Читать книгу Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) - William Shakespeare, William Shakespeare - Страница 227
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ERSTE SZENE
Troja. Eine Straße
Es treten auf Äneas und ein Diener mit einer Fackel, von der einen Seite; von der andem Paris, Antenor, Deiphobus und Diomedes nebst Gefolge und Fackeln.
PARIS
Heda, wer kommt hier?
DEIPHOBUS
Fürst Äneas, Herr.
ÄNEAS
Wie, Paris, seid Ihrs wirklich?
Hätt ich so schönen Anlaß, lang zu schlafen,
Als Ihr, mein Prinz, nur heilge Pflichten hielten
Von meiner Bettgenossin mich entfernt.
DIOMEDES
So denk ich auch. Guten Morgen, Fürst Äneas!
PARIS
Ein tapfrer Griech, Äneas; reicht die Hand ihm!
Erinnert Euch, wie oft Ihr uns erzählt,
Daß Diomed Euch eine ganze Woche
Täglich im Kampf gesucht.
ÄNEAS
Ich biet Euch Gruß,
Solang der Stillstand währt und Waffenruh,
Doch treff ich Euch im Feld, so finstern Trotz,
Wie nur das Herz ihn denkt, ausführt der Mut!
DIOMEDES
Freundschaft wie Kampf erwidert Diomed.
Nun wallt das Blut uns kühl, drum Gruß und Heil!
Doch trifft Gelegenheit und Schlacht zusammen,
Beim Zeus, dann mach ich auf dein Leben Jagd
Mit aller Kraft, Verschlagenheit und List.
ÄNEAS
Und jagen sollst du einen Leun, der flieht
Mit rückgewandtem Haupt. Jetzt sei gegrüßt
In Freundlichkeit, ja, bei Anchises' Leben,
Herzlich willkommen! Bei der Venus Hand:
Kein Mann auf Erden kann in solcher Weise
Den Feind mehr lieben, den er wünscht zu töten!
DIOMEDES
Wir fühlen gleich. Zeus, laß Äneas leben,
Wenn meinem Schwert sein Tod nicht Ruhm erkauft,
Bis tausend Sonnenläufe sich erfüllen –
Doch mir zu Preis und Ehre laß ihn sterben,
Verwundet jedes Glied, und morgen schon!
ÄNEAS
Wir kennen einander gut.
DIOMEDES
Und wünschen auch im Bösen uns zu kennen.
PARIS
Das ist so schmähend trotzger Freundesgruß,
So edler Liebeshaß, als je geboten. –
Warum so früh geschäftig, Fürst?
ÄNEAS
Der König
Hat mich verlangt, doch weiß ich nicht, warum.
PARIS
Ich kanns Euch melden. Diesen Griechen führt
In Kalchas' Haus; dort für Antenors Freiheit
Sollt Ihr die schöne Cressida erstatten.
Laßt uns zusammen gehn; sonst, wenn Ihr wollt,
Eilt jetzt vor uns zu ihm. Ich glaube sicher
– Vielmehr, mein Glaub ist ein bestimmtes Wissen –,
Dort weilt mein Bruder Troilus zu Nacht.
Weckt ihn und meldet ihm, daß wir uns nahn,
Und gebt Bescheid, weshalb; ich fürchte sehr,
Wir sind ihm nicht willkommen.
ÄNEAS
Sicher nicht!
Eh wünscht er Troja hin nach Griechenland,
Als Cressida aus Troja.
PARIS
Wer kanns ändern!
Der Zeit gebietrische Notwendigkeit
Verlangt es so; geht, Fürst, wir folgen Euch.
ÄNEAS
Guten Morgen allerseits!
Er geht mit dem Diener ab.
PARIS
Nun sagt mir, edler Diomed, sagt frei
Im echten Geist aufrichtger Brüderschaft,
Wer würdger sei der schönen Helena,
Ich oder Menelaus?
DIOMEDES
Beide gleich!
Wert ist er, sie zu haben, der sie sucht,
Für gar nichts achtend ihrer Ehre Fleck,
Mit solcher Welt von Qual und Höllenpein;
Du wert, sie zu behalten, der sie schützt
– Mit stumpfem Gaum nicht ihre Schande schmeckend –,
Mit solchem teuern Preis von Gut und Blut.
Er, ein schwachmütger Hahnrei, tränke willig
Die Neig und Hefe abgestandnen Weins;
Dich Liederlichen freuts, aus Hurenleib
Dir deine künftgen Erben zu erzeugen.
Drum wiegt ihr gleich, wie man die Pfunde setze;
Hat einer mehr Gewicht, 's ist um 'ne Metze.
PARIS
Zu herbe seid Ihr Eurer Landsmännin.
DIOMEDES
Herb ist sie ihrem Lande. Hört mich, Paris:
Für jeden Tropfen ihres schnöden Bluts
Zahlt eines Griechen Leben; jeder Skrupel
Des pesterfüllten, buhlerischen Leibes
Erschlug 'nen Troer. Seit sie stammein konnte,
Sprach sie der guten Worte nicht so viel,
Als griechisch Volk und troisch für sie fiel.
PARIS
Freund Diomed, Ihr machts wie kluge Käufer,
Und schmäht das Gut, um das Ihr markten kommt;
Doch wir sind Euch voraus und schweigen still;
Man rühmt nicht, was man nicht verkaufen will. –
Hier geht der Weg.
Sie gehn ab.