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Verdammt, wieder mal viel zu früh wach, war sein erster Gedanke. Klar, der Einfall mit der Umarmung, die man als Nicht-Annäherung malen müßte, läßt mich nicht schlafen. Eine Idee drängt zur Gestaltung wie ein Fötus ins Leben. Das sind die Wehen. Und war schon versöhnt mit der zu frühen Stunde. Wenn ich jetzt ganz leise aufstehe und mich schnell anziehe und sofort eine neue Leinwand einspanne und auf die Staffelei bringe, dann bin ich bereit für eine Sturzgeburt.

Dann merkte er: im Rücken ist es kalt. Ach so, davon bin ich wachgeworden. Von diesem elenden Streifen Kälte. Und war enttäuscht. Und fluchte wortlos auf seinen Schlafanzug: Immer dasselbe mit diesem Wahnsinnsutensil. Die Hose rutscht runter, die Jacke rutscht hoch. Du wirst wach – oder krank. Ich sollte mich doch an Nachthemden gewöhnen. Und wenn die noch so altväterlich aussehen. Sie sind wenigstens praktischer. So doof waren die Altväter also gar nicht.

Schon spürte er den Kitzel in der Nase, das Niesen, das sich aufdrängte. Den einen Arm hinter den Rücken gewinkelt, die Hose hochgezogen, die Jacke runtergezogen, mit einem leichten Ruck sich dabei etwas angehoben, zweimal hintereinander. Dann auf den Rücken gedreht. Doch der Kitzel verstärkte sich. Die Füße sind es. Die liegen ja frei. Vorsichtig herumgestochert, ohne das Plumeau dabei anzuheben. Nur nicht die schöne Wärme rauslassen. Da fühlte er was Hartes. Das ist der Spalt mit den Knöpfen. Mit den Fußspitzen hineingetreten, am Hals das obere Ende festgekrallt, das Ganze gestrafft. Geregelt. Reicht gerade in der Länge. Endlich wieder gut zugedeckt.

Aber das Niesen. Es wollte doch kommen. Das geht nicht, das darf nicht sein. Das würde Annemarie wecken. Die Zunge angehoben und sie oben gegen den Gaumen gepreßt, dann kann kein Niesen mehr kommen. Geschafft. Nur ein Schlucken, trocken. Mit offenem Mund. Warum denn? Natürlich, die Nase ist zu, ganz zu. Also auf die Seite legen, dann wird ein Nasenloch frei. Auf die rechte Seite von Anne weggedreht, dann wird das linke Loch frei, und sie wird nicht gestört, wenn ein paar Schnaufstöße nachhelfen, die Räumung beschleunigen. Ein guter Trick. Immer wieder exakt funktionierend. Weiß der Teufel, warum. Vielleicht haben wir überhaupt nur deshalb zwei Nasenlöcher. Wenn ich mir vorstelle, wie die Urmenschen im Dreck gelegen haben. Da war es schon wichtig, daß wenigstens immer ein Nasenloch frei blieb, wenn sie sich im Schlaf auf die Seite gedreht haben. Das obere blieb frei zum Luftholen. Ja, vielleicht ist das wirklich ein Blick in die atavistischen Weiten unseres Vorvorvorlebens. Vielleicht aber auch nicht. Egal. Hauptsache, der Trick fällt einem im richtigen Augenblick ein – und er funktioniert dann auch.

Das also ist ein Betttrick. Was für ein schönes Wort. Seine Betttricks sind es, haben die lieben Eltern ihr immer vorgehalten, mit seinen Betttricks hat er als älterer und erfahrenerer Mann dich verführt. Wenn die wüßten, wie schwer es war, Anne herumzukriegen. Und dann ist es immer noch eine Frage, wer wen verführt hat.

Dunkel noch und völlige Ruhe ringsum. Nicht mal ein Vogel macht Lärm. Als ob sich auch noch die letzten Großstadtvögel davongemacht hätten. Wohl wegen der Ankündigung: Es liegt was in der Luft – nicht nur auf den Straßen. Nur die Atemzüge von Annemarie zu hören. Früher ließ sie sich nur immer Anne nennen. Und jetzt liegt sie bei dir im Bett, schlafend, dir ausgeliefert, dem fremden Mann, gegen den sie sich anfangs so heftig gewehrt hat. Aber jetzt deine Frau, nicht mehr heimlich, nicht mehr so gut wie. Nein, ganz offiziell deine Frau, resümierte Rainer mit einer gewissen Befriedigung. Und schon sah er sie wieder so, wie am ersten Tag.

Der Student, der sich noch einmal einen kleinen Nebenverdienst verschaffen wollte. Als Reiseleiter. Gab es einen besseren Job? Nein, das war der ideale. Rauskommen, interessante Länder und Leute kennenlernen – und dafür auch noch Geld bekommen. Ja, das war der Auslöser gewesen: eine Schottland-Rundfahrt. Und Anne Mietzner in meiner Gruppe. Rainer durchdöste die alten Bilder, und die Highlands machten ihn high.

Tage des Terrors. Tatsachenroman

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