit fiktiven Charakteren, aber das bedeutet ja nicht, dass es nicht genauso passieren könnte. Also: Führ dich nicht wie ein Idiot auf. Es geht letztlich darum, mehr Menschen in La Vie Velominatus willkommen zu heißen, und nicht darum, die Leute vor den Kopf zu stoßen und zu vertreiben. Das solltest du nie vergessen.