Читать книгу Strafrecht Besonderer Teil - Wilfried Küper - Страница 90
b) Grundlagen der herrschenden Ansicht
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Die verbreitete Auffassung, dass das Delikt – trotz allgemein anerkannter Bedeutung der »konkreten Umstände« – nicht als konkretes Lebensgefährdungsdelikt zu verstehen sei, gründet auf der – auch auf den Gesetzeswortlaut gestützten – Vorstellung, dass die »lebensgefährdende Behandlung« im Gegensatz zu den echten konkreten Gefährdungsdelikten kein »Erfolgsdelikt« darstellt, das einen realen Gefährdungserfolg (Gefahrzustand) als verursachtes Handlungsergebnis voraussetzt, sondern nur ein Delikt mit besonderer Gefährlichkeit der konkreten »Handlung«.[7] Hinzu kommt als zweiter Grund die Annahme, dass bei der Berücksichtigung der konkreten Umstände eine »Generalisierung« oder »Typisierung« der maßgeblichen Faktoren geboten sei (»generelle Eignung«, »erfahrungsgemäße Gefährlichkeit«), namentlich eine Beschränkung des Gefahrurteils auf Tatsachen, die für einen objektiven Beobachter im Handlungszeitpunkt ex ante erkennbar seien.[8] Dabei schwingt der Gedanke mit, dass das Gesetz mit der Qualifikation lediglich eine generalpräventive »Tabuisierung« allgemein besonders gefährlicher Begehungsweisen beabsichtigt habe, nicht aber eine strikte Festlegung auf effektive Lebensgefahren. Da auch die übrigen Qualifikationsmerkmale des § 224 I StGB keine konkrete Gefahr des Eintritts schwerer Folgen voraussetzten, müsse dies auch für die lebensgefährdende Behandlung gelten (systematisches Argument).[9]