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BOUNT REINIGER LIEß seinen silbergrauen Mercedes 450 SEL auf dem Areal des Sägewerks ausrollen.

„Was ist denn hier los?“, fragte Wilkie Lenning erstaunt.

„Eine Razzia“, sagte Bount und stieg aus. „Jetzt kannst du deinem Freund Juan Cortez die Daumen drücken, dass er sauber ist. Sonst gibt es nicht nur für ihn Schwulitäten, sondern auch für dich, weil du ihm diesen Job nicht hättest verschaffen dürfen.“

Wilkie eilte auf die Patrolcars zu. Ein Cop hielt ihn auf. Wilkie wies sich aus und durfte passieren. Von überallher kamen Arbeiter. Wilkie Lenning fischte sich den Vorarbeiter aus dem Tumult.

„Wissen Sie, wo Juan steckt?“

„Der Junge ist vom Gabelstapler gesprungen, als wäre der Teufel auf seine Seele scharf“, sagte der Mann. „Hat er etwas auf dem Kerbholz, Mister Lenning?“

„Das kann ich mir nicht vorstellen.“

„Warum haut er dann ab? Wer sauber ist, hat die Polizei doch nicht zu fürchten.“

„Wohin ist Juan gelaufen?“, wollte Wilkie wissen.

Der Vorarbeiter sagte es ihm. Wilkie wollte losstürmen. Da sagte der Vorarbeiter: „Die Mühe können Sie sich sparen, Mister Lenning. Lieutenant McLean ist ihm bereits auf den Fersen.“

Plötzlich peitschte ein Schuss. Wilkie Lenning gab es einen Riss. Noch ein Schuss fiel. Wilkie sah die Szene vor seinem geistigen Auge: Juan auf der Flucht. Kelly McLean hinter ihm her. Der Mexikaner blieb nicht stehen. Da zog McLean den Stecher durch. Wilkie sah den Mexikaner fallen ...

„O mein Gott!“, stieß er aufgewühlt hervor. Er, der normalerweise so aussah, als ob ihn nichts auf der Welt in Panik versetzen konnte, verlor nun doch seine Ruhe.

Er rannte los. Bount war an seiner Seite. Gemeinsam hetzten sie die Wege zwischen den Holzstapeln hindurch.

Kurz darauf sahen sie Kelly McLean, Juan Cortez und den toten Cop.

Die Situation war mehr als eindeutig. Wilkie rieselte es eiskalt über den Rücken. Hatte sich der Mexikaner zu einer Kurzschlusshandlung hinreißen lassen? Lieutenant McLean wirkte gespannt wie eine zusammengedrückte Sprungfeder.

Juan hielt immer noch die blutverschmierte Eisenstange in seiner Rechten. Ratlosigkeit drückte seine Miene aus. Er schien verzweifelt zu sein. Kelly McLean hielt ihn mit seiner Dienstwaffe in Schach.

„Keine Bewegung, Junge“, sagte er eiskalt.

Bount und Wilkie kamen näher. McLean warf ihnen einen raschen Blick zu und verlangte von ihnen, zurückzubleiben.

Juans Blick heftete sich flehend auf Wilkie. Hilf mir, bettelten seine Augen.

„Lass die Eisenstange fallen!“, verlangte Kelly McLean.

„Juan, was hast du getan?“, fragte Wilkie Lenning erschüttert.

„Das ... das war ich nicht, Wilkie!“, beteuerte der Mexikaner.

„Ist doch klar, dass er erst mal leugnet“, sagte Lieutenant McLean.

„Ich glaube ihm!“, erwiderte Wilkie.

„Ob Sie ihm glauben oder nicht ist uninteressant, Lenning. Dort liegt ein toter Polizist. Ich habe den Mexikaner vor meiner Kanone. Er hatte nicht einmal die Zeit, die Tatwaffe wegzuwerfen. Eindeutiger kann eine Situation wohl kaum mehr sein.“

„Ich habe den Mann nicht erschlagen!“, schrie Juan Cortez. „Ich bin kein Mörder.“

„Hast du gesehen, wer es getan hat?“, fragte Wilkie.

„Ja. Ein Mann, der sich heute morgen schon auf dem Gelände herumtrieb. Ich glaube, er hatte gefälschte Papiere zu verkaufen.“

Kelly McLean nickte wütend. „Natürlich. Du häkelst eine verdammt alte Masche, Junge, aber die verfängt sich bei mir nicht. Du möchtest die Tat gern dem großen Unbekannten in die Schuhe schieben, wie?“

„Er sagt bestimmt die Wahrheit, Lieutenant“, behauptete Wilkie.

„Kennen Sie ihn denn so gut?“

„Ich glaube, ich kenne ihn gut genug.“

„Reiniger, würden Sie Ihrem Mitarbeiter nahelegen, sich aus dieser Sache rauszuhalten?“, rief Kelly McLean ärgerlich. „Er mischt sich in eine Amtshandlung. Sagen Sie ihm, dass ihm das eine Menge Ärger einbringen kann.“

Juan Cortez schluckte schwer. Er steckte tief in der Klemme. Wilkie konnte ihn da nicht herausholen. Er musste sich selbst helfen. Aber wie?

Wenn er auch nur eine falsche Bewegung machte, würde ihn der Lieutenant erschießen. Schließlich war der Beamte davon überzeugt, einen Polizistenmörder vor sich zu haben.

„Lass endlich diese verdammte Eisenstange fallen!“, schrie Kelly McLean den Mexikaner an.

Die Stange!

Juan begriff, dass er sie nicht hätte anfassen dürfen. Nun waren seine Fingerabdrücke darauf. Ein weiteres Indiz für den Richter. Er hätte nicht stehen bleiben dürfen, als er den toten Cop entdeckte. Er hätte über die Leiche springen müssen.

Aber das hatte er nicht fertiggebracht. Er hatte in diesem Moment nicht mehr an sich gedacht, sondern nur an den Mann, für den er möglicherweise noch etwas tun konnte. Ihm war nicht sofort klar gewesen, dass der Cop nicht mehr lebte. Und als er es dann sah, war an eine Fortsetzung der Flucht nicht mehr zu denken gewesen.

„Die Eisenstange!“, schnarrte Kelly McLean ungeduldig.

„Lassen Sie mich mit ihm reden“, verlangte Wilkie Lenning. „Auf mich wird er hören.“

Wilkie machte einen Schritt vorwärts.

„Zum Teufel, Reiniger, haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe?“, brüllte McLean. „Legen Sie Ihren Mitarbeiter an die Leine!“

Der Lieutenant wandte nur einen kurzen Moment den Kopf. Juan Cortez wusste, dass seine Flucht einem Geständnis gleichkam. Aber er wollte nicht als Mörder verhaftet werden. Er wollte sich nicht einsperren lassen. Kein Cortez war jemals im Gefängnis gewesen. Es waren alles arbeitsame, ehrliche Leute gewesen.

Juan nützte die winzige Chance.

Er schleuderte die Eisenstange nach Lieutenant McLean. Kelly McLean sah die rasche Bewegung aus den Augenwinkeln. Er drückte ab. Gleichzeitig traf die Stange seinen Revolverarm.

Sein Gesicht verzerrte sich.

Die Kugel traf nicht so, wie der Lieutenant es wollte, aber sie traf. Der Mexikaner stieß einen heiseren Schrei aus. Er bückte sich, riss dem toten Cop die Waffe aus der Hand, wirbelte herum und hetzte davon.

Kelly McLean richtete die Kanone auf den Rücken des Mexikaners. „Stopp!“, brüllte er.

Als er abdrücken wollte, fiel ihm Wilkie Lenning in den Arm. „Nicht!“, schrie er. „Der Mann ist unschuldig!“

Der Dienstrevolver des Lieutenant krachte. Aber die Kugel stanzte nur ein Loch in die Luft. Kelly McLean riss sich fluchend los.

Juan Cortez erreichte das Ende des Sägewerkareals. Er rannte kopflos über die Straße und stürzte sich Augenblicke später in die Fluten des Hudson River.

Zorn funkelte in Kelly McLeans Augen. Er erdolchte Wilkie fast mit seinen Blicken. „Verdammt, Lenning, das wird Sie teuer zu stehen kommen! Sie haben einem Mörder zur Flucht verholfen!“

Vier besondere Krimis Januar 2019

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