Читать книгу Veza Canetti zwischen Leben und Werk - Vreni Amsler - Страница 53
D2.4.1 Imre Békessy und die Tageszeitung Die Stunde: das Letztpublikationsorgan
Оглавление„Karl Kraus attackierte sie (Die Stunde, Anm. va) wegen des reisserischen Tons und der Doppelmoral ihrer ‚Bordellpublizistik‘. Insbesondere wegen ihres Besitzers Imre Békessy, den er als Betrüger und Erpresser entlarvte.“387 Békessy musste 1926 die Redaktion verlassen, nachdem gegen ihn Anklage erhoben worden war; er kehrte nach Ungarn zurück.
Kraus investierte eigenen Angaben zufolge rund 6.700 Stunden in die Recherche zu Békessy, um ihm Erpressung, Betrügerei, Meineid, Dokumentenfälschung und Verleumdung nachzuweisen, und forderte „Hinaus mit dem Schuft“ und konkreter „Imre Bekessy ist ein Schuft“.388
In der Zeit des austrofaschistischen Ständestaates konnte Veza Canetti gleich zwei Erzählungen in dem ehemaligen Békessy-Organ Die Stunde publizieren. Beide Erzählungen sind erstaunlicherweise posthum nicht aus dem Nachlass heraus veröffentlicht worden, sondern in Text und Kritik. Es handelt sich um die Erzählungen Geld-Geld-Geld und Das Schweigegeld. Diese beiden Erzählungen waren bereits Ende 90er Jahre von Eckart Früh ausgegraben und 2001 in einer kleinen Broschüre im Eigenverlag mit dem Titel noch mehr publiziert worden.389 Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei der von Veza Canetti in einem Brief an Georges 1937 erwähnten Redaktion, bei der sie nicht hinaufdürfe, um das Redaktionsbüro der Zeitung Die Stunde. „Und dennoch darf ich nicht auf die Redaktion hinauf, dabei geh ich nur gern hin, weil man mich dort wie eine Schriftstellerin behandelt, ganz Respekt und Konvention.“ (BaG 91) Dieser Ende November geschriebene Brief würde darauf hinweisen, dass Veza Canetti womöglich durch die Eifersucht ihres Mannes daran gehindert wurde, nach der erfolgreichen Publikation zweier Erzählungen im Frühling des gleichen Jahres in einer Zeitung wie Die Stunde weitere Texte zu veröffentlichen.