Читать книгу Veza Canetti zwischen Leben und Werk - Vreni Amsler - Страница 62
Z1. Das Pseudonym Veza Magd
ОглавлениеDas Pseudonym Veza Magd ist insofern speziell, da nur der Nachname von Veza Taubner ausgewechselt wurde. Es ist zudem das einzige Pseudonym, das erstens, soweit bekannt, privat479 verwendet wurde, zweitens auch für Publikationen im austrofaschistischen Ständestaat eingesetzt sowie drittens nach dem Zweiten Weltkrieg für die Übersetzung des Romans Die Kraft und Herrlichkeit von Graham Greene im Jahre 1947 ein weiteres Mal seine Dienste tat. Wie bereits von diversen Literaturwissenschaftlern angemerkt, ist Magd für Veza Canetti nicht einfach ein Pseudonym, sondern kann in mehrfachen Bezug gesetzt werden zur Vorliebe der Autorin für Geschichten über Dienstmädchen und Unterschichtsfrauen ganz allgemein. In diesen Geschichten schreibt Veza Canetti über die Schwächen der Dienstmädchen selbst, aber auch über das gesellschaftliche System, das den Dienstbotinnen wenig Raum für eine Verbesserung ihrer Lebenssituation lässt. Veza Canetti ordnet sich damit in den zeittypischen Diskurs von Herrschaft und Knechtschaft480 ein, ihr Standpunkt ist ein dezidiert sozialistischer oder eben austromarxistischer.481 Sehr viel wurde darüber spekuliert, was der Name Magd für Veza Taubner selbst bedeutet haben könnte. Retrospektiv wurde dieses Pseudonym stets als ein Hinweis darauf verstanden, dass sich Veza Canetti als dienende Magd von Elias Canetti gesehen haben muss. Dieser Blick der Rezensenten auf das Pseudonym Magd wurde erzeugt durch den Ruhm, den Elias Canetti erst nach dem Tod von Veza Canetti erlangte, und insbesondere auch mit dem Seitenblick auf den Nobelpreisträger von 1981. Magd als Pseudonym wurde aber von Veza gewählt, als sie noch Taubner hiess und Elias Canetti gerade sein Studium der Chemie abgeschlossen hatte und sich mit Übersetzungen aus dem Englischen versuchte über Wasser zu halten. Veza Taubner hat also nicht den Namen Canetti durch Magd ersetzt, sondern Taubner. Erst der Blick auf die anderen Pseudonyme Veza Canettis offenbart, dass die Autorin mit der gezielten Wahl auch noch weiterführende soziale Codes gesetzt hat.