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b) Die Extrempositionen: »Pflichtwidrigkeitstheorie« und »Verwerflichkeitslösung«

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Eine bisher in der Minderheit gebliebene Auffassung lehnt bei fehlender Rechtspflicht zum Handeln eine tatbestandliche »Drohung« generell ab (sog. »Pflichtwidrigkeitstheorie«). Hauptargument dafür ist die These, dass der Täter die Freiheit des Adressaten nicht einschränke, sondern sogar erweitere (!), wenn er ihm – obgleich unter belastenden Bedingungen – die freiwillige Abwendung des Übels in Form der »bedingten« Ankündigung eines Unterlassens in Aussicht stelle: Das Opfer könne jetzt wählen; sein Entscheidungsspielraum und damit sein »Freiheitsraum« werde vergrößert.[31] Auch soll für die Ankündigung einer Unterlassung grundsätzlich ein sog. »Autonomieprinzip« gelten: Den Verzicht auf eine Leistung (Abwendung des Übels), zu welcher der Täter rechtlich nicht verpflichtet sei, müsse das Opfer als immanente Freiheitsbeschränkung eigenverantwortlich ertragen; daran könne die Ankündigung, das Übel nur unter bestimmten Bedingungen abzuwenden, prinzipiell nichts ändern.[32]

Demgegenüber wird als anderes Extrem die Ansicht vertreten, dass die Ankündigung auch eines nicht pflichtwidrigen Unterlassens die Voraussetzungen der »Drohung« stets erfülle, wenn damit ein »empfindliches Übel« in Aussicht gestellt werde, und dass in diesem Fall allein die konkrete Verwerflichkeitsprüfung aufgrund der Mittel-Zweck-Relation über das Nötigungsunrecht entscheide (»Verwerflichkeitslösung«). Von der Regel, dass die Androhung erlaubten Verhaltens, wie z.B. einer Strafanzeige, gleichwohl verwerflich sein könne, dürfe auch bei einer Unterlassensdrohung nicht abgewichen werden. Es sei vielfach Sache des Zufalls, welches Druckmittel – Drohung mit Tun oder Unterlassen – dem Täter zur Verfügung stehe. Das mit Unterlassung bedrohte Opfer befinde sich regelmäßig in einer schwierigen Situation: Wer in dieser Lage seine »Hilfe« unter inadäquaten Bedingungen anbiete, schränke die Freiheit des Opfers schon dadurch ein, dass er ihm mit der Wahl zwischen zwei Übeln eine neue Belastung aufbürde und gleichsam mit dem Schicksal des Betroffenen spiele. Das Fehlen der Rechtspflicht, »bedingungslos zu helfen«, verleihe noch nicht die Berechtigung, eine Hilfe mit unangemessenen Bedingungen zu verknüpfen. Der Freiheitsschutz des Opfers umfasse auch den Schutz gegen solches Verhalten.[33]

Strafrecht Besonderer Teil

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