Читать книгу Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) - William Shakespeare, William Shakespeare - Страница 228
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ZWEITE SZENE
Toja. Der Hof von Pandarus' Haus [Garten ]
Troilus und Cressida.
TROILUS
Mein Liebchen, müh dich nicht; die Luft ist kalt.
CRESSIDA
Dann, Liebster, ruf ich mir den Ohm herab,
Er soll das Tor aufschließen.
TROILUS
Stör ihn nicht!
Zu Bett, zu Bett! Schlaft süß, ihr holden Augen,
Und linde Ruh umschmiege deine Sinne
Wie Kindern, aller Sorgen frei.
CRESSIDA
Guten Morgen denn!
TROILUS
Ich bitt dich, nun zu Bett!
CRESSIDA
So seid Ihr mein schon müde?
TROILUS
O Cressida! Nur daß der rege Tag,
Geweckt vom Lerchenton, aufscheucht die Krähe,
Und Nacht nicht länger unsre Freuden birgt –
Sonst schied' ich nicht.
CRESSIDA
Die Nacht war allzu kurz!
TROILUS
Giftmischern weilt die widerwärtge Hexe,
Wie Hölle endlos; doch der Liebe Kosen
Flieht sie, mit Schwingen schneller als Gedanken. –
Erkälten wirst du dich und auf mich zürnen.
CRESSIDA
O bleib noch! Männer wollen niemals warten.
Ich Törin! Hätt ich nein zu dir gesagt,
Dann würdst du wohl noch warten. Horch! Wer kommt?
PANDARUS
draußen Was? Alle Türen offen?
TROILUS
's ist dein Oheim.
Pandarus kommt.
CRESSIDA
Der Unerträgliche! Nun wird er spotten,
Das wird ein Leiden sein.
PANDARUS
Nun, wie gehts, wie gehts? Wie stehts um die Jungfernschaft? Hört, Ihr Jungfer! Wo ist meine Nichte Cressida?
CRESSIDA
Fort, fort mit Euch, Ihr böser, spöttscher Ohm!
Erst treibt Ihr mich dazu, dann höhnt Ihr mich!
PANDARUS
Wozu, wozu? Nun sage doch einmal, wozu? Wozu habe ich dich gebracht?
CRESSIDA
Pfui, schlimmer Ohm! Ihr selbst tut nimmer gut,
Noch leidet Ihrs von andern.
PANDARUS
Ha, ha, ha! Ach du armes Ding! Das liebe Närrchen! Hast du diese Nacht nicht geschlafen? Wollte er dich nicht schlafen lassen, der garstige Mann? Hol ihn der Popanz! –
[Es wird an die Tür geklopft. ]
CRESSIDA
Sagt ichs nicht? – Klopft doch lieber seinen Kopf!
Es klopft. Wer pocht so? Geht doch, lieber Oheim, seht! – Ihr, Liebster, kommt zurück in meine Kammer! – Ihr lächelt spöttisch, als meint ich was Arges.
TROILUS
Haha!
CRESSIDA
Ihr irrt Euch; nein, an so was denk ich nicht.
Man klopft wieder. Wie stark man klopft! Ich bitt Euch, geht hinein; Ich möcht nicht für halb Troja, daß man fänd Euch! Sie gehn ab.
PANDARUS
Wer ist denn da? Was gibts? Wollt Ihr die Tür einschlagen? Was ist? Was gibts?
Äneas tritt auf.
ÄNEAS
Guten Morgen, Herr, guten Morgen!
PANDARUS
Wer ists? Fürst Äneas? Auf meine Ehre, ich kannte Euch nicht! Was bringt Ihr so früh Neues?
ÄNEAS
Ist nicht Prinz Troilus hier?
PANDARUS
Hier? Was sollte er wohl hier machen?
ÄNEAS
Ei, er ist hier; verleugnet ihn nur nicht!
Es liegt ihm viel daran, mit mir zu reden.
PANDARUS
Er ist hier, sagt Ihr? Das ist mehr, als ich weiß, das schwöre ich Euch. Was mich betrifft, so kam ich spät heim. Was sollte er hier zu tun haben?
ÄNEAS
Wer? Nun, wahrhaftig, –
Geht, geht! Ihr tut ihm Schaden, eh Ihrs denkt;
Ihr wolIt ihm treu sein und verratet ihn.
Wißt immer nichts von ihm, nur holt ihn her!
Geht!
[Während Pandarus abgeht, kommt Troilus. ] Troilus kommt zurück.
TROILUS
Nun, was gibt es hier?
ÄNEAS
Kaum bleibt mir Zeit, Euch zu begrüßen, Prinz,
So drängt mich mein Geschäft. Ganz nah schon sind
Eur Bruder Paris und Deiphobus,
Der Grieche Diomed und, neu befreit,
Unser Antenor; und für diesen solln wir
Noch diese Stunde, vor dem Morgenopfer,
In Diomedes' Hand als Preis erstatten
Das Fräulein Cressida.
TROILUS
Ist das beschlossen?
ÄNEAS
Von Priamus und Trojas ganzem Rat;
Sie nahn und sind bereit, es zu vollziehn.
TROILUS
Wie spottet mein nun der errungne Preis! –
Ich geh, sie zu empfangen, Ihr, Äneas,
Traft mich durch Zufall, fandet mich nicht hier!
ÄNEAS
Recht wohl, mein Prinz! Naturgeheimnisse
Sind nicht mit großrer Schweigsamkeit begabt.
Troilus und Äneas gehen ab.
PANDARUS
Ists möglich? Wie gewonnen, so zerronnen? Hole der Teufel diesen Antenor! Der junge Prinz wird den Verstand verlieren. Zum Henker mit diesem Antenor! Ich wollte, sie hätten ihm den Hals gebrochen!
Cressida kommt.
CRESSIDA
Was denn? Was gibt es hier? Wer kam vorhin?
PANDARUS
Ach, ach!
CRESSIDA
Was seufzt Ihr so? Wo ist mein Liebster? Fort?
Sagt, lieber Ohm, was ist geschehn?
PANDARUS
Ich wollte, ich wäre so tief unter der Erde, als ich drüber bin!
CRESSIDA
O Götter! Nun, was ist geschehn?
PANDARUS
Ach, geh nur hinein. Wärst du doch nie geboren! Ich wußte es wohl, du würdest sein Tod sein. O der arme, junge Mann! – Verdammter Antenor!
CRESSIDA
Mein bester Ohm, auf meinen Knien beschwör ich,
Ich fleh Euch, sagt, was ist geschehn?
PANDARUS
Du mußt fort, Kind, du sollst fort; du bist für den Antenor ausgewechselt; zu deinem Vater sollst du und den Troilus verlassen. Das wird sein Tod sein, das überlebt er nicht, das bringt ihn um!
CRESSIDA
O ihr Unsterblichen! Ich gehe nicht!
PANDARUS
Du mußt!
CRESSIDA
Ich will nicht, Ohm. Was frag ich nach dem Vater!
Was ist Verwandtschaft mir! – Nein, keine Seele,
Nicht Freundschaft, Lieb und Blut sind mir so nah
Als du, herzliebster Troilus! – O Götter,
Laßt Cressida der Falschheit Gipfel heißen,
Wenn sie dich je verläßt! Zeit, Not und Tod,
Tut diesem Leben euer Äußerstes;
Doch meiner Liebe starker Bau und Grund
Ist wie der Erde ewger Mittelpunkt,
Der alles an sich zieht. Ich will hinein
Und weinen.
PANDARUS
Ja, mein Kind.
CRESSIDA
Zerraufen will ich
Mein glänzend Haar; die schönen Wangen furchen,
Die Stimme heiser schluchzen und mein Herz
Zersprengen mit dem Namen Troilus.
Ich will nicht fort von Troja!
Sie gehn ab.