Читать книгу Vier besondere Krimis Januar 2019 - A. F. Morland - Страница 21
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ALS BOUNT UND WILKIE wieder in der 7th Avenue anlangten, war June March bereits von ihrem Ausflug zurückgekehrt. Zunächst wurde Bount Reiniger seine Neuigkeiten los.
Dann sagte June: „Nachdem ich eine Weile mit allen möglichen Leuten telefoniert hatte, merkte ich, dass man mir am Telefon nichts sagen wollte. Also suchte ich ein paar von unseren V-Leuten persönlich auf.“
„Und was ist dabei herausgekommen?“, fragte Bount. Er genehmigte sich eine Pall Mall, ließ den Rauch aus dem rechten Mundwinkel entweichen, während die Zigarette links hing.
„Ihr könnt euch freuen“, sagte June. „Weihnachten und Ostern fällt auf den heutigen Tag.“
„Mach’s nicht so spannend“, forderte Bount Reiniger seine Mitarbeiterin auf. Wilkie holte sich aus Bounts Kühlschrank eine Dose Ingwerbier, setzte sich auf die Kante von Junes Schreibtisch und sagte: „Wir sind ganz Ohr, Schwester.“
„Ihr kennt doch das Nachtlokal ,Mighty Eagle“, begann June.
Wilkie nickte. „Da verlangt man Preise, bei denen selbst einem betuchten Mann die Spucke wegbleibt. Stinkvornehmer Laden. Ein Freund von mir, Pianist, hat da mal gespielt.“
„Es heißt, dass verschiedene Fäden in diesem Nightclub zusammenlaufen“, sagte June. „Hinter der noblen Fassade sollen angeblich üble Dinge ausgeheckt werden.“
Wilkie grinste. „Ja, ja. Es ist eben nicht alles Gold, was glänzt. Meinst du, dass das ,Mighty Eagle“ in unserem Fall eine wichtige Rolle spielt?“
„Davon bin ich überzeugt“, gab June March zurück. „Das war Weihnachten. Und jetzt kommt Ostern!“ Wilkie hob erstaunt die Brauen. „Noch eine Überraschung?“
„Gestern Abend wurde der Gitarrist der Band, die im ,Mighty Eagle“ spielt, wegen unerlaubten Drogenbesitzes festgenommen“, berichtete June.
„Verstehe!“, stieß Wilkie tatendurstig hervor. „Der Platz ist nun frei, und da ich mich - bei aller Bescheidenheit - ein bisschen aufs Gitarrespielen verstehe, dachtest du ...“
„Das wäre doch eine günstige Gelegenheit, das Ohr an den Pulsschlag des Geschehens zu legen, meine ich“, sagte June.
Wilkie Lenning blickte Bount an. „Was meinst du dazu?“
„Ich denke, du solltest dich um den Job bewerben“, antwortete Bount Reiniger.
Wilkies Augen richteten sich wieder auf June. „Wer ist der Besitzer des ,Mighty Eagle‘?“
„Moko Madigan“, antwortete das Mädchen.
„Bin schon unterwegs!“, sagte Wilkie und rutschte von Junes Schreibtischkante.
„Solltest du etwas Wissenswertes herausfinden, ruf unverzüglich an, klar?“, sagte Bount.
„Natürlich“, gab Wilkie zurück. Er drückte Bount die Bierdose in die Hand und bat ihn: „Halt sie mir inzwischen kalt.“
Er ging. Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, da schlug das Telefon an. June hob ab und sagte ihr Sprüchlein auf. Dann reichte sie den Hörer an Bount weiter.
„Für dich“, sagte sie.
„Wer ist es?“
June hob die Schultern. Das bedeutete, dass sich am anderen Ende der Leitung jemand befand, der anonym bleiben wollte. Solche Leute liebte Reiniger ganz besonders, denn sie hatten in neunundneunzig von hundert Fällen Dreck am Stecken.
„Reiniger“, meldete sich Bount unwirsch.
„Es ist mir ein Vergnügen, einmal persönlich mit Ihnen sprechen zu können, Bount Reiniger“, sagte der Anrufer.
„Mit wem spreche ich?“
Der Mann lachte. „Mister Reiniger. Was sind schon Namen?“
„Da Sie den meinen kennen, würde ich auch ganz gern Ihren wissen.“
„Wenn Sie so großen Wert darauf legen - nennen Sie mich Mr. Smith.“
„Na schön, Mr. Smith. Und was kann ich für Sie tun?“
„Mir kam zu Ohren, dass Sie in letzter Zeit äußerst rührig geworden sind.“
„Das ist so meine Art“, sagte Bount.
„Nun, an und für sich ist gegen einen gesunden Fleiß gewiss nichts einzuwenden, nur ... In diesem speziellen Fall wäre es für uns beide wohl besser, wenn Sie etwas weniger Eifer an den Tag legen würden. Sie sind ein tüchtiger Mann. Sie könnten sehr leicht in ein Wespennest stechen. Würden Sie damit fertigwerden?“
„Ich denke schon. Schließlich bin ich nicht erst seit gestern in der Branche“, erwiderte Bount.
„Das ist mir bekannt.“
„Wespennester ausräuchern ist eine meiner Spezialitäten, Mister Smith.“
„Ich würde Ihnen dennoch dringend raten, diesmal von diesem Vorhaben lieber die Finger zu lassen. Sie könnten in arge Schwierigkeiten geraten!“
„Es ist geradezu rührend, wie Sie um mich besorgt sind“, spottete Bount.
„Ich tu’ das nicht ganz uneigennützig. Ich möchte uns beiden eine Menge Ärger ersparen. Da ich weiß, dass Sie ein äußerst vernünftiger Mensch sind, müsste es doch möglich sein, mit Ihnen ein Arrangement zu treffen. Es würde Ihr Schaden nicht sein.“
„Wenn ich Sie recht verstehe, haben Sie die Absicht, mir eine Beteiligung an Ihren Geschäften anzubieten“, sagte Bount.
„Nun, an eine Beteiligung hatte ich eigentlich nicht gedacht, sondern eher an eine bestimmte einmalige Zuwendung, über deren Höhe sich noch reden ließe“, sagte Mister Smith.
Bounts Wangenmuskeln zuckten. Der verdammte Knilch hatte doch tatsächlich die Stirn, ihn bestechen zu wollen. Bount interessierte es, wie hoch dieser Mister Smith gehen würde, deshalb sagte er: „Wenn Sie schon so viel über mich wissen, dann müsste Ihnen doch eigentlich auch bekannt sein, dass man mich nicht kaufen kann.“ Der Anrufer lachte. „Im Allgemeinen nicht. Aber im Besonderen ... Sehen Sie, Reiniger, im Leben hat alles seinen Preis. Auch wir Menschen haben unseren Preis. Manchmal kann man einen Mann schon für ein Butterbrot kaufen. Manchmal muss man etwas tiefer in die Tasche greifen.“
„Wie tief?“, nagelte Bount den Mann gleich fest.
Der Anrufer räusperte sich. „Was würden Sie zu hunderttausend Dollar sagen? Ihr Tagessatz liegt bei hundert Dollar - Spesen extra. In besonderen Fällen verlangen Sie zweihundert Dollar. Überlegen Sie, wie lange Sie arbeiten müssen, um hunderttausend Bucks zu verdienen. Und diesmal würden sie Ihnen buchstäblich für nichts in den Schoß fallen. Sie brauchten dafür nicht einmal den Finger zu krümmen.“
„Mann, damit stellen Sie aber das Arbeit-Lohn-Gefüge auf den Kopf“, sagte Bount. „Man sagt doch: Ohne Fleiß kein Preis.“
Der Anrufer lachte. „Sie sehen, dass es auch anders geht, Mister Reiniger. Was sagen Sie zu meinem Vorschlag? Sind Sie damit einverstanden? Wenn ja, dann haben Sie morgen hunderttausend Dollar mehr auf Ihrem Bankkonto. Ist das nicht ein verlockendes Angebot?“
„Für einen Penner vielleicht, aber soll ich für hunderttausend Piepen meinen Charakter wegschmeißen und mein Gesicht verlieren?“
Wieder lachte Mister Smith. „Ich verstehe. Sie können es nicht so billig machen. Wie wär’s mit hundertfünfzig Riesen?“
„Reicht nicht. Ich müsste jeden Morgen, wenn ich mich beim Rasieren im Spiegel sehe, kotzen.“ „Zweihundert Riesen. Reiniger, Sie sollten den Bogen nicht überspannen. Fairerweise muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir irgendwo eine Grenze erreichen, die ich nicht überschreiten kann, und wo ich mir zu überlegen beginne, ob es nicht eine billigere Möglichkeit gibt, Sie aus dem Weg zu räumen. Wenn ich zum Beispiel einem Profi zwanzigtausend Dollar gebe, überschlägt sich der vor Freude und bringt mir Ihren Kopf auf einem Silbertablett.“
Jetzt lachte Bount. „Aber, Mister Smith. Sollte das etwa eine versteckte Drohung gewesen sein?“
„Nein. Nur eine Warnung. Wie steht’s mit den zweihunderttausend Bucks? Akzeptieren Sie?“
„Wollen Sie hören, was ich von Ihrem Angebot halte, Mister Smith?“
„Natürlich. Es interessiert mich sehr.“
„Schieben Sie sich Ihre zweihundert Riesen sonst wohin!“
„Reiniger, Sie sind sehr unvernünftig ...“
„Das sieht nur von Ihrer Warte gesehen so aus“, erwiderte Bount. Nun legte er los. „Und nun will ich Ihnen mal etwas flüstern, Mister Smith: Sie hätten mich für zehn Millionen nicht haben können. So viel Geld gibt es auf der ganzen Welt nicht, dass man mich veranlassen könnte, mit Verbrechern gemeinsame Sache zu machen. Vielleicht halten Sie mich für verrückt, aber ich bin stolz auf diesen Charakterzug. Meinetwegen können Sie sich mit Ihrem verfluchten Geld zum Teufel scheren. Ich habe jedenfalls keine Verwendung dafür.“
„Ich habe Sie für vernünftiger gehalten, Mister Reiniger!“ knurrte der Anrufer.
„Na schön, dann haben Sie sich eben geirrt. Jedenfalls werde ich mit Ihnen kein wie immer geartetes Geschäft tätigen, sondern ich werde meinen Job so wie bisher weitertun. Ich bin sicher, dass wir uns eines Tages begegnen werden, und dann werden Sie den Tag verfluchen, an dem Sie sich entschlossen haben, Ihr Geld auf der anderen Seite des Gesetzes zu machen.“
„Sie lehnen mein Angebot also ab.“
„War ich nicht deutlich genug?“ fragte Bount.
„Das werden Sie schon bald zu bereuen haben, Mister Reiniger.“
„Oh, da bin ich aber ganz anderer Ansicht. Ich werde Ihnen und Ihren sauberen Freunden das Handwerk legen, verlassen Sie sich darauf. Ich stelle es ab, dass ihr euch an diesen armen Mexikanern bereichert. Ich werde es euch in den nächsten Tagen schon beweisen.“
„Sie tun mir leid, Reiniger.“
„Das ist nicht nötig. Sie sollten sich lieber selbst leid tun, denn die schöne Zeit des unbekümmerten Absahnens nähert sich dem Ende.“
„Na schön, Reiniger. Ich hab’s versucht. Ich wollte die Angelegenheit friedlich mit Ihnen regeln. Wenn Sie aber den Krieg vorziehen, können Sie ihn gern haben. Sie werden sterben, Mister Reiniger!“
„Das kann man nie wissen“, erwiderte Bount und legte auf. „Zweihunderttausend Dollar. Lächerlich.“ Sein Blick richtete sich auf June. „Hättest du das Geld an meiner Stelle angenommen?“
Das Mädchen schüttelte bestimmt den Kopf. „Nein, Bount. Du hast vollkommen richtig gehandelt. Solches Geld wollen wir nicht.“
Bount lächelte. „Du sprichst ein wahres Wort gelassen aus, meine Liebe.“
Das Telefon schlug erneut an.
„Er hat noch einen Nachsatz vergessen“, sagte Bount und grinste.
Aber er irrte sich. Der Anrufer war nicht Mister Smith, sondern Captain Toby Rogers.
„Ja, Alter. Was gibt’s?“, erkundigte sich Bount Reiniger. „Du erinnerst dich an die Beschreibung des Copkillers, die Juan Cortez gegeben hat?“
„Der Mann mit dem Affengesicht ...“
„Genau. Wir haben unseren Polizei-Computer gefüttert.“
„Mit welchem Erfolg?“, fragte Bount.
„Unserem Blechonkel fiel zu dieser Beschreibung der Name Antonio Garcia ein.“
„Na also. Dann hat Juan Cortez doch die Wahrheit gesagt. Handelt Garcia mit falschen Papieren?“
„Das hat er getan. Bis vor drei Wochen.“
„Und warum tut er das jetzt nicht mehr?“
„Hast du schon mal einen Toten Geschäfte machen gesehen?“
„Eigentlich nicht.“
„Antonio Garcia kam vor drei Wochen bei einem Autounfall ums Leben“, sagte Toby Rogers. „Er kann sich also niemals auf dem Gelände des Sägewerks aufgehalten und den Cop erschlagen haben. Es sei denn, Juan Cortez hat seinen Geist gesehen!“