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II. »Drohung« und »Warnung«
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Zum Begriff der Drohung gehört nach h.M., dass sich der Drohende nach dem Inhalt der Übelsankündigung »Verwirklichungsmacht beimisst«, d.h. den Eintritt des Übels als von seinem Einfluss abhängig (»in seiner Macht stehend«) darstellt. Dies ist auch in der Weise möglich, dass das Übel durch Einschaltung eines Dritten verwirklicht werden soll, auf den der Täter Einfluss zu haben (und diesen Einfluss zu nutzen) zumindest vorgibt. So hat der BGH die Formulierung in einem anwaltlichen Mahnschreiben, die Mandantin behalte sich bei Nichtzahlung die Erstattung einer Strafanzeige vor, als Drohung des die Forderung eintreibenden Anwalts verstanden.[10] In dieser – vorgeblichen – Abhängigkeit des Übelseintritts vom eigenen Einfluss des Drohenden wird üblicherweise der Unterschied zwischen »Drohung« und bloßer »Warnung« gesehen.[11]
Wird der Drohungsbegriff allerdings durch Verzicht auf das übliche Erfordernis der »Verwirklichungsmacht« erweitert, so lassen sich der »Drohung« auch Fälle zuordnen, in denen der Täter das Opfer dadurch unter Druck setzt, dass er ihm ein bevorstehendes Übel vorspiegelt, dessen Eintritt zwar nicht der Täter selbst herbeiführen, aber das Opfer durch ein bestimmtes, vom Täter gefordertes Handeln vermeiden könne (»täuschende Warnung« als Drohung).[12] Es ist allerdings fraglich, ob ein solcher Verzicht auf die Verwirklichungsmacht die Drohung nicht konturenlos macht. Zwar kann der Täter durch die Täuschung für den Nötigungsadressaten das Übel begründen, er kann aber den Eintritt des Übels nicht hemmen oder ablaufen lassen, sondern nur einen Ausweg anbieten. Wählt das Opfer diesen, hat es sich nicht dem Nötigungsdruck des Täters gebeugt, sondern ist vor einem unweigerlich eintretenden Übel nur „geflüchtet“.
Problematisch ist die Frage, ob in einer Verkehrsblockade (Sitzblockade) nicht nur »Gewalt«, sondern über eine »Warnung« hinaus auch eine »Drohung« gegenüber dem blockierten Fahrzeugführer gesehen werden kann,[13] wobei das Übel dann in einem Überfahren des Täters und einer damit eventuell verbundenen Strafverfolgung liegen würde. Eine Drohung ist jedoch abzulehnen, weil dem Täter (Blockierer) in diesen Fällen keine Verwirklichungsmacht mehr zukommt. Denn er kann sich in dieser Konfrontationslage nicht mehr beliebig dem Übelseintritt entziehen, da er Geschwindigkeit und Beschleunigung des Fahrzeugs nicht beherrscht. Folglich kann er kein künftiges Übel in Aussicht stellen, dessen Eintritt allein er in der Hand hat.[14]