Читать книгу Vier besondere Krimis Januar 2019 - A. F. Morland - Страница 6

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ER WAR SEIN LEBEN LANG ein Gejagter. Er sah aus, als befände er sich ständig auf der Flucht. Und er hatte immer Angst. Doch in der Nacht vom 12. zum 13. September sollte es damit für immer zu Ende sein.

Der Sommer schickte sich an, sich allmählich zu verabschieden. Die Natur gefiel sich in stiller, verträumter Melancholie. Welkes Laub fiel auf die Straßen. Die Meteorologen prophezeiten nach einem miesen, zu kühlen Sommer einen angenehm milden Herbst.

Doch in New York würde man davon nicht allzu viel mitbekommen. Im größten Müllhaufen der Welt, wie die Stadt von denen, die sie liebten, genannt wurde, ging die Hetzjagd nach dem Dollar weiter. Dieses mörderische Karussell würde sich ewig weiterdrehen.

Dennoch war New York für viele Menschen ein Magnet, von dem sie sich unwiderstehlich angezogen fühlten. Auch der junge schwarzhaarige Mexikaner mit den dunklen Glutaugen war von dieser Weltstadt fasziniert.

Deshalb war er hierhergekommen. Illegal. Auf verborgenen Wegen, die gerissene Geschäftemacher heimlich erschlossen hatten, um sich an armen, unglücklichen Menschen zu bereichern.

Der hübsche schlanke Junge trug alte Hosen, schief gelaufene Schuhe und ein Hemd, an dem die Knöpfe fehlten. An einem schwarzen Lederriemen hing ein großes, vergoldetes Kreuz um seinen Hals.

Er blickte sich unsicher um. Vor wenigen Augenblicken hatte er das Gefühl gehabt, als wäre jemand hinter ihm her.

Wie ein Hase, den man im Kornfeld aufstöbert, so hatte er Reißaus genommen. Nun wollte er in die Freemont Street in Morrisiana einbiegen.

Doch plötzlich waren sie da!

Ihr Erscheinen war ein Schock für den Jungen. Entsetzt riss er die Augen auf. Die beiden vierschrötigen Männer schienen aus dem Boden gewachsen zu sein. Der Junge wich zitternd vor ihnen zurück.

„Hallo, Mex!“, sagte einer der beiden Gangster.

Der Junge starrte sie voller Furcht an. „Was wollen Sie?“, fragte er in schlechtem Englisch.

„Es gibt ein Problem, das wir regeln müssen“, antwortete der zweite Verbrecher. Er hatte Blumenkohlohren und eine eingeschlagene Nase.

Panik stieg in dem jungen Mexikaner hoch. Er begann zu schwitzen. Sein Atem ging schneller. Bestürzt beobachtete er, wie einer der Männer seine Hand in die Außentasche des Jacketts gleiten ließ.

Der Junge schüttelte verzweifelt den Kopf. Er wusste, dass er es mit Menschenjägern zu tun hatte. Er gab sich keiner Illusion hin. Sie würden es immer wieder schaffen, ihn zu stellen, wenn es ihm jetzt gelingen sollte, davonzurennen.

„Ich habe nichts getan!“, beteuerte der Junge.

„Da ist jemand aber ganz anderer Meinung“, widersprach der Kerl. „Du hast gegen gewisse Gesetze verstoßen. So dämlich kannst du doch nicht sein, dass du das nicht gemerkt hast!“

„Ich bin mir keiner Schuld bewusst.“

„Das sagt ihr alle. Wenn man euch im Griff behalten möchte, muss man ab und zu ein abschreckendes Exempel statuieren. Hinterher sind die andern für eine Weile wieder so klein mit Hut.“ Der Gangster zeigte mit Daumen und Zeigefinger etwa zwei Zoll.

Dem Jungen stockte der Atem. „Ihr wollt mich ...“ „Von wollen kann keine Rede sein. Wir müssen. Es ist unser Job, verstehst du? Persönlich haben wir nichts gegen dich. Wenn es nach uns ginge, könntest du hundert Jahre alt werden, aber ... Man kann nicht immer nur das tun, was einem Spaß macht.“

Der Killer zog die Hand aus der Jacketttasche.

Der Junge vernahm ein metallisches Klicken. Er sah die lange Stahlklinge aufschnappen und zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Verstört rang er die Hände.

„Ich flehe euch an, habt Mitleid!“

„Sorry, Mex“, sagte der Gangster und hob die Schultern. „Aber Mitleid ist etwas, das wir beide uns nicht leisten können!“

Er machte zwei schnelle Schritte auf den Jungen zu. Der Mexikaner wollte herumwirbeln, aber die Klinge war schneller. Wie ein Blitzstrahl flog sie auf ihn zu. Mit vernichtender Genauigkeit traf sie ihr Ziel.

Ein Leben, das aus Not, Flucht und Angst bestanden hatte, erlosch ...

Vier besondere Krimis Januar 2019

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