Читать книгу Drei Mörder im Paket: Sammelband 3 Krimis - A. F. Morland - Страница 13
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ОглавлениеBount Reiniger stoppte seinen silbergrauen Mercedes 450 SEL.
Riverdale. Endstation. Bount faltete sich aus dem Fahrzeug. Links breitete sich das weite Baustellenareal aus. Rechts stand das Haus, in dem Barbara Holland wohnte. Im Moment kümmerte sich Reiniger um links. Vier Streifenwagen standen mit zuckenden Rotlichtern am Fahrbahnrand. Dazu kamen ein Ambulanzwagen, ein Leichenwagen und der Kastenwagen der Mordkommission. Eine eindrucksvolle Kolonne. Dazwischen blaue Uniformen, Cops. Ihre Gesichter waren ernst und wirkten abgestumpft. Wieder mal eine Leiche. Das gehörte zu ihrem Job. Sie empfanden schon lange nichts mehr dabei.
Bount gab der Tür seines Wagens einen Schubs. Sie fiel mit einem satten Geräusch zu. Auf der Baustelle waren Standscheinwerfer aufgebaut worden, die den Tatort taghell ausleuchteten.
Bount Reiniger zündete sich eine Pall Mall an und stakte dann auf die gleißende Scheinwerfergruppe zu. Der Wind nahm ihm den Rauch von den Lippen und zerfaserte ihn sogleich.
Gedämpfte Rufe. Befehle vielleicht. Bount konnte die Worte nicht verstehen. Er war noch zu weit entfernt. Jemand rief: „Falls sich Journalisten anschleichen, sofort abwimmeln!“ Die Stimme war Reiniger bekannt. Sie gehörte Ron Myers, dem Lieutenant der Mordkommission Manhattan C/II.
Bount hielt sofort auf Ron zu. Ein stattlicher Cop versperrte ihm den Weg. Der Mann hatte ein schwieliges Gesicht und unfreundliche Augen. „Sie machen am besten gleich wieder kehrt, Mister!“, sagte er zu Bount.
„Wenn Sie sich noch nie geirrt haben – diesmal tun Sie’s“, gab Reiniger zurück. Er fand, dass seine saure Reaktion ihre Berechtigung hatte. Wie man in den Wald ruft, so hallt es wider ...
„Mann, machen Sie mir bloß keinen Ärger“, erwiderte der Cop.
„Ich möchte mit Lieutenant Myers sprechen!“
„Der hat jetzt keine Zeit für Sie.“
„Wetten doch?“
Trotz der Dunkelheit konnte Bount sehen, dass das Gesicht des Cops sich tomatenrot verfärbte. „Also jetzt reicht’s mir aber.“
„Mir auch.“
„Damit kommen Sie bei mir nicht durch. Wenn Sie nicht auf der Stelle abhauen, finde ich einen Grund, um Sie für vierundzwanzig Stunden festzunehmen. Wegen ungebührlichen Benehmens zum Beispiel. Wie würde Ihnen das gefallen?“
„Absolut nicht.“
„Dann ziehen Sie bei gutem Wind Leine ...“
Bount trat einen Schritt zur Seite. Im selben Moment wandte sich der schlaksige Lieutenant im Lichtkegel eines Scheinwerfers um. Er rief: „He, Sergeant Reyner! Gibt’s Schwierigkeiten?“
Reyner war der Brocken, der sich vor Bount aufgebaut hatte. „Nein, Sir“, gab er zurück, den Kopf halb nach hinten gedreht. „Das ist gleich erledigt!“
Bount nickte grinsend. „Endlich mal ein wahres Wort aus Ihrem Mund.“ Mit gleichmütiger Miene ging er an dem Cop vorbei.
Reyner wollte mit einem Donnerwetter loslegen, aber da kam Ron Myers zu ihnen. Als der Lieutenant den Detektiv erkannte, lachte er herzlich. „Bount ...“ Erfreut streckte Myers dem Freund die Hand entgegen. Zu Reyner gewandt sagte Ron: „Es ist gut, Sergeant. Das ist Bount Reiniger ...“
Reyner zog die Mundwinkel nach unten. Verärgert brummte er: „Warum hat er das nicht gleich gesagt.“
„Sie ließen mich ja nicht zu Wort kommen“, gab Bount zurück.
„Von wegen nicht zu Wort kommen. Und all die Frechheiten, die Sie losgeworden sind?“
„Nun vertragt euch wieder“, ging Ron als Schiedsrichter dazwischen. Reyner ließ schnaufend Dampf ab, und er verkniff sich jedes weitere Wort. Myers nahm Bount zu den Standscheinwerfern mit. Die Männer von der Spurensicherung krebsten auf dem Boden herum. Der Polizeifotograf schoss seine Aufnahmen.
Außerdem fotografierte er alles, was ihm die Spurensicherungsleute zeigten. In mühevoller Kleinarbeit wurde das, was für die Aufklärung des Falles von Wichtigkeit sein konnte, zusammengetragen.
„Fleißig wie die Ameisen, deine Leute“, lobte Bount.
„Es ist immer dieselbe Arbeit, die sie tun. Nur der Ort, an dem sie’s tun, ändert sich.“
„Wo ist June?“, fragte Bount.
Myers wies auf das gegenüberliegende Haus. Die meisten Fenster waren erhellt. Neugierige Leute lehnten auf den Fensterbänken. Einige von ihnen verwendeten sogar Ferngläser, um besser sehen zu können. Alles erstklassige Logenplätze. „June ist bei Barbara Holland. Toby ist auch oben.“
Bount wies auf Rons Gesicht. „Du hast auch schon mal besser ausgesehen.“
„Ich werde bald mehr Falten haben als Charles Bronson. Das kommt von den vielen Überstunden. Mein Dienst wäre längst zu Ende, aber wen kümmert das schon? Die anfallende Arbeit muss bewältigt werden. In welcher Zeit, ist uninteressant.“'
„Darf ich mir den Toten ansehen?“, fragte Bount.
„Natürlich.“
Reiniger trat an die Leiche.
Ron sagte neben ihm mit gedämpfter Stimme: „Jeder Schuss eine absolut tödliche Sache. Profiarbeit.“
Noch einen Zug von der Zigarette. Dann schnippte Bount Reiniger die Pall-Mall-Kippe fort. Verwundert sagte er zu Ron: „Ist das nicht Robert Vicker, der neue Boxstern im Halbschwergewicht?“
Myers nickte. „Er ist es.“
„Wann immer er in den Ring stieg, heimste er gute Kritiken von der Sportpresse ein. Er war ein Klassefighter. Ich habe selbst ein paar ausgezeichnete Kämpfe mit ihm gesehen. Er hatte einen unwahrscheinlichen Punch.“
„Und nun ist er tot“, sagte der Lieutenant nüchtern.
„Er hatte nur einen einzigen Nachteil. Es gab bei ihm hin und wieder eine Formschwankung, die sich keiner erklären konnte. Der Gegner, den er heute mit seinen Fäusten atomisierte, konnte ihn vielleicht schon morgen mit einem einzigen Hammer zum Mond hinaufschießen.“
„Wir haben alle unsere guten und schlechten Tage“, bemerkte Ron.
„Das ist richtig. Aber bei einem Klasseboxer wie Robert. Vicker hätte sich das nicht so krass auswirken dürfen.“ Bount musterte das sommersprossenübersäte Gesicht des Lieutenants. „Was meinst du, wird es schwierig sein, Vickers Mörder zu kassieren?“
Ron hob die Schultern und sog die Luft geräuschvoll ein. „Wie’s im Moment aussieht – bestimmt. Bount, du kennst dich doch im Boxgeschäft einigermaßen aus ...“
Reiniger wiegte den Kopf. „Ich kenne ein paar Namen.“
„Sag mir, wer hat einen Grund, Robert Vicker abtreten zu lassen?“
Bount stieß seinen Zeigefinger gegen Myers’ Brust. „Das herauszufinden ist dein Job.“