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(2) Rechtslage bei Vorausabtretung

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Eine Abtretung kann auch in Bezug auf künftige Forderungen vereinbart werden. Dies ergibt sich aus § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 2: Wenn die Verfügung eines Nichtberechtigten wirksam wird, wenn er das Recht später erwirbt, muss eine solche Verfügung auch von Anfang an für diesen Fall vereinbart werden können.[34] Auch hier muss der Forderungskreis so genau beschrieben werden, dass die Forderung bei ihrer Entstehung eindeutig der Abtretung zugeordnet werden kann.[35]

Beispiel 1

Als klassischer Fall kann uns wieder der „verlängerte Eigentumsvorbehalt“ dienen, bei dem der Händler seinem Lieferanten die Kaufpreisforderungen gegen seine Abnehmer aus Weiterveräußerung der gelieferten Ware abtritt. Anhand der Vereinbarung lässt sich eindeutig bestimmen, welche Forderungen erfasst werden, nämlich nur (1) Forderungen aus Kaufverträgen (2) des Händlers (3) mit seinen Abnehmern (4) über die „gelieferte Ware“. Forderungen des Händlers wegen des Verkaufs anderer Waren fallen also nicht unter die Abtretungsvereinbarung. Zu unbestimmt und deswegen wirkungslos wäre eine Vereinbarung, wonach künftig entstehende Forderungen gegen „Premiumkunden“ abgetreten werden. Hier lässt sich anhand der Bezeichnung „Premiumkunde“ der jeweilige Schuldner nicht hinreichend sicher bestimmen.

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Entsprechend § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 2 wird die Vorausabtretung erst in dem Moment wirksam, in dem der Zedent die Forderung erwirbt.[36] Erst dann kann das verwirklicht werden, was § 398 S. 2 beschreibt, nämlich, dass der Zessionar an die Stelle des alten Gäubigers (Zedenten) tritt.[37] Die §§ 398, 413 erlauben die Übertragung von Forderungen und anderen Rechten, aber nicht die Abtretung von Erwerbsaussichten.[38] Der Zedent muss also zumindest für eine juristische Sekunde selbst die Gläubigerstellung einnehmen, um überhaupt etwas abtreten zu können. Im Grundsatz führt die Vorausabtretung also zu einem „Durchgangserwerb“ vom Zedent zum Zessionar.

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Kein Durchgangserwerb, sondern Direkterwerb des Zessionars soll aber dann gelten, wenn der Zedent bei Abtretung schon mehr hat als eine bloße Erwerbsaussicht: Bei aufschiebend bedingt begründeten Forderungen ist die Forderung vor Bedingungseintritt zwar noch nicht entstanden. Es existiert aber schon ihre Rechtsgrundlage, weshalb § 161 bereits Verfügungen über ein derart angelegtes Recht gestattet. Daraus folgt, dass eine bedingt begründete Forderung vor Bedingungseintritt wirksam abgetreten werden kann mit der Folge, dass der Zessionar die Forderung direkt erwirbt, wenn die Bedingung eintritt.[39]

Beispiel

V hat mit K einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über sein Grundstück abgeschlossen, das V an den M vermietet hat. Gleichzeitig wurde die Auflassung erklärt. Mit Eintragung im Grundbuch (vgl. § 873) tritt K gem. §§ 566, 578 in die Rechte und Pflichten des zwischen V und M bestehenden Mietverhältnisses ein. Tritt K seine künftigen Mietforderungen gegen den M vor Eintragung an den C ab, wird C bei Eintragung des K unmittelbar Gläubiger der ab diesem Zeitpunkt fälligen Mietforderungen.

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Bei der Vorausabtretung künftiger Forderungen gilt ebenfalls das Prioritätsprinzip, obwohl dies nicht zwingend erscheint: Schließlich hat der Zedent bei der Vorausabtretung selbst noch keine Forderung und damit noch keine Verfügungsmacht. Man kann sich das Prioritätsprinzip hier aber wieder damit erklären, dass der Gläubiger mit der ersten Vorausabtretung seine künftige Verfügungsmacht „verbraucht“ hat. Wenn der Gläubiger eine bestehende Forderung nur einmal abtreten kann, kann er diese Verfügung auch im Voraus nur einmal treffen. Dies finden Sie im Gesetz in § 185 Abs. 2 S. 2 wieder.

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Die Verfügungsmacht kann dem Gläubiger ausnahmsweise kraft Gesetzes entzogen worden sein. Dieser hat dann trotz Gläubigerstellung keine Verfügungsbefugnis.

Beispiele

Anordnung der Nachlassverwaltung (§ 1984 Abs. 1 S. 1), Testamentsvollstreckung (§ 2211 Abs. 1), Pfändung der Forderung (§ 829 ZPO) oder auch nach der Insolvenzordnung wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Gläubigervermögen (§§ 80, 81 InsO).

Dann sind kraft Gesetzes besondere Verwalter bestimmt, die anstelle des Gläubigers zur Verfügung berechtigt sind.

Schuldrecht Allgemeiner Teil I

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