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Erster Teil
XII.
Worin Madame Cavois die Verbündete des Herrn Michel wird
ОглавлениеDer, welcher sich mit einem so pomphaften Aufwand von Titeln anmelden ließ, war – wie unsere Leser wissen, kein Anderer als unser Freund Souscarières, dessen Porträt wir am Anfange dieses Bandes bereits gezeichnet haben.
Souscarières trat auf sehr zuversichtliche Weise ein und grüßte Se. Eminenz mit einer Zwanglosigkeit, die man recht wohl Unverschämtheit nennen durfte.
Der Kardinal schien mit den Augen nach einem Gefolge zu suchen, das Souscarières mit sich gebracht haben sollte.
»Entschuldigt mich, Monseigneur,« sagte Souscarières und streckte das eine Bein in eine galante Positur vor, indem er gleichzeitig den Arm, der seinen Hut trug, graziös bog, »aber Euer Eminenz Meinen etwas zu suchen?«
»Ich suche die Person, die man zu gleicher Zeit mit Euch gemeldet hat, Herr Michel.«
»Michel,« wiederholte Souscarières, den Erstaunten spielend. »Wer heißt denn Michel, Monseigneur?«
»Ei, Ihr selbst, mein lieber Herr, so glaub' ich!«
»O, Monseigneur begehen einen schweren Irrtum, in dem ich Euch nicht gerne lassen möchte. Ich bin der anerkannte Sohn des Herrn Roger de St. Lary, Herzogs von Bellegarde, Oberststallmeisters von Frankreich. Mein erlauchter Vater lebt noch und man kann sich bei ihm erkundigen. Herr von Souscarières bin ich in Folge eines Gutes, das ich erworben habe, und zum Marquis wurde ich durch die Frau Herzogin Nicole von Lothringen gemacht, bei Gelegenheit meiner Heirat mit dem edlen Fräulein Anna von Rogers.«
»Mein lieber Herr Michel,« begann abermals der Kardinal Richelieu, »erlaubt mir, Euch Eure Geschichte zu erzählen. Ich weiß sie besser als Ihr; lernt daraus.«
»Ich weiß,« sagte Souscarières, »dass große Männer, wie Ew. Eminenz, nach den Tagen der mühseligen Arbeit eine Stunde der Unterhaltung bedürfen. Glücklich Derjenige, welcher, wenngleich auf seine eigenen Kosten, einem so großen Genie diese Stunde der Zerstreuung verschaffen kann.«
Und entzückt über das Kompliment, das er gefunden, verbeugte sich Souscarières vor dem Kardinal.
»Ihr irrt Euch bedeutend, Herr Michel,« fuhr der Kardinal fort, ihn beharrlich mit diesem Namen anredend. »Ich bin nicht müde, ich bedarf keiner Erholungsstunde und will auch diese Stunde nicht auf Eure Unkosten benützen. Da ich Euch jedoch einen Vorschlag zu machen habe, will ich Euch zuvor beweisen, dass ich nicht wie alle Welt durch Euere Titel und Namen gefoppt werde, sondern dass ich Euch denselben wegen Eurer persönlichen Vorzüge allein mache.
Und der Kardinal begleitete die letzten Worte mit jenem frischen Lächeln, das in Momenten guter Laune ihm eigen war.
»Ich höre, was Eure Eminenz mir zu sagen haben,« sagte Souscarières, ein wenig unbehaglich wegen der Wendung, die das Gespräch nahm.
»Ich fange also an, nicht wahr, lieber Herr Michel?«
Souscarières verbeugte sich, wie Einer, der nicht den mindesten Widerstand leisten kann.
»Ihr kennt die Rue des Bourdonnais, nicht wahr, Herr Michel?« fragte der Kardinal.
»Man müsste aus dem Cathay sein, Monseigneur, um sie nicht zu kennen.«
»Nun denn! Ihr kanntet aber auch in Eurer Jugend einen braven Pastetenbäcker, der ein Gasthaus hielt und Leute in Kost nahm. Dieser würdige Mann, welcher seine ausgezeichnete Küche hatte und bei dem ich sehr häufig speiste, als ich noch Bischof von Lucon war, hieß Michel und hatte die Ehre, Euer Herr Vater zu sein,«
»Ich glaube Eurer Eminenz bereits bemerkt zu haben, dass ich der anerkannte Sohn des Herrn Herzogs von Bellegarde bin,« wiederholte mit etwas weniger Selbstbewusstsein Souscarières.
»Nichts ist wahrer,« erwiderte der Kardinal, »ich will Euch sogar sagen, auf welche Art diese Anerkennung zu Stande gekommen ist. Dieser würdige Kuchenbäcker hatte eine sehr hübsche Frau, welcher alle Herren, die ins Gasthaus kamen, den Hof machten, Eines schönen Tages fand sie sich in gesegneten Umständen und kam später mit einem Sohne nieder. Dieser Sohn wäret Ihr, lieber Herr Michel; denn da Ihr in der Ehe und zu Lebzeiten Eures Herrn Vaters geboren wurdet, oder, wenn Ihr wollt, zu Lebzeiten des Gatten Eurer Frau Mutter, könnt Ihr auch keinen andern Namen führen, als den Eures Vaters und Eurer Frau Mutter. Nur die Könige, merkt Euch das wohl, Herr Michel, haben das Recht, uneheliche Kinder zu legitimieren.«
»Teufel! Teufel!« murmelte Souscarières.
»Doch kommen wir auf Eure Anerkennung. Nachdem Ihr ein hübsches Kind gewesen, wurdet Ihr auch ein hübscher junger Mann, geschickt in allen Leibesübungen, im Ballspiel ein zweiter d'Alichon, mit dem Degen vertraut wie Fontenay, und eine Karte verschwinden zu machen gewandt wie kein Anderer. Auf diesem Grade der Vollkommenheit angelangt, beschlosst Ihr, Eure Talente zum Begründen Eures Glückes zu verwenden, und um besagtes Glück zu beginnen, ginget Ihr nach England, wo Ihr in allen Arten von Spiel so glücklich ward, dass Ihr mit fünfmal hunderttausend Fraces von dort zurückkamt. Ist es nicht so?«
»Bis auf einige hundert Pistolen, ja, Monseigneur.«
»Damals erhieltet Ihr eines schönen Morgens den Besuch eines gewissen Lalande, welcher Ballspielmeister Sr. Majestät, unseres Herrn und Königs, gewesen war. Dieser sagte Euch Folgendes oder ungefähr Folgendes. Ich will natürlich nur den Sinn seiner Rede sagen, nicht aber die Worte selbst:
»Bei Gott, Herr von Souscarières, ah Pardon! ich vergaß schon wieder. Ich weiß nicht warum, aber Ihr habt stets einen solchen Widerwillen gegen den Namen Michel gehabt, welcher doch zu den wohlklingendsten gehört, dass Ihr mit dem ersten Gelde, welches Ihr hattet, für eintausend Pistolen eine Art altes Mauerwerk ankauftet, das halb in Ruinen lag, und in der Gegend Souscarières hieß, was dann zur Folge hatte, dass Ihr Euch nicht Michel nanntet, sondern Souscarières, dann Herr von Souscarières. . . . Verzeiht, dass ich all dies in Parenthese anführte, aber ich halte es für notwendig zum besseren Verständnis meiner Erzählung.«
Souscarières verneigte sich.
»Der kleine Lalande sprach also folgendermaßen:
»Bei Gott, Herr Souscarières, Ihr habt eine hübsche Gestalt, Ihr besitzt Geist, Ihr seid geschickt und glücklich im Spiele und in der Liebe. Es fehlt Euch bloß an – Geburt. Zwar weiß ich ganz gut, dass man sich nicht nach Belieben seinen Vater und seine Mutter wählen kann, denn sonst hätte Jedermann einen Pair von Frankreich zum Urheber seiner Tage und eine Herzogin zur Mutter; ist man jedoch reich, so gibt es immerhin Mittel, diese kleinen Unregelmäßigkeiten des Zufalls zu verbessern. – »Ich war nicht dabei, Herr Michel, aber ich denke mir, welche Augen Ihr bei dieser Kunde machtet. Lalande fuhr fort: »Versteht, Ihr braucht nur unter allen den großen Herren zu wählen, die Eurer Mutter den Hof gemacht haben, natürlich Einen, der wenig skrupulös ist, z. B. Herrn von Bellegarde. Die Zeit des großen Jubiläums rückt heran; Eure Mutter wird entzückt sein, aus Euch einen Edelmann zu machen, sie wird zum Herrn Herzog gehen, ihm sagen, Ihr gehörtet eigentlich ihm, und nicht dem Pastetenbäcker; ihr Gewissen könne es nicht über sich bringen, in Euren Händen das Gut eines Mannes zu sehen, der nicht Euer Vater ist. Da er kein starkes Gedächtnis; hat, wird er sich nicht einmal mehr erinnern, ob er ihr Liebhaber gewesen war oder nicht, und da die Anerkennung mit dreißigtausend Francs in Verbindung stehen muss, wird er Euch anerkennen. – Hat sich die Sache nicht so begeben?«
»Ungefähr so, Monseigneur, ich muss es gestehen. Nur eine Sache haben Euer Eminenz vergessen.«
»Welche? Sollte mein Gedächtnis; mich getäuscht haben, obgleich es besser ist, als das des Herrn von Bellegarde, so bin ich bereit, meinen Fehler zu verbessern.«
»Die Sache ist, dass ich außer den von Euer Eminenz erwähnten fünfmal hunderttausend Francs auch noch etwas Anderes aus England mitgebracht habe, nämlich die Erfindung von Tragsesseln, für die ich schon seit Jahren um das Privilegium in Frankreich sollicitire.«
»Ihr irrt, lieber Herr Michel. Ich habe weder die Erfindung, noch die Bitte um ein Privilegium vergessen und ich habe Euch im Gegenteil holen lassen, um mit Euch hierüber zu sprechen. Aber jedes Ding, wenn seine Reihe kommt. Die Ordnung, sagt ein Philosoph, ist die Hälfte des Genies. Und wir halten ja erst bei Eurer Heirat.«
»Könnten wir uns nicht das Besprechen dieses Stoffes erlassen, Monseigneur?«
»Unmöglich, denn was würde in diesem Falle ans Eurem Marquistitel, da er Euch doch von der Herzogin Nicole von Lothringen bei Gelegenheit Eurer Heirat erteilt wurde. Über Euch und jene ehrenwerte Herzogin waren zu der Zeit eine Menge Gerüchte in Umlauf, die zu dementieren Ihr Euch wohl hütet, und als sie vor sechs Monaten starb, ließt Ihr ein gewisses Kind, das Ihr habt, Trauer anlegen. Da indessen Jedermann das Recht hat, seine Kinder nach seinem eigenen Geschmack zu kleiden, will ich Euch in Bezug hierauf durchaus keine Vorwürfe machen.«
»Monseigneur sind überaus gnädig,« sagte Souscarières.
»Wie dem auch sei, Ihr kehrtet aus Lothringen mit einem jungen Mädchen, Fräulein, Anna von Rogers, zurück, welche Ihr entführt hattet. Ihr gabt sie für die Tochter eines großen Herrn aus, sie war jedoch ganz einfach die Tochter der Herzogin. Bei Gelegenheit Eurer Heirat mit derselben, sagt Ihr, gab man Euch den Titel eines Marquis von Montbrun. Damit aber diese Promotion gültig sei, müsste es Herr Michel sein, der zum Marquis gemacht wurde, und nicht Herr von Bellegarde, denn als uneheliches Kind konntet Ihr nicht anerkannt werden und in Ermanglung des Rechtes, Euch Bellegarde zu nennen, konnte man Euch auch nicht unter diesem Namen zum Marquis machen, welcher weder der Eure ist, noch es jemals sein kann.«
»Monseigneur sind sehr hart gegen mich.«
»Ganz im Gegenteil, lieber Herr Michel; ich bin mild, wie Honig, und Ihr werdet es allsogleich sehen.
»Madame Michel, die nicht wusste, welches Glück ihr zu Teil geworden war, als Ihr sie heiraten durftet, Madame Michel ließ sich von Villaudry schön tun; Ihr wisst ja, Villaudry, der jüngere Bruder desjenigen, welchen Miossens getödtet hat. Ihr bekamt Wind von etwas und wolltet sie in den Canal von Souscarières stürzen, aber Ihr hattet nicht genug Sicherheit und da Ihr im Grunde kein böser Mensch seid, wartetet Ihr, bis Ihr Eurer Sache ganz sicher sein würdet. Dies geschah durch ein Armband von Haaren, das sie Herrn von Villandry gab. Da Ihr nun dieses mal den vollen Beweis hattet, indem auch noch ein ganz von Eurer Frau geschriebener Brief in Euren Händen war, der Euch an Eurem Unglück nicht mehr zweifeln ließ, führtet Ihr sie in den Park und fordertet sie auf, zu Gott zu beten, indem Ihr zugleich Euren Dolch zoget. Diesmal war es nicht wie damals, als Ihr ihr gedroht hattet, sie in den Canal zu werfen, und sie sah, dass es jetzt durchaus nicht zum Lachen war, denn Ihr führtet einen Stoß gegen sie, der aber glücklicherweise mit der Hand pariert wurde, was ihr nur zwei Finger kostete. Als Ihr jedoch ihr Blut saht, hattet. Ihr Mitleid und schenktet ihr das Leben, schicktet sie jedoch nach Lothringen zurück. Was Villaudry betrifft, beschlosst Ihr, eben weil Ihr gegen Eure Frau gnädig gewesen wart, gegen ihn unerbittlich zu sein und tratet, als er in der Messe war, von der Place Royale aus in die Kirche ein, gabt ihm eine Ohrfeige und zogt den Degen. Er aber wollte keine Kirchenschändung begehen und behielt den seinigen in der Scheide. In Wahrheit muss man freilich sagen, dass es ihm nicht sonderlich darum zu tun war, sich mit Euch zu schlagen und dass er sogar sagte: Ich würde ihn erdolchen, wenn ich einen begründeten Ruf des Mutes hätte, aber unglücklicherweise habe ich den nicht und das macht, dass ich mich schlagen muss. Und in der Tat forderte er Euch und als wäret Ihr wirklich der Sohn des Herrn von Bellegarde und hättet nicht mehr Gedächtnis, als er, schlugt Ihr Euch auf der Place Royale, eben dort, wo Bouteville und der Marquis von Beveron sich geschlagen hatten. Ich weiß, Ihr benahmt Euch wundervoll, Ihr acceptirtet alle Forderungen Eures Gegners und er kam mit sechs Degenstößen davon, die Ihr ihm mit der Spitze, und ebenso vielen Schlägen, die Ihr ihm mit der flachen Klinge gabt. Auch Bouteville hatte sich wundervoll benommen, was mich indessen keineswegs hinderte, ihm den Kopf abschlagen;u lassen, und das hätte ich sicherlich auch bei Auch getan, wäret Ihr, anstatt ganz einfach Herr Michel zu sein, tatsächlich Peter von Bellegarde, Marquis von Montbrun, Herr von Souscarières gewesen, denn Ihr hattet noch Ärgeres getan, als Bouteville, – Ihr hattet in einer Kirche den Degen gezogen, wovon die Folge gewesen wäre, dass man Euch erst die Hand und hernach den Kopf abgehauen hätte. Ihr versteht, lieber Herr Michel?«
»Ja, bei Gott, Monseigneur, ich verstehe,« erwiderte Souscarières, »und ich muss sagen, dass ich in meinem Leben schon Gespräche hörte, die mir angenehmer waren, als das gegenwärtige.«
»Und das um so mehr, weil Ihr noch nicht zu Ende seid. Ihr wurdet heute Abend wieder recitiv mit diesem armen Marquis von Pisani! Wahrhaftig, man muss ein eingefleischter Teufel sein, um sich mit einem solchen Polichinell zu schlagen.«
»O, Monseigneur, ich habe mich nicht mit ihm geschlagen, sondern er mit mir.«
»Der arme Marquis! War er denn nicht schon unglücklich genug, kein Entrée in der Rue de la Cerisaie zu haben, während Ihr und der Graf von Moret dasselbe hattet?«
»Wie, Monseigneur, Ihr wisst? . . .«
»Ich weiß, dass, wenn Euer Degen nicht die Spitze seines Höckers getroffen hätte und seine Rippen nicht so übereinander geschoben wären, dass die Klinge an ihnen wie an einem Harnisch abgleiten musste, er wie ein Käfer an die Mauer gespießt worden wäre. Ihr seid also ein gar schlimmer Kopf, lieber Herr Michel.«
»Ich schwöre, Monseigneur, dass ich keinerlei Händel mit ihm gesucht habe; Voiture und Brancas werden es bezeugen; aber ich war sehr erhitzt, weil ich von der Rue de l'Homme Armé bis zur Rue du Louvre gelaufen war.«
Bei der Erwähnung der Rue de l'Homme Armé öffnete Richelieu Augen und Ohren.
»Auch er war erhitzt,« fuhr Souscarières fort, »durch einen Streit, den er in einem Wirtshaus gehabt hatte.«
»Ja wohl,« sagte Richelieu, welcher jetzt Nur den Weg übersah, den ihm Souscarières, ohne es zu ahnen, eröffnet hatte, in dem Wirtshaus »zum gefärbten Barte«.
»Monseigneur!« rief Souscarières erstaunt.
»Wohin er gegangen war,« fuhr Richelieu fort – auf die Gefahr hin, irre zu gehen, aber in der Absicht, Alles zu erfahren – »wohin er gegangen war, um zu sehen, ob er sich nicht durch die Hand eines gewissen Stephan Latil seines Rivals, des Grafen von Moret, entledigen könnte. Zum Glück fand er statt eines Sbirren einen ehrlichen Bravo, welcher es verweigerte, seine Hand in königliches Blut zu tauchen. Aber wisst Ihr wohl, mein lieber Herr Michel, dass in Eurem in der Kirche gezogenen Degen, in Eurem Duell mit Villandry, in Eurer Begünstigung der Ermordung des Stephan Latil und in Eurem Rencontre mit dem Marquis von Pisani genug Grund vorhanden ist, um Euch viermal den Kopf abschlagen zu lassen, aber natürlich nur, wenn Ihr als Edelmann zweiunddreißig Ahnen hättet und nicht ein Bürgerlicher wäret.«
»Ach, Monseigneur,« sagte Souscarières sehr erschüttert, »ich weiß es und ich gestehe es laut, dass ich mein Leben einzig und allein der Großmut Eurer Eminenz verdanke.«
»Und Eurer Intelligenz, lieber Herr Michel.«
»Ach, Monseigneur, wenn es mir ermöglicht würde, diese Intelligenz zur Verfügung Eurer Eminenz zu stellen,« rief Souscarières, zu den Füßen des Kardinals stürzend, »ich wäre der glücklichste der Menschen.«
»Ich sage nicht nein, Gott behüte; denn ich brauche Männer, wie Ihr seid.«
»Ja, Monseigneur, ergebene Männer; ich wage es auszusprechen.«
»Welche ich hängen lassen kann an dem Tage, an welchem sie aufhören es zu sein.«
Souscarières fuhr zusammen.
»O, es wird unmöglich sein, dass ich so unglücklich bin, zu vergessen, was ich Eurer Eminenz schulde.«
»Das ist Eure Sache, Herr Michel. Ihr habt Euer Glück in Eurer eigenen Hand, aber vergeht nur auch nicht, dass ich das Ende des Strickes in der meinigen halte.«
»Wenn nur Eure Eminenz geruhen wollten, mir zu sagen, bei welcher Gelegenheit ich jene Intelligenz in Anwendung bringen soll, die Ihr mir zuzuschreiben so gütig seid.«
»O, was das betrifft, recht gern.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Wohl an denn; nehmen wir an, ich gewährte Euch das Privilegium zu Eurer Erfindung.«
»Das Privilegium auf Tragsessel?« rief Souscarières, der das Glück in greifbarer Form vor sich sah, von dem der Kardinal gesagt hatte, er halte es in Händen, das er jedoch bisher nur im Traum zu sehen vermocht hatte.
»Nur die Hälfte,« sagte der Kardinal; »nur die Hälfte; die andere Hälfte behalte ich mir für ein Geschenk vor, das ich machen will.«
»Noch eine zweite Intelligenz, welche Monseigneur belohnen wollen?« wagte Souscarières zu fragen.
»Nein, eine Ergebenheit; das ist seltener.«
»Monseigneur sind Herr darüber. Mit der Hälfte des Privilegiums werde ich überreich beglückt sein.«
»Es sei! Ihr habt also die Hälfte der Tragsessel für Paris; nehmen wir z. P. zweihundert.«
»Ja, Monseigneur, nehmen wir zweihundert.«
»Das macht in Summa vierhundert Sesselträger. Nun: denn, Herr Michel, nehmen wir an, diese Träger wären intelligente Leute und passten wohl auf, wohin ihre Kunden sich tragen ließen und was sie sagten, und sie notierten sich pünktlich deren ganzes Gehen und Kommen, Thun und Lassen. Nehmen wir ferner an, an der Spitze dieses Corps stände gleichfalls ein intelligenter Mann, welcher mir, aber auch nur mir allein, Berichte erstattet über Alles, was er sieht und hört, und was ihm rapportirt wird. Und endlich nehmen wir noch an, dass dieser Mann nur zwölftausend Livres Renten hätte, sich jedoch mit Leichtigkeit vierundzwanzig tausend machen könnte, dabei aber natürlich nicht den Namen Michel führen dürfte, sondern Herr Peter von Bellegarde, Marquis von Montbrun und Herr von Souscarières heißen müsste. . . Ich würde ihm sagen: Mein lieber Freund, legt Euch so viele Namen bei, als Ihr nur wollt, je mehr, desto besser, und was die Namen anbelangt, die Ihr Euch bereits angeeignet habt, so verteidigt Ihr sie gegen Jeden, der sie vielleicht reklamieren sollte, aber seid ganz ruhig, ich werde es nicht sein, der Euch deshalb das Mindeste in den Weg legt.«
»Und das wäre Ernst, was mir da Monseigneur sagen?«
»Voller Ernst, mein lieber Herr Michel. Das Privilegium für die Hälfte der in Paris einzuführenden Tragsessel ist Euch verliehen und morgen soll Euch Euer Kompagnon, der den Vertrag für seinen Teil schon unterschrieben haben wird, denselben zu gleichem Zwecke überbringen. Ist Euch das recht?«
»Und wird die Schrift auch die Verbindlichkeiten enthalten, die mir auferlegt sind?« fragte zögernd Souscarières.
»Auf keinen Fall, lieber Herr Michel. Ihr begreift, dass die Sache ganz unter uns bleibt; es ist sogar von höchster Wichtigkeit, dass sie nicht ausposaunt werde. Teufel! wüsste man Euch auf meiner Seite, so wäre Alles gefehlt. Es schadet sogar nicht das Geringste, wenn man glaubt, Ihr wäret für Monsieur oder für die Königin; hierzu wird es Euch genügen, zu sagen, ich wäre ein Tyrann, ich verfolge die Königin, und Ihr begreift nicht, wie König Ludwig XIII. unter einem so harten Joch, wie das meinige, leben könne.«
»Aber ich werde niemals derartige Suchen sagen können!« rief Souscarières.
»Schon gut; wenn Ihr Euch etwas Gewalt antut, werdet Ihr sehen, dass das von selbst geht. Wir sind also nun im Reinen. Eure Sessel werden in Mode kommen, Ihr werdet Opposition machen, Ihr werdet den ganzen Hof haben, man wird nirgends mehr hingehen ohne Tragsessel, besonders wenn diese für zwei Personen berechnet sind und recht dichte Vorhänge haben.«
»Monseigneur haben mir Niemand besonders zu empfehlen?«
»O doch. Ich empfehle Euch namentlich folgende Damen: die Frau Prinzeß zuvörderst, dann Madame Marie von Gonzaga, die Herzogin von Chevreuse, Frau von Fargis; ferner von den Herren: den Grafen von Moret, Herrn von Montmorency, den Herzog von Chevreuse, den Grafen Cramail. Ich spreche nicht vom Marquis von Pisani; er kann mich, Dank Eurer Geschicklichkeit, einige Tage lang nicht beunruhigen.«
»Monseigneur können beruhigt sein. Und wann soll ich meine Kundschafterdienste beginnen?«
»So bald als möglich. In acht Tagen kann die ganze Sache im Zuge sein, natürlich, wenn Euch das Anlagecapital nicht fehlt.«
»Nein, Monseigneur. Übrigens wenn es mir auch fehlte, bei einer solchen Gelegenheit fände ich es gewiss.«
»In diesem Falle braucht Ihr nicht zu suchen, sondern Euch nur direkt an mich selbst zu wenden.«
»An Euch, Monseigneur?«
»Ja. Habe ich nicht ein Interesse an der Sache? Doch da ist Cavois, der, wie es scheint, mir etwas zu sagen hat. Er ist es, der Euch morgen das kleine Papier zum Unterzeichnen bringt, und da er alle die Bedingungen desselben kennen wird, selbst die, welche unter uns bleiben, so würde auch er es sein, der sie Euch im Falle einer Vergesslichkeit ins Gedächtnis zurückzurufen käme, aber ich glaube gewiss zu sein, dass Ihr nichts vergessen werdet. Tritt ein, Cavois, tritt ein. Du siehst diesen Herrn, nicht wahr?«
»Ja, Monseigneur,« sagte Cavois, der dem Befehle des Kardinals gehorcht hatte.
»Gut. Er ist einer meiner Freunde. Aber er gehört zu Jenen, die mich nur zwischen zehn Uhr Abends und zwei Uhr Morgens besuchen. Für mich, aber nur für mich allein, heißt er Michel, für alle Übrigen ist es Herr Peter von Bellegarde, Marquis von Montbrun, Herr von Souscarières. – Auf Wiedersehen, lieber Herr Michel.«
Souscarières verneigte sich bis auf die Erde und entfernte sich, kaum an sein Glück glaubend und fast unklar darüber, ob der Kardinal mit ihm ernstlich gesprochen oder sich bloß über ihn lustig gemacht hatte.
Da er aber wusste, dass der Kardinal stets sehr beschäftigt war, begriff er endlich doch, derselbe habe nicht die Zeit, über ihn zu spotten und habe daher aller Wahrscheinlichkeit nach in vollem Ernste gesprochen.
Was den Kardinal anbelangt, so hatte er das Bewusstsein, seine Macht durch die Rekrutierung eines mächtigen Alliierten verstärkt zu haben; seine gute Laune war also zurückgekehrt und er rief mit seiner freundlichsten Stimme:
»Madame Cavois! Madame Cavois. kommt doch herein!«