Читать книгу Die Mohicaner von Paris - Александр Дюма - Страница 6
Erstes bis viertes Bändchen
VI
Herr Salvator
ОглавлениеDer Anblick der Menge brachte auf die Männer aus dem Volke einen Eindruck ganz dem entgegengesetzt hervor, den er auf die drei Freunde hervorbrachte.
Der Zimmermann und seine Gefährten fühlten, daß ihnen eine Hilfe zukam.
Jean Robert und seine Freunde begriffen, daß es neue Gegner waren, die zu ihnen kamen.
Die Menschen werden durch die Sympathie zu ihres Gleichen hingezogen.
Während sie grimmige Blicke aus die drei jungen Leute warfen, die sich in ihre Feste zurückgezogen, umgab auch diese Menge Jean Taureau und seine Gefährten und verlangte von ihnen Erklärung über all diesen Lärmen.
Die Erklärung war schwer zu geben; der Zimmermann hatte ein erstes Unrecht gehabt, daß er von den jungen Leuten gefordert sie sollten das Fenster schließen.
Dann hatte er ein zweites Unrecht gehabt, das noch schwerer, als das erste daß er von Jean Robert einen Faustschlag und einen Fußtritt erhalten, die ihm der eine das Gesicht zerrissen und der andere die Brust eingedrückt.
Er erzählte seine Fälle der Menge; doch wie er auch die Sache drehte er konnte nicht herauskommen aus dem doppelten Kreise: »Ich wollte das Fenster schließen lassen, und das Fenster ist offen geblieben! – Ich wollte schlagen, und ich bin geschlagen worden.«
Die Menge, als eine wackere Menge, was sie war im Grunde voll gesunden Menschenverstandes, trotz ihrer Vorurtheile gegen die schwarzen Fräcke, die Menge, welche einsah, daß Jean Taureau um mich eines Volksausdruckes zu bedienen, der Narr im Spiele war, fing auch an ihm eins Gesicht zu lachen
Der Zimmermann bedurfte nicht dieser neuen Aufregung.
Er war nur wüthend: dieses Lachen machte ihn wahnsinnig.
Er suchte mit den Augen die drei jungen Leute sah sie in ihrer Ecke verbarricadirt und schon angegriffen von seinen vier Gefährten, welche nicht minder erbittert als er.
»Haltet ein!« rief er »haltet ein! Laßt mich diesen Schwarzfrack in Staub zermalmen.«
Doch die vier Gefährten waren taub.
Dagegen blieben sie allerdings nicht stumm.
Der Aufwühler war unter dem Auge von einem von Ludovic geschleuderten Flaschenscherben getroffen worden, welcher Scherbe ihm die Backe aufgerissen.
Jean Robert hatte durch einen Schlag mit einem kleinen Stuhle Toussaint den Kopf schwer verletzt.
Petrus endlich hatte mit zwei Hieben seines Stockes, durch die Zwischenräume der Barricade, den Katzentödter auf die Brust und den Maurer an die Seite getroffen.
Die vier Verwundeten brüllten aus vollem Halse:
»Schlagt sie todt! schlagt sie todt!«
Es wage in der That, ein Kampf auf Leben und Tod geworden.
Außer sich durch das Gelächter der Menge und durch den Anblick des Blutes, das auf die Kleider seiner Gefährten und auf die seinigen rieselte, zog Jean Taureau aus seiner Tasche seinen eisernen Zirkel und rückte, die furchtbare Waffe in der Hand. allein gegen die Barricade vor.
Petrus und Ludovic stürzten ihm mit einer und derselben Bewegung, Jeder mit einer Flasche bewaffnet und bereit, dem Zimmermann den Kopf zu zerschmettern, entgegen; Jean Robert aber, der sah, daß es der einzige Gegner war welcher noch übrig blieb, und daß man mit ihm einmal ein Ende machen müsse ließ seine zwei Freunde. indem er sie an ihren Jacken zurückzog wieder von der Barricade herabsteigen, gab dieser einen Fußtritt, der eine Bresche öffnete, ging mit seinem Stöckchen in der Hand aus dieser Bresche hinaus und sagte zu Jean Taureau:
»Sie haben also noch nicht genug?«
Die Menge brach in ein Gelächter aus und klatschte in die Hände.«
»Nein ist erwiderte der Zimmermann. »und ich werde erst genug haben. wenn ich Dir sechs Zoll von meinem Zirkel in den Bauch gestoßen.«
»Das heißt, da Sie nicht der Stärkere sind, Jean Taureau. so wollen Sie der Schlechtere sein? das heißt weil Sie mich nicht besiegen können, so wollen Sie mich ermorden?«
»Tausend Donner. ich will mich rächen!« schrie der Zimmermann. der sich durch den Lärmen seiner eigenen Worte aufstachelte.
»Nimm Dich in Acht!« versetzte der junge Mann; »denn bei meinem Ehrenwort, Du bist nie eine Gefahr gelaufen der ähnlich, welche Du in diesem Augenblicke läufst!«
Er wandte sich sodann an die Menge und sprach.
»Ihr seid Männer; bringt diesen Menschen zur Vernunft. Ihr seht, daß ich ruhig bin, und daß er wahnsinnig ist.«
Vier oder fünf Männer trennten sich vom Kreise, und traten zwischen Jean Robert und den Zimmermann.
Doch statt ihn zu besänftigen, schien diese Intervention den Grimm von Jean Taureau nur zu verdoppeln.
Er stieß die fünf Männer einfach dadurch zurück, daß er die Arme ausstreckte
»Ah!« sagte er, »ich bin nie eine Gefahr gelaufen der ähnlich, welche ich jetzt laufe! Gedenkst Du Dich mit diesem Stöckchen gegen meinen Zirkel zu vertheidigen? Sprich!«
Und er schwang über seinem Kopfe das spitzige Instrument. das, sich ausdehnend, wenigstens achtzehn Zoll Länge angenommen hatte
»Das ist es gerade. worin Du Dich täuschst, Jean Taureau, erwiderte der junge Mann: »mein Stöckchen ist kein Stöckchen, es ist eine Schlange, und wenn Du daran zweifelst,sieh,« fügte er bei, indem er aus dem dünnen Stocke den Degen zog, dem er als Scheide diente, »sieh ihre Zunge.«
Und eine viereckige, feine spitzige, zwölf bis fünfzehn Zoll lange Klinge glänzte in der Faust des jungen Mannes, der sich auslegte wie für ein Duell.
Die Menge brüllte vor Freude und bebte zugleich vor Schrecken.
Der Wein war getrunken. das Blut sollte fließen; die Dinge nahmen den gewöhnlichen Stufengang; die Peripetien folgten sich nach den Gesetzen der dramatischen Kunst immer interessanter.
»Ah! sagte der Zimmermann, sichtbar um den Gewissensbiß erleichtert, gegen den er kämpfte. »Du hast also auch eine Waffe? Ich wartete nur hierauf.«
Und den Kopf gesenkt, mit aufgehobenem Arme, seine Brust mit der Unerfahrenheit der Stärke entblößend, stürzte Jean Taureau auf den jungen Mann mit dem schwarzen Fracke und dem seinen Degen zu.
Plötzlich aber packte ihn eine mächtige Hand am Armgelenke, schüttelte ihn kräftig und zwang ihn, den Zirkel loszulassen, der, niederfallend. im Boden stecken blieb.
Der Zimmermann stieß einen gräßlichen Fluch aus und wandte sich um.
Kaum aber hatte er denjenigen gesehen, welcher sich seinem Vorhaben widersetzt.,als seine Stimme vom Ausdrucke der Drohung zum Tone der Ehrfurcht überging, und er sagte:
»Ah! Herr Salvator, verzeihen Sie, das ist etwas Anderes.«
»Herr Salvator!« wiederholte die Menge; »ah! seien Sie willkommen: das sollte eine schlimme Wendung nehmen!«
»Herr Salvator!« murmelten gleichzeitig Jean Robert. Petrus und Ludovic. »Was ist das?«
»Das ist ein Bursche, dessen Name als gute Vorbedeutung dienen kann.« fügte Petrus bei; »wir wollen sehen, ob er seinem Namen Ehre macht.«
Der Mann. der, dem Gotte des Alterthums ähnlich, so wunderbar dazwischen gekommen war um aller Wahrscheinlichkeit nach, eine friedliche Entwicklung an die Stelle eines blutigen Ausgangs zu setzen; und der auch aus einer Maschine hervorgegangen zu ein schien, so plötzlich und unvorhergesehen war seine Erscheinung, mochte ungefähr dreißig Jahre alt sein.
Es war in der That in dem Augenblick, wo er erschien und seinen beherrschenden Blick aus der Menge umherlaufen ließ, das männliche und sanfte Gesicht des Mannes in diesem dreißigsten Lebensjahre, wo die Schönheit in ihrer ganzen Kraft ist und die Kraft in ihrer ganzen Schönheit.
Einen Augenblick später wäre es sehr schwierig, um nicht zu sagen unmöglich gewesen, ihm ein bestimmtes Alter auf etwa zehrt Jahre anzuweisen.
Seine Stirne hatte wohl die Reinheit und Klarheit der Jugend, wenn sein Blick neugierig und wohlwollend umherschweifte, sobald aber das Schauspiel, das seinen Augen begegnete, ihm Ekel einflößte, da zogen sich seine schwarzen Brauen zusammen, und seine mit Falten bedeckte Stirne entlehnte das Aussehen von der Männlichkeit.
So, als er, nachdem er den Arm des Zimmermanns aufgehalten und ihn einzig und allein durch den Druck seiner Hand die Waffe, mit der er seinen Gegner bedrohte, loszulassen gezwungen hatte, als er, nachdem er einen raschen Blick auf die drei jungen Leute geworfen und in ihnen Menschen aus der Gesellschaft, die sich an diesen schlimmen Ort verirrt, erkannt hatte, den Kreis vollends umfaßte, den er nur zur Hälfte durchlaufen, und den Aufwühler mit klaffendem Gesicht auf einem Tische ausgestreckt sah, die Kleider den Maurers mit großen Blutflecken besprenkelt, den Köhler bleich unter seiner schwarzen Larve, und den Katzentödter beide Hände auf seiner, Seite, schreiend, er sei todt, da verlieh dieser Anblick, auf den er doch gefaßt sein mußte, seiner ganzen Physiognomie einen Ausdruck von Härte und Strenge. bei dem die Unbändigsten den Kopf senkten und die Trunkensten erbleichten.
Da der Mann. den wir in Scene gebracht haben, der Hauptheld unserer Geschichte ist, so müssen unsere Leser uns erlauben, für ihn zu thun, was wir für viel minder wichtige Personen gethan haben, nämlich ihnen die möglichst genaue Beschreibung seiner Person zu geben.
Er war vor Allem, wie gesagt, ein Mann von dreißig Jahren oder so ungefähr.
Seine schwarzen Haare waren geschmeidig und gelockt; was sie minder lang scheinen ließ, als sie in Wirklichkeit waren, und wenn sie in ihrer ganzen Länge auf seine Schultern niedergefallen wären; seine Augen waren blau, sanft, durchsichtig, klar wie das Wasser eines Sees, und wie das Wasser des Sees, mit dem wir sie verglichen, den Himmel wiederscheint. so schienen die Augen des jungen Mannes mit dein wohlklingenden Namen der Spiegel zu sein, wo sich die heitersten Gedanken der Seele reflektierten.
Das Qual seines Gesichtes war von einer Raphaelischen Reinheit, nichts störte den anmuthigen Umriß desselben, und man folgte den harmonischen Linien mit der unaussprechlichen Freude, die man beim Anblick der sanften krummen Linie empfindet, die in den ersten Tagen des Monats Mai die aufgehende Sonne am Horizont im Profit zeichnet.
Die Nase war gerade und stark, ohne zu bedeutend vorzutreten, der Mund war klein, gut meublirt und dem Anschein nach fein, denn unter dein schwarzen Schnurrbarte, der ihn beschattete, konnte man die Zeichnung unmöglich genau erschauen.
Sein eher mattes, als bleiches Gesicht war umgeben von einem schwarzen und dichten, aber nicht dicken Bart; die Scheere oder das Rasirmesser hatten gewiß nie ihren Weg hier durch gemachte es war das Milchhaar in seiner ganzen Dünne, der jungfräuliche Bart in seiner ganzen Zartheit, seiden, die Züge mildernd, statt sie hart zu machen.
Besonders ausfallend aber an diesem jungen Manne war der weiße Ton, das Matte seiner Haut; dieser Ton war in der That weder die gelbliche Blässe des Gelehrten, noch die weiße Blässe des Wüstlings, noch die bleifarbige Blässe des Verbrechers: um einen Begriff von der makellosen Blässe dieses Gesichtes zu geben, werden wir Bild und Vergleichung nur in der melancholischen und leuchtenden Blässe des Mondes. In den durchsichtigen Blumenblättern des weißen Lotus, im unbefleckten Schnee, der die Stirne des Himalaya bekränzt, finden.
Was seine Kleidung betrifft, so bestand sie aus einer Art von schwarzem Sammetualetot, den man nur an die Taille anzuschließen gebraucht hätte, um ihm das Aussehen eines Wammses aus dem fünfzehnten Jahrhundert zu geben, einer Weste und Beinkleidern von schwarzem Sammet.
Eine Mütze von demselben Stoffe saß aus seinem Kopfe. und man war ganz erstaunt, so wenig man Künstler sein mochte, daß man vergebens die Feder von einem Adler, einem Reiher oder einem Strauße suchte, welche aus dieser Mühe eine Toque gemacht hätte
Was mitten unter der Menge einen seltsam aristokratischen Charakter dieser Kleidung gab, welche ein nachlässig um den Hals geschlungenes, purpurrothes seidenes Foulard vervollständigte, war der Umstand, daß sie statt von Baumwollsammet zu sein, wie die Kleider der Leute aus dem Volke, aus Seidesammet bestand, wie die Robe einer Schauspielerin oder einer Herzogin.
Diese malerische Tracht fiel nicht nur Jean Robert und Ludovic, sondern auch Petrus auf; die Wirkung die sie auf den Letzteren hervorbrachte, war sogar so groß, daß er, nachdem er, wie gesagt, als er den Namen von Salvator nennen hörte, ausgerufen: »Das ist ein Bursche, dessen Name als gute Vorbedeutung dienen kann; wir wollen sehen, ob er seinem Namen Ehre macht,« beifügte:
»Teufel! welch ein schönes Modell für meinen Raphael bei seiner Fomarina, und wie würde ich ihm sechs Franken für die Sitzung geben, statt vier, wenn er mir stehen wollte!«
Jean Robert aber, der in seiner Eigenschaft als dramatischer Dichter überall und in Allem Theatereffecte suchte, war am meisten der ehrfurchtsvolle Empfang aufgefallen, dessen Gegenstand von Seiten der Menge dieser junge Mann gewesen, ein Empfang, der ihn an das quos ego von Neptun erinnerte. wie er unter seinem göttlichen Dreizack die erzürnten Wellen des sicilianischen Archipels ebnete.