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D2.4.2 Anton Kuh – Die Affenoper

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Zu den Gegnern von Karl Kraus gehört auch Anton Kuh. Nicht nur, dass er für das von Karl Kraus gehasste Blatt Die Stunde gearbeitet hat.390 Er hat exakt im Jahre 1925 mit dem Affen Zarathustras ein Werk vorgelegt, in dem er in einer Art Stegreifrede Karl Kraus polemisch angreift. Anton Kuhs Angriffe gegen Karl Kraus, die auf dessen „Schauspieleitelkeit und Publikumsverachtung“ zielten, werden von Rezensenten als „unter der Gürtellinie“ bezeichnet.391 Er kämpft darin gegen den Kraus-Kult; gegen die an Nebensächlichkeiten verschwendete Sprachvirtuosität oder die Druckfehler- und Berichtigungsmanie von Karl Kraus. Anton Kuh versucht Karl Kraus als Gott intellektueller Zeitgenossen zu entlarven: „Ich habe Ihnen früher notdürftig eine Charakteristik des Typus gegeben, den ich als Intelligenzplebejer bezeichnet habe und habe zum Schluss die Frage aufgeworfen: was ist es, das die Erscheinung des Karl Kraus zu einem Abgott dieser Figuren macht, wie ähnlich schon der verstorbene Philosoph Otto Weininger ein Abgott dieser Menschen ist und war?“392

Genau hier greift das unpublizierte Manuskript Elias Canettis, nämlich das der Affenoper, ein und zeigt das Agieren eines als Menschen verkleideten Zirkusaffen als Machthaber, der sogenannte Konzentrator.393 Der Aufstieg zur Macht gelingt dem Konzentrator, indem er mit Geld protzt und sich von einem Sekretär und einer Dame assistieren lässt. Der Machthaber ist hier ein verkleideter Zirkusaffe. Seine inhaltslosen Auftritte, ein reines Zelebrieren von Macht, reissen das Publikum mit. Zum Text-Konglomerat Affenoper gehören auch Versuche über Masse und Macht aus den 50er Jahren.394

Wie sehr sich Elias Canetti mit Anton Kuh auseinandergesetzt haben muss, zeigen einige Seiten in den Notizbüchern aus dem Jahr 1929, geschrieben in Berlin. „Anton Kuh: Versuch zu äusserer Eleganz bei unglaublichem Schmutz und extremster Verwahrlosung. … Mit guten zarten …(?) runden Tönen lässt sich die Bestie leicht zum Mensch verschönen. Menschenergründung erfordert Bitterkeit, Kühle, Intensität des Nachspürens (auch der Verlorensten) und keift wie ein altes Affenweib auf diesem Wort und nichts sonst herum.“395 Möglicherweise hat Elias Canetti Anton Kuh im Romanischen Café am Breitscheidplatz – dem wichtigsten Künstlertreffpunkt Berlins der 20er Jahre – getroffen, wie das Ende der Notiz – wegen der Nähe des Breitscheidplatzes zum Berliner Zoo – interpretiert werden kann.

Veza Canetti zwischen Leben und Werk

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