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Erstes bis viertes Bändchen
IV
Jean Taureau

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Wir haben gesagt, derjenige den den fünf Trinkern, welcher Karten verlangt und sich selbst mit dem Namen Taureau5 getauft, – welcher Name übrigens äußerst passend für seinen Körperbau zu sein schien, habe nur auf eine günstige Gelegenheit. um seinen Zorn anbrechen zu lassen, gewartet.

Die Gelegenheit bot sich bald.

Wir hoffen, der Leser folgt uns aufmerksam genug, um die Bemerkung, welche Ludovic in Betreff der Atmosphäre der Stube gemacht, nicht vergessen zu haben.

Der Speisendampf, der Weingeruch, der Tabaksrauch, die Ausdünstungen der Gäste hatten in der That die Luft in dieser Art den Speicher völlig unathembar für die Brust an eine reinere Luft gewöhnter Menschen gemacht. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte man das Fenster seit dem letzten Sonnenstrahle des letzten Herbstes nicht geöffnet; eine Folge hiervon war, daß derselbe Erhaltungsinstinct die drei Freunde zu dem einzigen Fenster trieb, das diesem unsaubern Winkel Licht und in den äußersten Fällen. wie der, in welchem man sich nun befand, Luft gab.

Petrus kam zuerst dahin; er hob den unteren Theil auf und hing den Ring an den Nagel, der zum Festhalten dieses unteren Theiles bestimmt war.

Jean Taureau hatte die Gelegenheit, die er suchte, gefunden.

Er stand den seinem Schenkel auf stemmte seine beiden Fäuste auf den Tisch und sagte indem er sich collectiv an die drei jungen Leute, besonders aber an Petrus wandte:

»Diese Herren öffnen das Fenster, wie es scheint?«

»Wie Sie sehen, mein Freund,« erwiderte Petrus.

»Ich bin nicht Ihr Freund,« entgegnete Jean Taureau; »schließen Sie das Fenster.

»Herr Jean Taureau,« versetzte Petrus mit einer ironischen Höflichkeit »hier ist mein Freund Ludovic ein, ausgezeichneter Physiker, der Ihnen in zwei Secunden erklären wird, aus welchen Elementen die Luft bestehen muß, um athembar zu sein.«

»Was singt denn der da mit seinen Elementen?«

»Herr Jean Taureau . . . « antwortete Ludovic in einem Tone der Höflichkeit der in keiner Hinsicht dem von Petrus nachgab. Nicht einmal in der Nuance des Spottes, die dieser angenommen, »er sagt, die Atmosphäre, um nicht schädlich für die Lunge eines ehrlichen Mannes zu sein, müsse bestehen aus fünfundsechzig bis sechsundsechzig Theilen Stickstoff, aus zweiundzwanzig bis dreiundzwanzig Theilen Sauerstoff und zwei Theilen Wasser, – etwas mehr, etwas weniger . . . ‹

»Sage doch,« unterbrach einer den den vier Männern in Blouse, »ich glaube, er spricht Lateinisch mit Dir?«

»Gut! dann will ich Französisch mit ihm reden.«

»Und wenn er es nicht versteht?«

»Dann wird er durchgebläut!« rief Jean Taureau.

Und er zeigte ein Paar Fäuste, welche an Größe dem Kopfe eines Kindes gleich kamen

Hernach sprach er mit einer Stimme, die, hätte er es mit Leuten von seiner Klasse zu thun gehabt, würde keine Opposition zugelassen haben:

»Vorwärts . . . schließen wir das Fenster, und zwar auf der Stelle!«

»Das ist vielleicht Ihre Meinung, Meister Jean Taureau,« erwiderte ruhig Petrus, indem er die Arme vor dem offenen Fenster kreuzte, »doch es ist nicht die meine.«

»Wie, es ist nicht die Deine? Du hast also eine Meinung, Du?«

»Warum solle ein Mensch nicht seine Meinung haben, wenn ein Thier eine zu haben sich anmaßt.«

»Sage doch Croc-en-Jambe,« sprach Jean Taureau. die Stirne faltend, indem er sich an einen seiner Tischgenossen wandte, der leicht als ein Lumpensammler zu erkennen gewesen wäre, wäre er auch nicht durch den bezeichnenden Namen, den ihm sein Kamerad gab, verrathen worden, »ich glaube, dieser Unglücksmuscadin nennt mich Thier?«

»Das scheint mir auch.« entwertete Croc-en-Jambe.

»Nun. was ist da zu thun?«

»Man muß ihn zuerst das Fenster schließen lassen, da dies Deine Idee ist, und ihn sodann niederschlagen.«

»Gut! das heiße ich sprechen!«

Hierauf rief er, als ob er eine dritte Aufforderung an Empörer richtete:

»Vorwärts, Donner! schließt das Fenster!«

»Oh!« erwiderte ruhig Petrus, »es gibt weder Donner, noch Blitze; das Fenster wird offen bleiben.«

Jean Taureau füllte so ungestüm seine Brust mit der Luft, welche den jungen Leuten völlig unathembar zu sein schien. daß diese Aspiration dem Brüllen des Thieres glich, dessen Namen er angenommen.«

Robert roch den Streit und wollte ihn verhindern, obgleich er einsah, daß es scheu beinahe unmöglich war. Konnte übrigens Einer zu diesem Resultate gelangen, so war er es sicherlich, das heißt, der Einzige, der kalten Blutes.

Er ging mit ruhiger Miene auf Jean Taureau zu und sagte, um zu beschwichtigen:

»Mein Herr, wir kommen von Außen, und als wir in diese Stube eintreten, erstickten wir beinahe.«

»Ich glaube wohl,« bemerkte Ludovic »man athmet hier nur Kohlensäure ein.«

»Erlauben Sie also, das Fenster nur einen Augenblick zu öffnen um eine andere Luft einzulassen; wir werden es sodann wieder schließen.«

»Sie haben das Fenster ohne meine Erlaubniß geöffnet,« sagte Jean Taureau.

»Was weiter?« versetzte Petrus.

»Sie mußten darum bitten, und man hätte Ihnen vielleicht die Erlaubniß gegeben.«

»Gutes genug!« erwiderte Petrus; »ich habe das Fenster geöffnet. weil es mir so gefiel, und es wird offen bleiben, so lange es mir gefällt.«

»Schweig doch. Petrus!« unterbrach Jean Robert.

»Nein, ich werde nicht schweigen . . . Glaubst Du denn, ich sei gewohnt, mir von Burschen dieser Art vorschreiben zu lassen?«

Bei dem Worte Bursche standen die vier Kameraden von Jena Taureau ebenfalls vom Tische auf und näherten sich augenscheinlich in der Absicht, die schlimmen Intentionen des Herausforderers zu unterstützen.

Nach der Härte ihrer Züge und nach der in ihrer Physiognomie ausgeprägten Wildheit oder wenigstens Rohheit waren das vier ungeschlachte, rauhe Gesellen welche verstärkt durch die fünfte Person, deren Wesen wir schon kennen, wie diese nur eine günstige Gelegenheit suchten, um durch einen guten, schönen Streit die Monotonie ihrer Faschingsnacht zu brechen

Es war übrigens für Jeden von diesen Leuten leicht. ein Handwerk zu bezeichnen.«

Derjenige, welchen Jean Taureau Croc-en-Jambe genannt hatte, war offenbar. nicht ein eigentlicher Lumpensammeln wie die auf dem Tische stehende Laterane und das Instrument, das ihm den charakteristischen Namen Croc-en-Jambe eingetragen, konnten glauben machen, sondern ein einer Varietät hiervon angehörender Mensch, einer Varietät, die man Aufwühler nannte, nach dem Namen ihrer Industrie, die darin bestand, daß sie nicht Unrathaufen störten. sondern mit der Spitze ihres Hakens in den Zwischenräumen des Pflasters der Gossen wühlten.

Durch diese Klasse von Industriellen welche seit acht bis zehn Jahren durch Polizeiverordnung und besonders dadurch, daß Trottoirs die Stelle der Chausseen eingenommen haben, aufgehoben werden ist, wurde die Gasse oft in einen Parctolus verwandelt. und mehr als Einer fand darin Ringe, Juwelen, Edelsteine, mochten sie nun verloren oder beim Ausschütteln eines Teppichs oder einer Matte aus dem Fenster geworfen worden sein, wie ich in meinen D e n k w ü r d i g k e i t e n erzählt habe, daß zu der Zeit, wo die Ereignisse vorfallen, die den Gegenstand dieses Buches bilden, die Ohrringe der Georges hinausgeworfen wurden, welche indessen glücklicher Weise den Herren Aufwühlern entgingen.

Der zweite Trinker, den Jean Taureau nicht genannt, und den wir die wir dieses Vergessen gut zu machen berufen sind, nur seinem Spottnamen bezeichnen werden, hieß Sac-à-Plâtre6,was sein Gewerbe hinlänglich geoffenbart hätte, selbst wenn die Kalkflecken und der weißliche Staub, womit sein Gesicht und seine Hände bedeckt waren, ihn nicht als einen Maurer seinen Freunden und seinen Feinden präsentiert haben würden.

Unter den Ersten war Jean Taureau, der Art, wie sie Bekanntschaft gemacht hatten. gebricht es nicht an Charakter, und sie wird die herculische Kraft des Mannes schildern, den wir soeben in Scene gebracht haben, und der bestimmt ist, in dieser Geschichte, nicht eine der ersten Rollen zu spielen. sondern eine Rolle, – die Folge wird es uns beweisen. – welche nicht ganz ohne Wichtigkeit.

Ein Haue der Cité brannte; von den Flammen erfaßt, war die Treppe eingestürzt; ein Mann, eine Frau und ein Kind schrien aus einem Fenster des zweiten Stockes: »Zu Hilfe!«

Der Mann, der ein Maurer war, verlangte nur eine Leiter oder sogar nur einen Strick; mit dieser Leiter oder diesem Stricke rettete er seine Frau und sein Kind.

Doch die Anwesenden verloren den Kopf; man brachte Leitern, die um die Hälfte zu kurz, Stricke welche die Last von drei Personen nicht zu tragen vermochten.

Das Feuer griff um sich, der Rauch drang in Strömen aus den Fenstern, den Flammen vorangehend, deren Schein man schon sah.

Jean Taureau ging vorüber.

Er blieb stehen.

»Nun!« rief er, »habt Ihr denn weder Stricke, noch Leitern? Ihr seht wohl, daß diese Leute da oben verbrennen werden!«

Die Gefahr war in der That sehr drohend

Jean Taureau schaute umher, und als er sah, daß keiner der verlangten Gegenstände kam, rief er die Arme ausstreckend:

»Auf, wirf das Kind herab Sac-à-Plâtre.«

Mit diesem Namen angerufen, hütete der Maurer sich wohl. hierüber ärgerlich zu werden, er nahm das Kind, küßte es auf beide Backen und warf es Jean Taureau zu.

Ein Angstschrei erscholl aus der ganzen Menge.

Jean Taureau empfing das Kind in seinen Armen und reichte es sogleich denjenigen. welche hinter ihm standen

»Nun wirf Deine Frau herab!« sagte er.

Der Maurer nahm die Frau in seine Arme und ließ sie, trotz ihres Geschreis, denselben Weg machen, den das Kind gemacht hatte.

Jean Taureau empfing die Frau in seinen Armen; nur that er einen Schritt rückwärts

»Das ist da!‹ sagte er, indem er die halb ohnmächtige Frau auf ihre Füße stellte, während die Zuschauer in Bravos und Beifallsrufe ausbrachen.

»Nun ist es an Dir!« rief er dem Manne zu. Und er stützte sich auf seine Beine mit der ganzen Macht seiner kräftigen Lenden.

Von den zweitausend Personen, die dem Schauspiele beiwohnten, war nicht eine, deren Athem man in den fünf folgenden Secunden hörte.

Der Maurer stieg auf den Rand des Fensters, machte das Zeichen des Kreuzes, murmelte: »Herr erbarme Dich!« schloß die Augen und sprang hinab.

Diesmal war der Schlag furchtbare Jean Taureau bog sich auf seinen Knieen und machte drei Schritte rückwärts, wurde aber nicht umgeworfen.

Ein ungeheurer Schrei erhob sich aus der Menge.

Alle Welt stürzte auf den Mann zu, der dieses erschreckliche Kraftstück vollbracht hatte; ehe man aber zu ihm kam, that Jean Taureau die Arme aus einander und fiel rückwärts, ohnmächtig und Blut speiend, nieder.

Weder das Kind. noch die Frau, noch der Mann hatten eine einzige Schramme.

Jean Taureau war eine Ader der Lunge gesprungen.

Man brachte ihn nach dem Hotel Dieu, das er nach zwei Tagen wieder verließ.

Der dritte Gefährte, dessen Gesicht so schwarz war als das von Sac-à-Plâtre weiß, gehörte sichtbar zur schätzend werthen Klasse der Köhler und hieß Toussaint. Jean Taureau, der bei seinem Verkehr mit den Architekten diese von einem Neger von Gente sprechen hörte, welcher beinahe eine Revolution in St. Domingo gemacht hätte, Jean Taureau, dem es nicht an einem gewissen natürlichen Verstande fehlte, hatte ihm den Beinamen Toussaint Louverture gegeben.

Der Vierte war ein Mann von ungefähr fünfzig Jahren mit lebhaften Augen und raschen Geberden dessen ganze Person einen starken Geruch von Baldrian ausdünstete; er trug eine Jacke von Sammet, eine Weste und eine Mütze von Katzenfell; er antwortete in seinem vertrauten Umgang aus den Namen Vater la Gibelotte.

Er war es der alle Schenken der Halle mit den Dachkaninchen versah, von denen Jean Robert befürchtete, man werde sie ihm statt der Gehägekaninchen vorsetzen. und der Baldriangeruch, den er ausdünstete, war das, wodurch er die unglücklichen Thiere anzog, deren Fleisch er um zehn Sou an Garköche, deren Felle er um fünfzehn Sous an Gerber verkaufte.

Die Industrie war einträglich, aber gefährlich, und wir erinnern und. 1834 oder 1835 den Bericht über einen Prozeß gelesen zu haben, wobei ein College den Vaters la Gibelotte zu einem Jahr Gefängniß und fünfhundert Franken Geldbuße verurtheilt wurde, trotz der trefflichen Vertheidigungsrede, in der er, die gastronomische Frage nach Art von Carême und Brillat-Savarin behandelnd, den Richtern den unbestreitbaren Vorzug des Katzenfleisches vor dem Kaninchenfleisch nachzuweisen versucht hatte.

Der fünfte Tischgenoß – den wir am Ende bringen, kraft des evangelischen Axioms: Die Ersten werden die Letzten sein – der fünfte war Jean Taureau selbst, der nach dem, was wir von seiner Muskelkraft erzählt haben, eine weitere Beschreibung entbehren könnte, wäre es nicht für und von Werth, durch ein möglichst genauen physischen Portrait die moralische Entwicklung von einem der seltsamsten Charaktere. die wir gekannt haben. vorzubereiten

Jean Taureau war ein Mann von ungefähr fünf Fuß sechs Zoll. gerade und stark wie die eichenen Balken, die er abvierte, denn er war Zimmermann seines Handwerks, – eine Art von Farnesischem Hercules, aus einem Granitblock gehauen, selbst Block, und ein Mensch der beim ersten Anblick. statt der vier Verbündeten zu bedürfen, die ihm zu Hilfe vorrückten, gebaut zu sein schien, um Einen nach dem Andern seine drei Feinde nur indem er sie mit dem Finger berührte, niederzuschmettern.

Gehen wir nun von der Beschreibung des Körpers zu der der Physiognomie und der Kleider über, so sagen wir, daß das Gesicht des Zimmergesellen. umrahmt von einen schwarzen. dichten Backenbart, der unter dem Kinn zusammenlief, das eines Mannes von dreißig hie vierzig Jahren war; kurze, krause Haare, aus denen die Alten beim Sohne von Jupiter und Semele das Symbol der Stärke gemacht hatten, ein Hals, dessen Dicke den ehrgeizigen Namen rechtfertigte, den unser Mann sich selbst gegeben oder von seinen Kameraden angenommen hatte, vervollständigten diesen Thypus der unvernünftigen, rohen Kraft.

Fügen wir ein vergessenes Detail bei: Jean Taureau war bekleidet mit einem Wamms, einer Hose, einer Weste und einer Mütze von grünlichem Sammet.

Aus der Tasche seines Wammses stand der Gipfel eines Winkelholzes hervor und aus seinem Hosensacke der Kopf einen langen eisernen Zirkels, der rittlings auf die Naht gesetzt war so daß ein Schenkel sich im Sacke verlor und der andere nach außen hing

Dies waren die fünf Gegner, mit denen es – wenn sie nicht zurückwichen, und vielleicht war dies nicht einmal ein unfehlbares Mittel. den Streit zu vermeiden, – wie denen es, sagen wir, Ludovic der Arzt, Petrus der Maler und Jean Robert der Dichter zu thun haben sollten.«

5

Taureau, Stier.

6

Gipssack.

Die Mohicaner von Paris

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