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BOUNT REINIGER TRACHTETE, mit Wilkie Lenning so rasch wie möglich das Feld zu räumen. Der Junge war für die Bullen im Moment ein rotes Tuch. Und nicht nur für die.

Auch der Sägewerksbesitzer hatte ihn angebrüllt: „Mann, was haben Sie mir denn da für eine verdammte Laus in den Pelz gesetzt? Sie sagten mir, mit dem Mex wäre alles in Ordnung. Dabei hatte er gefälschte Papiere.“

„Hätte ich das riechen sollen?“, hatte Wilkie ärgerlich zurückgegeben.

„Ich sehe den Burschen wahrscheinlich nie mehr wieder.“

„Freut Sie das denn nicht?“

„Und was wird aus dem Vorschuss, den mir der Bandit abgeluchst hat?“

„Wie viel?“ hatte Wilkie zornig gefragt.

„Nie wieder stelle ich in meinem Betrieb einen Mexikaner ein, das schwöre ich!“

„Nun sagen Sie schon, wie hoch der Vorschuss war, den Sie Juan Cortez gegeben haben!“

„Hundert Dollar.“

Wilkie hatte sein Scheckheft gezückt, den Betrag auf das Formular geschrieben und es dem Sägewerksbesitzer in die Hand gedrückt. „Hier! Und nun trocknen Sie sich die Tränen ab. Ich kann Männer nicht weinen sehen!“

Danach hatte Bount Reiniger seinen Mitarbeiter zum Mercedes bugsiert und war mit ihm abgefahren.

Jetzt schüttelte Bount lächelnd den Kopf. „Junge, neuerdings eckst du aber auch wirklich überall an. Was ist los mit dir?“

„Anscheinend sollte ich es bleiben lassen, irgendjemandem einen Gefallen zu erweisen. Es kommt nichts Rechtes dabei heraus.“

„Hast du dir schon überlegt, was nun aus Juan Cortez wird?“

„Ich denke pausenlos an ihn. Sie werden ihn so lange jagen, bis sie ihn haben. Und wenn wir bis dahin nicht seine Unschuld bewiesen haben, stecken sie ihn lebenslänglich ins Zuchthaus.“

„Schöne Aussichten“, sagte Bount. „Er hätte besser daran getan, in Mexiko zu bleiben. Selbst wenn es uns gelingt, zu beweisen, dass er den Cop nicht erschlagen hat, wird man ihn des Landes verweisen.“

„Vielleicht hat er noch eine Chance hierzubleiben“, sagte Wilkie.

„Ich sehe keine.“

„Er kam illegal in die Staaten. Er könnte uns helfen, den unbekannten Menschenhändlern das Handwerk zu legen. Wenn er sich dann als Kronzeuge der Anklage zur Verfügung stellt, wird sich der Staat für seine Hilfe bestimmt erkenntlich zeigen.“

Bount grinste. „Du magst den Jungen, was?“

„Sehr sogar. Und ich sehe nicht ein, warum gerade er von allen mit Füßen getreten wird.“

Bount fuhr die Dyckman Street hinunter. „Kelly McLean hat den Mexikaner angeschossen.“

„Ich weiß. Aber Juan kann nicht schwer verletzt sein.“

„Man kann auch an leichten Verletzungen zugrunde gehen, wenn sie nicht verarztet werden.“

„Juan wird es überstehen. Er ist noch nicht so verweichlicht wie viele Menschen in dieser Stadt. Er wird durchkommen.“

Bount Reiniger hielt den Mercedes in der Nicholas Avenue vor einer ampelgeregelten Kreuzung. „Weißt du, wo Juan gewohnt hat?“

Wilkie massierte seine Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger. Er tat es vorsichtig, denn die Schwellung, für die Gabbo Borgese und sein Team verantwortlich waren, war noch nicht ganz abgeklungen.

„Er nannte den Namen eines Freundes“, sagte Wilkie nachdenklich.

„Mexikaner?“

„Ja. Warte, es fällt mir gleich ein.“

Bount setzte den Wagen wieder in Gang, als die Ampel grün zeigte.

„Pablo“, sagte Wilkie gedehnt. Er neigte den Kopf vor, konzentrierte sich. „Pablo Ximbarro. Ja, so war der Name.“

„Wenn du imstande bist, mir auch die Adresse des Mexikaners zu nennen, schlage ich dich für die Verleihung irgendeines Verdienstkreuzes vor.“

„Ximbarro ist irgendwo in Morris Heights zu Hause. An der Long Island Rail Road.“

„Nichts wie hin. Der Junge muss doch zu finden sein“, sagte Bount Reiniger. Er lenkte den Wagen in die 181.Straße und fuhr wenig später auf der Washington Bridge über den Harlem River.

Als sie kurz darauf Morris Heights erreichten, erlebten sie nach der Razzia im Sägewerk die zweite Überraschung an diesem Vormittag.

Der Verkehr wurde umgeleitet. Bount fuhr an den Cop, der die Fahrzeuge in Richtung University Avenue dirigierte, heran.

„Weiterfahren. Nicht stehenbleiben!“, rief der Uniformierte.

Bount hielt seine Lizenz aus dem Fenster. „Was ist denn dort vorn los?“

„Ein Mexikaner steht auf dem Balkon seiner Wohnung und droht, sich und seine Freundin umzubringen, wenn wir ihn nicht abziehen lassen. Er hat keine Chance, das Gebäude ist umstellt.“

„Wer leitet die Aktion?“

„Lieutenant Myers von der City Police.“

Bount fuhr weiter. Er parkte den Mercedes bei der erstbesten Gelegenheit. Den Rest des Weges legten er und Wilkie zu Fuß zurück.

Von weitem sahen sie schon die Polizeifahrzeuge. Schaulustige drängten sich knapp dahinter. Bount und Wilkie durchbrachen die Copsperre und eilten zu Ron Myers, der mit der Waffe im Anschlag hinter seinem Dienstwagen stand und zu einem Balkon hinaufsah, auf dem ein junger Mann und ein schluchzendes, dickliches Mädchen standen.

Der Mann hielt ein Gewehr in seiner Hand. „Verschwindet!“, brüllte er. „Ich verlange freien Abzug! Wenn ihr mir den nicht garantiert, bringe ich meine Freundin und mich um!“

Bount legte Ron die Hand auf die Schulter. Der Lieutenant wandte den Kopf. „Hallo, Bount.“

Reiniger wies auf den Mexikaner. „Wer ist das?“

„Pablo Ximbarro. Es besteht der Verdacht, dass er keine Aufenthaltsbewilligung hat. Zwei Kollegen von der Einwanderungsbehörde wollten ihn abholen. Da drehte er durch.“

„Und was wird nun?“, erkundigte sich Bount Reiniger. „Lasst ihr ihn laufen?“, fragte Wilkie Lenning.

Ron Myers schüttelte den Kopf. Seine Miene verfinsterte sich. „Unmöglich. Wir werden ihn uns schnappen.“

„Das wird nicht ohne Blutvergießen abgehen“, sagte Bount. „Auf beiden Seiten.“

„Ihr könnt ihn doch nicht einfach abknallen!“, sagte Wilkie Lenning entrüstet.

Myers lächelte. „Wofür hältst du uns? Wir werden ihm kein Haar krümmen, solange er vernünftig bleibt. Er soll nur sehen, dass es sehr schlimm um ihn steht.“ „Und was passiert, wenn er die Nerven verliert?“, fragte Wilkie.

„Tja, dann ...“ Lieutenant Myers beendete den Satz nicht. Er hob nur die Schultern und schwieg.

„Lass es mich mit Ximbarro versuchen, Ron“, bat Bount Reiniger.

Der Lieutenant schüttelte entschieden den Kopf. „Kommt nicht in Frage, Bount. Der Bursche ist in einer furchtbaren Verfassung. Der macht dich kalt, wenn du ihm zu nahe kommst.“

„Wir sind seinetwegen hier“, sagte Reiniger. Er berichtete, was sich im Sägewerk abgespielt hatte. „Wir brauchen ihn. Wenn einer deiner Scharfschützen einen nervösen Zeigefinger hat, können wir Ximbarro keine Fragen mehr stellen.“

Ron nagte nachdenklich an seiner Unterlippe. „Wenn etwas schiefgeht, zerreißt mich Toby in der Luft, ist dir das klar?“

„Es wird nichts schiefgehen.“

„Na schön, Bount. Versuch dein Glück.“

„Danke, Ron“, sagte Bount.

„Warum haut ihr verdammten Bullen nicht endlich ab?“, brüllte Pablo Ximbarro. Seine Stimme überschlug sich. Sein linker Arm war um die Mitte seiner Freundin geschlungen. Sie weinte, aber sie schien entschlossen zu sein, mit Pablo in den Tod zu gehen, wenn es sein musste.

Bount trat hinter Ron Myers’ Dienstwagen hervor. „Pablo!“, rief er mit kräftiger Stimme.

„Wer bist du?“, fragte der Mexikaner.

„Ich heiße Bount Reiniger. Ich bin Privatdetektiv. Ich möchte mit dir reden.“

„Nichts da. Du willst mich hereinlegen, Schnüffler. Du bist genauso wie diese Bullen da!“

Bount zog sein Jackett aus, legte es zusammen und deponierte es auf der Motorhaube des Polizeifahrzeuges. Pablo Ximbarro konnte die Schulterhalfter sehen, in der Bounts 38er Automatic steckte.

Bount Reiniger zog die Pistole heraus und legte sie auf sein Jackett. Ximbarro konnte es genau beobachten. Nun spreizte Bount die Arme ab.

„Ich bin unbewaffnet, Pablo!“

„Bleib, wo du bist, Reiniger, wenn du an deinem Leben hängst!“

Bount setzte einen Fuß vor den andern. Langsam näherte er sich dem Gebäude, in dem Pablo Ximbarro wohnte. Der Mexikaner richtete das Gewehr auf Bount Reiniger.

„Verdammt, Reiniger, hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?“

„Verlier nicht die Nerven, Pablo. Deine Lage ist schon schlimm genug. Mach sie nicht noch schlimmer.“ Bount ging Schritt um Schritt weiter.

Eine Feuerleiter führte an Ximbarros Balkon vorbei. Auf sie ging Reiniger zu. Seine Nerven vibrierten. Der Mexikaner war in Panik. Niemand konnte vorhersehen, was der Mann in der nächsten Sekunde tat.

Bount erreichte die Leiter. „Ich komme jetzt zu dir hinauf, Pablo.“

„Bleib unten. Ich warne dich. Du handelst dir eine Kugel ein. Ich schieße dir deinen verfluchten Schädel von den Schultern!“

„Hast du den Namen Wilkie Lenning schon mal gehört?“, fragte Bount ungerührt. „Er steht dort hinten. Er ist mein Freund und Mitarbeiter. Wir kamen hierher, weil wir mit dir über Juan Cortez reden wollten. Von diesem Polizeiaufgebot hatten wir keine Ahnung. Vielleicht hat Juan es dir erzählt: Wilkie hat deinem Freund einen Job verschafft. In einem Sägewerk ...“

Bount erklomm die erste Sprosse. Pablo Ximbarro beugte sich mit dem Gewehr über die Balkonbrüstung.

„Leg’ die Waffe weg“, verlangte Bount Reiniger. „Ich bin dein Freund. Ich bin sicher, du willst nicht wirklich sterben. Du hängst trotz allem an deinem Leben. Wie wir alle. Bestimmt würde auch deine Freundin viel lieber am Leben bleiben, als mit dir gemeinsam in einen sinnlosen Tod zu gehen. Was würde dein Ende nützen? Wem würde es nützen?“

„Ich hätte endlich Frieden!“, schrie Ximbarro verzweifelt.

Bount kletterte weiter. „Pablo, dein Freund Juan steckt noch tiefer in der Klemme als du. Die Polizei ist der Ansicht, dass er einen Cop erschlagen hat.“

„Juan? So etwas würde der niemals tun.“

„Das weiß ich. Und Wilkie Lenning weiß es auch. Wir wollen ihm helfen. Juan wurde angeschossen. Aber es gelang ihm zu fliehen ...“

Bount erreichte die letzte Sprosse der Leiter. Pablo Ximbarro starrte ihm unschlüssig in die Augen. Und dann brach er zusammen. Er ließ das Gewehr fallen, schlug beide Hände vors Gesicht und schluchzte: „Ich kann es nicht. Ich kann auf keinen Menschen schießen!“

„Das spricht für dich, Pablo“, sagte Bount. Er atmete auf. Obwohl er sich kühl und überlegen gegeben hatte, war er innerlich doch ziemlich erregt gewesen. Es tat gut, sich von diesem nervlichen Stress zu erholen.

Bount hob das Gewehr auf. Pablo Ximbarro würde auch deswegen Schwierigkeiten kriegen. Unerlaubter Waffenbesitz - aber was machte das bei alldem anderen noch aus, was man ihm anhängen würde.

Dennoch war es immer noch besser, als tot zu sein, denn das wäre der Mexikaner schon bald gewesen, wenn er nicht Vernunft angenommen hätte.

Das dickliche Mädchen umarmte Pablo. „Du bist ein guter Mensch“, sagte sie. „Ich liebe dich. Es wird alles wieder gut werden.“

Nichts würde für die beiden gut werden. Bount wusste es.

Pablo würde das Land verlassen müssen, und wenn das Mädchen keine Aufenthaltsgenehmigung hatte, würde sie die Reise mit ihm antreten. Es gab schließlich Behörden und Gesetze.

Bount drehte sich um, nachdem er die Balkonbrüstung überklettert hatte. Er machte in Ron Myers’ Richtung ein Zeichen. Der Lieutenant wusste nun, dass alles okay war.

Die Chose war gelaufen. Pablo Ximbarro würde keine Schwierigkeiten mehr machen. Ron konnte den Einsatz abblasen.

Der schlaksige Lieutenant tauchte hinter seinem Dienstwagen auf. Er gab die entsprechenden Befehle. Die Uniformierten steckten ihre großkalibrigen Revolver weg.

Die Aufregung war vorbei.

Die beiden Beamten, die gekommen waren, um Pablo Ximbarro abzuholen, versuchten ihr Glück noch einmal. Sie klopften an die Wohnungstür.

Bount blickte das Mädchen an. Sie war schwarzhaarig, hatte leidenschaftliche Augen und ein hübsches Gesicht. „Wie ist Ihr Name?“, fragte Reiniger.

„Carmen. Carmen Rodriguez.“

Bount wies auf die Tür. „Öffnen Sie, Carmen.“

Ximbarros Freundin zögerte.

„Es bleibt Ihnen nicht erspart“, sagte Bount.

Pablo Ximbarro ließ die Hände sinken. Er nickte. „Tu, was Mister Reiniger sagt. Es bleibt uns keine andere Wahl.“ Er wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen.

„Sie sind illegal hier?“, fragte ihn Bount.

„Ich fürchte ja“, gab Pablo Ximbarro zu. „Was ist mit Juan? Stimmt das, was Sie vorhin gesagt haben, Mister Reiniger?“

„Leider ja“, sagte Bount.

Carmen verließ den Balkon. Inzwischen setzten sich unten die Cops in ihre Fahrzeuge. Ron Myers berichtete an die Zentrale.

„Juan hat den Polizisten nicht umgebracht“, sagte Pablo.

„Ich weiß. Aber die Tatsachen sprechen gegen ihn. Er stand neben der Leiche. Mit der Tatwaffe in der Hand. Für Lieutenant McLean war die Situation eindeutig. Als er Ihren Freund verhaften wollte, rückte dieser aus. McLean hat Juan angeschossen. Es ist möglich, dass der Junge einen Arzt braucht. An wen würde er sich in diesem Fall wenden?“

Ximbarro schüttelte den Kopf. „Es gibt keinen Doktor, dem Juan in seiner Situation trauen würde.“

„Was wird er tun?“

„Ich weiß es nicht. Er wird sich irgendwo verkriechen.“

„Wenn ich ihm helfen soll, muss ich wissen, wo er steckt, Pablo“, sagte Bount Reiniger eindringlich.

Pablo Ximbarro blickte ihn düster an. „Vielleicht haben Sie wirklich die Absicht, Juan zu helfen, aber Sie können es nicht. Auch Ihnen bindet das Gesetz die Hände. Wenn Sie dagegen verstoßen, sind Sie Ihren Job los. Niemand kann Juan Cortez helfen. Das kann er nur selbst.“

„Pablo, ich glaube, Sie missverstehen die Lage Ihres Freundes. Man jagt ihn nicht, weil er illegal in die Staaten gekommen ist, sondern weil er dringend der Tat verdächtigt ist, einen Cop erschlagen zu haben. Mit Polizistenmördern wird nicht gerade zart umgesprungen, das können Sie sich sicher denken. Es wäre sehr wichtig, dass ich Juan vor der Polizei finde und seine Unschuld beweise.“

„Und was dann?“

„Dann hat er wenigstens keine Mordanklage am Hals.“

„Aber man wird ihn abschieben.“

„Vielleicht lässt sich auch da noch etwas regeln.“

„Das glaube ich nicht“, sagte Pablo Ximbarro.

Die beiden Beamten von der Einwanderungsbehörde erschienen. „Mister Ximbarro, wir müssen Sie bitten mitzukommen.“

Der Mexikaner schüttelte den Kopf. „Was ist das nur für ein Land? Ich bin mit der Absicht hierhergekommen, fleißig und arbeitsam zu sein. Ich wollte hier ein Leben führen, das niemandem Grund zu klagen gibt. Ich wollte nichts weiter als ein bisschen Frieden und Glück. Ist das zu viel verlangt von einem Mexikaner?“

„Sie haben gegen die Gesetze dieses Landes verstoßen“, sagte Bount. „Das darf auch von uns niemand.“

„Es sind mexikanerfeindliche Gesetze, Mister Reiniger.“

Bount hob die Schultern. „Ich habe sie nicht geschaffen. Mein Job ist es - ebenso wie der der Polizei -, darauf zu achten, dass niemand die Gesetze verletzt.“

„Können wir gehen?“, fragte einer der beiden Beamten.

Ximbarro blickte Bount an. „Sind wir miteinander fertig, Mister Reiniger?“

„Ich weiß immer noch nicht, wo ich nach Juan Cortez suchen soll“, gab Bount zurück.

„Tut mir leid. Das kann ich Ihnen nicht sagen.“

„Wie ist Juan in die Staaten gekommen? Auf welchem Weg? Wer sind die Männer, die ihm für viel Geld zu dieser illegalen Einreise verholfen haben? Wo befinden sich diese Kerle? Was sind das für Leute, Pablo? Ich bin sicher, Sie wissen es, denn auch Sie fielen diesen verdammten Menschenhändlern in die Hände. Sagen Sie mir, was Sie wissen. Sie könnten damit verhindern, dass diese Gangster noch mehr von Ihren Landsleuten ins Unglück stürzen.“

Pablo Ximbarro hob den Kopf und schob sein Kinn vor. „Ich werde Ihnen nichts sagen, Mister Reiniger.“ „Haben Sie Angst?“

„Vielleicht.“

„Die Polizei wird Sie schützen.“

„Vor diesen Leuten kann einen niemand schützen. Sie haben mich durchschaut, Mister Reiniger. Sie sagten, auch ich würde am Leben hängen. Es stimmt. Ich hätte es nicht fertiggebracht, Carmen und mich zu erschießen. Ich will leben. Deshalb werde ich schweigen. Was man auch immer mit mir anstellen wird, ich werde nichts sagen, weil ich nicht sterben möchte.“ Pablo Ximbarro wandte sich an die Beamten der Einwanderungsbehörde. Er nickte. „Gehen wir.“

Die Männer nahmen ihn in ihre Mitte. „Leb wohl, Pablo“, sagte Carmen Rodriguez mit tränenerstickter Stimme.

Pablo blickte sie wehmütig an. „Vielleicht komme ich wieder. Illegal. Ich werde sparen.“

„Ich werde auf dich warten“, sagte Carmen.

Dann führten die Beamten Pablo Ximbarro ab. „Kann ich irgendetwas für Sie tun?“, erkundigte sich Bount Reiniger.

„Ja“, sagte das Mädchen leise. „Lassen Sie mich allein.“

Bount verließ die Wohnung. Als er das Treppenhaus erreichte, hörte er, wie Carmen Rodriguez laut zu weinen begann.

Als Bount mit dem Gewehr aus dem Haus trat, kamen ihm Wilkie Lenning und Lieutenant Ron Myers entgegen.

„Gratuliere, Bount“, sagte Wilkie. „Du hast großartig gepokert. Du hast auf uns alle eiskalt gewirkt. Völlig Herr der Lage. Damit hast du den Mexikaner in die Knie gezwungen.“

„Ich wollte, ich hätte es nicht tun müssen“, sagte Bount seufzend. „Es gibt so viele Verbrecher in dieser Stadt. Warum muss das Schicksal ausgerechnet diesem Mann einen schmerzhaften Tiefschlag versetzen. Manchmal geht es auf der Welt schon reichlich ungerecht zu, findet ihr nicht auch?“

Bount übergab dem Lieutenant das Gewehr des Mexikaners.

„Danke, Bount“, sagte Ron.

„Wofür?“

„Du hast ein mögliches Blutbad verhindert. Darauf kannst du mit Recht stolz sein.“

„Bin ich aber nicht. Denn ich habe mitgeholfen, Pablo Ximbarro unglücklich zu machen.“

„Hat er dir gesagt, wo wir Juan Cortez finden können?“, wollte Wilkie Lenning wissen.

Bount schüttelte den Kopf. „Er sagte, er wisse es nicht. Aber ich glaube, er hätte es mir nicht einmal dann gesagt, wenn er es gewusst hätte. Er hat das Vertrauen zu den Menschen dieses Landes verloren. Ich kann es ihm nicht verdenken.“

Vier besondere Krimis Januar 2019

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