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(2) Vertraglich vereinbartes Abtretungsverbot (§ 399 Var. 2)

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Nach § 399 Var. 2 kann die Abtretung durch Vereinbarung zwischen dem bisherigen Gläubiger und dem Schuldner ausgeschlossen worden sein. Nach ganz h.M. stellt die zweite Variante des § 399 eine Ausnahme zu § 137 S. 1 dar. Nach § 137 S. 1 kann einer Person ihre Macht zur Verfügung über ihr zustehende Rechte durch Vertrag nicht genommen werden. Dies erlaubt § 399 Var. 2 aber für Forderungen. Die Forderung ist bei vereinbartem Abtretungsverbot also – wie in den sonstigen Fällen der §§ 399, 400 – ein unübertragbares Recht. Dies wird mit dem Wortlaut „kann nicht abgetreten werden“ eingangs des § 399 begründet.[49]

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Das Zustandekommen einer Vereinbarung über ein Abtretungsverbot folgt den allgemeinen Regeln.[50]

Die Vereinbarung über das Abtretungsverbot kann formlos geschlossen und auch in AGB wirksam vereinbart werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder besondere Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen. Dann verstößt das Abtretungsverbot gegen § 307 Abs. 1 S. 1 und ist wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners unwirksam.[51]

Beispiel[52]

A beliefert B mit Baustoffen unter verlängertem Eigentumsvorbehalt. Darin lässt sich A die Werklohnforderungen in Höhe des Rechnungswertes abtreten, die B gegen seine Auftraggeber wegen Bauleistungen hat, bei denen Baustoffe des A verwendet wurden. Einen Teil der von A gelieferten Baustoffe verwendete B für die Errichtung eines Wohnhauses für die C GbR. In dem zwischen B und C geschlossenen Werkvertrag – einem von C gestellten Mustertext – heißt es: „Forderungsabtretungen sind unzulässig.“ Da B Rechnungen der A für die Baustofflieferungen nicht bezahlt, macht A Werklohnforderungen gegen C aus abgetretenem Recht des B geltend. C meint, die Abtretung sei wegen vereinbarter Unabtretbarkeit der Werklohnforderungen des B unwirksam.

Das vereinbarte Abtretungsverbot verstößt nicht gegen die guten Sitten und ist deswegen nicht nach § 138 Abs. 1 nichtig. Schließlich macht die C damit von einem in § 399 Var. 2 gesetzlich eröffneten Instrument Gebrauch. Möglicherweise benachteiligt die von C gestellte Klausel aber den B unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 S. 1 unwirksam. Dies ist dann der Fall, wenn ein schützenswertes Interesse der C an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder besondere Belange des Vertragspartners (B) an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen. Bei einem Abtretungsverbot geht es dem Verwender mangels sonstiger Anhaltspunkte regelmäßig darum, für eine klare und übersichtliche Vertragsabwicklung zu sorgen. Dieses Interesse ist schützenswert, da ihm andernfalls eine Inanspruchnahme durch unbekannte Neugläubiger droht, deren Berechtigung erst geklärt werden muss.[53] Ein das schützenswerte Interesse der C GbR überwiegender Belang des B kann nicht allein darin gesehen werden, dass dieser als Werkunternehmer vorleistungspflichtig und darum regelmäßig auf Lieferantenkredite angewiesen ist, um den Vertrag mit der C GbR überhaupt erfüllen zu können. Dies ist wegen § 641 die typische Interessen- und Sachlage beim Werkvertrag. Wenn man dies ausreichen lässt, würde man für den gesamten Bereich des Werkvertragsrechts ein Klauselverbot begründen und damit die berechtigten Interessen des Bestellers verkürzen. Die Kollision mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt genügt daher nicht, um eine unangemessene Benachteiligung zu bejahen.[54] Die Abtretung ist damit in Bezug auf die gegen C gerichtete Werklohnforderung unwirksam.

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Das Abtretungsverbot kann einmal uneingeschränkt („Die Abtretung von Ansprüchen aus diesem Vertrag ist ausgeschlossen“) oder unter Zustimmungsvorbehalt vereinbart werden („Die Abtretung von Ansprüchen aus diesem Vertrag bedarf zu ihrer Wirksamkeit unserer Zustimmung“). Auch im letzteren Fall ist eine Abtretung – wenn sie ohne Zustimmung des Schuldners erfolgt – endgültig unwirksam.[55]

Allerdings darf der Schuldner seine Zustimmung zur Abtretung des Gläubigers nicht unbillig verweigern.[56] Wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot im Einzelfall nicht mehr besteht oder besondere Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders nachträglich überwiegen, muss der Schuldner der Abtretung zustimmen. Er kann sich ab dem Moment, wo diese Voraussetzungen vorliegen, nach § 162 Abs. 1 nicht mehr auf die fehlende Zustimmung berufen.

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Ein vertraglich wirksam vereinbartes Abtretungsverbot steht in zwei Sonderfällen der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen:

Nach § 354a Abs. 1 S. 1 HGB ist die Abtretung einer Geldforderung in bestimmten Fällen trotz wirksam vereinbarten Abtretungsverbotes wirksam. Die Vorschrift lautet:

Ist die Abtretung einer Geldforderung durch Vereinbarung mit dem Schuldner gemäß § 399 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen und ist das Rechtsgeschäft, das diese Forderung begründet hat, für beide Teile ein Handelsgeschäft, oder ist der Schuldner eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen, so ist die Abtretung gleichwohl wirksam.

Die Vorschrift ist im nichtkaufmännischen Verkehr mangels planwidriger Regelungslücke nicht analog anwendbar.[57]

§ 354a Abs. 1 S. 1 HGB löst damit im kaufmännischen Verkehr den Konflikt zwischen einem vereinbarten Abtretungsverbot und einer Vorausabtretung – insbesondere in verlängerten Eigentumsvorbehalten – zugunsten des Gläubigers einer Geldforderung auf. Ihm soll damit die Möglichkeit erhalten bleiben, Waren unter verlängertem Eigentumsvorbehalt beziehen zu können, auch wenn er Abtretungsverbote seiner Kunden „schlucken muss“.

Hinweis

§ 354a Abs. 2 HGB macht davon aber sogleich wieder eine Ausnahme: Danach gilt die Regelung in § 354a Abs. 1 HGB nicht für eine Forderung aus einem Darlehensvertrag, deren Gläubiger ein Kreditinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) ist.

Außerdem soll ein vereinbartes Abtretungsverbot dann gegenüber einem ahnungslosen Zessionar[58] keine Geltung beanspruchen, wenn der Schuldner über die Forderung eine Urkunde ausgestellt hat, die dazu schweigt und wenn die Abtretung unter Vorlage dieser Urkunde vorgenommen wurde, § 405 Var. 2.

Hinweis

Vor der Pfändung und Überweisung einer Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung nach §§ 829, 835 f. ZPO vermag ein vereinbarter Abtretungsausschluss ebenfalls nicht zu schützen, § 851 Abs. 2 ZPO.

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Ist eine Abtretung wegen Verstoßes gegen § 399 Var. 2 eigentlich unwirksam, gibt es eine Heilungsmöglichkeit, indem sich der Schuldner nachträglich mit der vereinbarungswidrigen Abtretung einverstanden erklärt.

Umstritten ist dabei allerdings, ob eine solche „Genehmigung“ analog §§ 184, 185 Abs. 2 auf den Zeitpunkt der Abtretung zurückwirkt („ex tunc“) oder erst für den Zeitpunkt der Genehmigung, also „ex nunc“ wirksam ist. Nach wohl h.M. handelt es sich bei der „Genehmigung“ des Schuldners letztendlich um eine Annahme des durch Abtretung des Gläubigers schlüssig erklärten Angebots zur Aufhebung des vertraglich vereinbarten Abtretungsverbotes. Die einvernehmliche Aufhebung wirkt ex nunc und nicht zurück.[59] Gegen eine Anwendung der §§ 184, 185 Abs. 2 spricht entscheidend, dass der Schuldner gerade nicht der Berechtigte ist, dessen Genehmigung § 185 Abs. 2 aber voraussetzt.[60]

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