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EISENGRAU WAR IHR GESICHT. Sie bluffte nicht. Es war ihr mit dem, was sie vorhatte, bitterernst. Sie wollte Bount Reiniger umbringen!

Bount warf sich hastig zur Seite. Da krachte schon der Schuss. Die Kugel verfehlte ihn nur um Haaresbreite. Bount knallte auf den Boden. Das Projektil hatte ein hässliches Loch in die Wand gerissen.

Reiniger federte blitzartig hoch.

Er musste verhindern, dass Carmen Rodriguez ein zweites Mal auf ihn abfeuerte. Er konnte nicht begreifen, warum sie das tat.

Es widerstrebte ihm, die Mexikanerin hart anzufassen, aber es musste sein. Immerhin ging es jetzt um sein Leben.

Seine Handkante trat in Aktion. Carmens Gesicht verzerrte sich. Sie stieß einen schrillen Schrei aus. Der Diamondback rutschte aus ihren Fingern und polterte auf den Boden.

Bount kickte die Waffe weit genug von dem Mädchen fort. Doch Carmen gab noch nicht auf. Sie schien bis an die Zähne bewaffnet zu sein, denn jetzt fegte sie ihr Kleid hoch und riss aus dem Strumpfband ein Springmesser, das sie da versteckt hatte.

Klackend schnappte die lange Klinge auf. Lichtreflexe tanzten auf dem Stahl. Bount wich zurück. Es funkelte gefährlich in den dunklen Augen der Mexikanerin.

Sie keuchte. Ihre Lippen bebten. Was sie sich zumutete, ging beinahe über ihre Kräfte. Aber sie schien von ihrem Vorhaben nicht ablassen zu wollen.

„Carmen, haben Sie den Verstand verloren?“, fragte Bount schneidend. „Was soll das? Warum wollen Sie mich umbringen?“

Sie holte mit dem Messer aus. „Ich muss es tun!“, keuchte sie.

„Warum?“

„Ich muss es für Pablo tun.“

„Das verstehe ich nicht. Warum wollen Sie für ihn einen Mord begehen?“, fragte Bount.

„Nur wenn Sie sterben, bleibt Pablo am Leben. Ich wollte, es wäre nicht so, Mister Reiniger ...“

„Moment. Wenn ich richtig verstehe, haben die Menschenhändler mit Ihnen Kontakt aufgenommen.“

„Ja.“

„Und sie haben Ihnen gesagt, dass sie Pablo Ximbarro töten würden ...“

„Ja, das haben sie gesagt. Diese Teufel können das. Nicht einmal im Gefängnis ist Pablo vor ihnen sicher. Ich will nicht, dass Pablo stirbt. Ich liebe ihn. Diese Gangster würden ihn auf grausame Weise umbringen.

Und auch mich würden sie töten. Sie würden mich lange leiden lassen. Ich habe keine andere Wahl, Mister Reiniger.“

„Wie sind die Verbrecher mit Ihnen in Verbindung getreten?“, fragte Bount.

„Sie haben mich angerufen. Noch heute müssen Sie Ihr Leben verlieren, sonst erlebt Pablo den nächsten Morgen nicht.“

„Hat es einen Zweck, Ihnen zu sagen, dass diese Gangster nur bluffen? Solange sich Pablo in Polizeigewahrsam befindet, kann ihm niemand etwas antun.“

„Man kann Beamte bestechen“, presste Carmen heiser hervor.

„Die Menschenhändler haben Sie belogen“, behauptete Bount.

„Darauf kann ich mich nicht verlassen. Ich muss das Leben meines Freundes retten. Tut mir leid, Mister Reiniger...“

Carmen stach zu. Bount gelang eine blitzschnelle Körperdrehung. Die Klinge fegte an ihm vorbei. Er fing den Messerarm auf und hebelte ihn aus. Abermals schrie das Mädchen grell auf.

Das Springmesser entfiel ihrer Hand. Bount stieß Carmen Rodriguez in einen der Sessel und sagte hart: „Bleiben Sie sitzen. Versuchen Sie lieber nicht, aufzustehen. Ich hasse es, einem Mädchen wehtun zu müssen. Aber wenn es darum geht, mein eigenes Fell zu retten, springe ich über meinen Schatten.“

Carmen konnte die Tränen nicht mehr länger zurückhalten. Sie fing haltlos zu weinen an. Bount sammelte den Revolver und das Messer ein. Er warf einen Blick in Carmens Handtasche, durchsuchte das Mädchen, fand jedoch keine weitere Waffe.

„Sie hätten mich glatt umgelegt, nur um das Leben Ihres Freundes zu erhalten!“, stellte Bount Reiniger eiskalt fest. „Verrückt so etwas!“

„Diese Leute lassen mir doch keine andere Wahl!“

„Wenn ich Pech gehabt hätte, wären Sie jetzt bereits eine Mörderin!“, knirschte Bount.

Er dachte an Mister Smith. Der verfluchte Kerl handelte unwahrscheinlich schnell. Bount hatte sich von ihm nicht kaufen lassen, also fuhr er mit schwereren Geschützen auf.

Er setzte Carmen Rodriguez so schwer unter Druck, dass sie zu zerbrechen drohte. Und in ihrer panischen Verwirrung griff das Mädchen tatsächlich zur Waffe, um zu tun, was der Gangster von ihr verlangte.

„Wer sind die Leute, die Sie zu mir geschickt haben?“, fragte Bount.

„Ich kenne sie nicht.“

„Sie kündigten mir am Telefon an, Sie würden mir einiges über die Menschenhändler sagen.“

„Das sagte ich nur, damit ich zu Ihnen kommen durfte.“

„Dann haben Sie vermutlich auch keine Ahnung, wo Juan Cortez steckt.“

„Nicht die leiseste“, schluchzte Carmen. Mit tränenverhangenem Blick blickte sie Bount an. „Was werden Sie jetzt mit mir machen?“

„Ich übergebe Sie der Polizei. Ich kann Sie nicht laufen lassen. Sie haben versucht, mich umzubringen.“ Bount wollte das Mädchen aber nicht nur deshalb der Polizei übergeben. Er tat dies außerdem für Carmens Sicherheit, denn dieser Mister Smith konnte ihr ihren Misserfolg möglicherweise recht übelnehmen. Da war es für das Mädchen besser, wenn sie sich außerhalb seiner Reichweite befand.

Bount ging zum Telefon.

Carmen rührte sich nicht. Sie sprang nicht auf, lief nicht davon. Weinend und schrecklich unglücklich fügte sie sich in ihr Schicksal.

Bount rief das Police Headquarters an und verlangte das Büro von Captain Rogers. Toby war noch da. Bount berichtete dem Freund, was sich zugetragen hatte, und der Captain traf zehn Minuten später bei Reiniger ein, um das Mädchen in Empfang zu nehmen.

Es knisterte ein bisschen zwischen den Freunden, als Bount das Gespräch auf Juan Cortez brachte.

„Die Großfahndung läuft nach wie vor“, sagte Toby.

„Du verschwendest die Steuergelder“, sagte Bount.

„Das kannst du getrost meine Sorge sein lassen.“

„Warum bläst du die Aktion nicht ab, Toby?“, versuchte es Bount auf die versöhnliche Tour. „Wenn deine Kollegen hinter einem Polizistenmörder her sind, legen sie einen besonderen Eifer an den Tag. Die Sache könnte für Juan Cortez tödlich enden. Er wäre das Opfer eines Irrtums. Könntest du das verantworten?“

„Die Fahndung läuft weiter!“, erwiderte Toby.

„Dann kann ich nur hoffen, dass ich ihn vor euch finde“, meinte Bount Reiniger. „Und wenn ich ihn habe, kriegt ihr ihn nur zu meinen Bedingungen!“

Vier besondere Krimis Januar 2019

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