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Konfer
ОглавлениеGanz besonders lag Pastor Lohmann unsere christliche Erziehung am Herzen. Unter seiner Leitung war das Internat ein christliches, und wir waren wohl alle evangelisch. Die konfessionelle Abgrenzung spielte jedoch keine Rolle. Mit einer Ausnahme: der Papst, selber ein unbeweibter Hagestolz, ermahnte uns allen Ernstes, nur ja kein katholisches Mädchen zu heiraten. Ein sicher gut gemeinter Rat, über den ich mich zu meinem Glück hinweggesetzt habe. Ansonsten Toleranz; man hoffte damals, dass sich die beiden großen Konfessionen näherkommen würden. Eine Erwartung, der Papst Pius XII 1950 durch die Erhebung von Mariä Himmelfahrt zu einem Dogma einen gehörigen Dämpfer aufsetzte.
Dem zweijährigen Konfirmandenunterricht ging ein Jahr voraus, das man als Jungschar bezeichnen könnte: Bibelstunde, ohne Lernzwang. Eine Vorbereitung auf den eigentlichen Unterricht. Der wurde von Pastor Lohmann mit großem Ernst abgehalten: Äußerst sorgfältig vorbereitet, keine Stunde ohne ein speziell angefertigtes Merkblatt. Im Mittelpunkt stand die Bibel und da wieder das Neue Testament. Großen Wert legte der Papst darauf, uns den historischen Hintergrund des Lebens Jesu zu erklären. Wie ernst er diesen nahm, bewies er später mit seinem Besuch im Heiligen Land, mit dem Fahrrad – Marke „Gödicke verstärkt“!
St. Nicolai in Boldixum, heute Teil von Wyk
Schon damals hat mich aber irritiert, dass er immer dann, wenn es kritisch wurde, sagte, das müsse man glauben. Die Lehre Christi ohne den Glauben – an Vorgänge, die so nicht stattgefunden haben konnten, wie die Auferstehung – das sei kein Christentum. Und was ich gar nicht verstehen konnte, war die Erbsünde. Was kann der Mensch von heute dafür, dass Adam sich von Eva zum Verzehr eines Apfels hatte verführen lassen. Und was war denn daran eigentlich so schlimm, gar Sünde? Wie kann das Streben nach Erkenntnis Sünde sein und noch dazu eine vererbliche? Fragen, auf die die christlichen Kirchen auch heute noch keine Antwort wissen. Ausgesprochen lästig am Konfer waren die Kirchenlieder mit ihren vielen Strophen, „quer durch den ganzen Garten“. Schon deren absingen ging mir auf die Nerven, und noch mehr, sie auswendig zu lernen. Die Lieder wurden gegen Ende der Stunde abgefragt. Wer eifrig gelernt hatte, der oder die durfte gehen. Ich musste fast immer bis zum Glockenzeichen, das zum Abendessen rief, ausharren, einige male sogar noch nach dem Essen wieder antreten.
„Ich glaube, ich hörte....nein, es war nichts!“
Die Konfirmation selbst wurde als großes Fest begangen; die Eltern kamen. Denke ich daran, fallen mir nur die Geschenke ein: ein Fahrrad, Marke NSU und eine Armbanduhr von Tante Thea, Art Deco, wie mir erst sehr viel später klar wurde. Sie hat mir lange gute Dienste geleistet bis, ja bis ich mit ihr am Arm ins Wasser sprang, auf Reede vor Beirut. Ich hätte sie gleich mit Süßwasser waschen und in Alkohol legen sollen; dann hätte man sie vielleicht reparieren können. So „kristallisierte“ sie zu einem Salz-Rost-Klumpen. Gern erinnere ich mich an das 50jährige Jubiläum der Konfirmation, zu dem der Pastor in die St. Nicolai-Kirche in Boldixum eingeladen hatte. Ein schönes Fest. Die alten Wyker begrüßten sich mit großem Jubel; wir paar vom „Papst“ konfirmierten – es waren nur wenige gekommen – standen etwas abseits daneben.