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Ich bin, weil du bist

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Das Kind lernt, ein Gespräch zu führen – lange, bevor es sprechen kann. Das ist viel mehr, als zu wissen, wie man sich dabei abwechselt, wann wer an der Reihe ist. Das Kind entdeckt sich als ein in eine Partnerschaft und Gemeinschaft eingebundenes Wesen. Es beginnt, sich selbst als ein »Ich« zu verstehen und das »Du« als ein anderes »Ich«, das ebenso fühlen kann und mit dem man eins werden kann. Es beginnt, erste soziale Signale zu lesen.

Was das bedeutet, wird einem erschreckend klar, wenn man auf autistischeAutismus Kinder trifft, denen diese grundlegenden kommunikativ-emotionalen Fähigkeiten weitgehend fehlen. Ihr Blick geht durch einen hindurch. Hat man ihren Blick doch einmal gefunden, kann man ihn nicht halten. Sofort schweifen die Augen wieder ab. Auch wenn sie sprechen können, bleiben Ansprechversuche oft ohne Reaktion. Anreden oder Fragen werden einfach überhört. Es ist, als ob man als Partner nicht existiere. Auch die jahrelang schweigende Laura war, solange sie schwieg, für ihren Partner kein soziales Wesen, das im anderen den Mitmenschen sah und suchte. Sie muß todunglücklich gewesen sein.

Dank der Führungskunst der Eltern lernen wir aber nicht nur, wie man mit anderen spricht und sie versteht. Wir neigen auch dazu, die Art und Weise ihres Umgangs mit uns auf uns selbst zu übertragen. Reden sie uns gütig und verständnisvoll zu, fällt es uns leicht, uns selbst zu lieben. Bauen sie auf den sanften Zwang des besseren Arguments, statt uns nur herrisch in die Pflicht zu nehmen, lassen wir auch im Umgang mit uns selbst Vernunftgründe gelten. Geben sie uns die Möglichkeit, zu sagen, was wir empfinden, können wir uns über die eigenen Befindlichkeiten klar werden und die anderer mitbedenken. Die Kommunikationsmuster der frühen Kindheit legen Grundlagen für die Weise, wie wir mit uns selbst ins Gespräch kommen und dabei Entscheidungen treffen. Wir verlegen die Zwiegespräche auf eine innere Bühne und lernen somit, uns selbst zu finden oder zu verfehlen.

»Der Mensch wird am Du zum Ich«, lautet ein berühmtes Wort von Martin BuberBuber, Martin. So kommen wir wohl nur über die Bilder, die die anderen uns liefern, zu uns selbst. An ihren Reaktionen und Gefühlen gelingt es uns, die eigenen zu verstehen. Später kehrt sich das Verhältnis um. Wir lernen von uns auf andere zu schließen und verstehen ihre Eifersucht, weil wir sie schon in uns selbst gespürt haben.

Wie Kinder sprechen lernen

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