Читать книгу Der Graf von Moret - Александр Дюма - Страница 2

Erster Teil
II.
Was aus dem Vorschlage wurde, den der Unbekannte dem Meister Stephan Latil machte

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Als sich die Tür hinter dem Wirte abermals geschlossen hatte, begann der Unbekannte sein Gespräch mit dem Bravo auf's Neue.

»Nun,« sagte er, »da Ihr wisst, dass Ihr es mit keinem Krämer zu tun habt, seid Ihr jetzt bereit, einem freigebigen Edelmanne beizustehen, damit er sich eines Nebenbuhlers entledigen könne, der ihn belästigt?«

»Mm! macht mir oft derlei Anerbietungen, Herr Marquis, und ich weise sie selten zurück; doch bevor wir weitergehen, ist es wohl gut, wenn Ihr die Preise kennt, die man mir zu bezahlen pflegt.«

»Ich kenne sie: zehn Pistolen für das Sekundieren in einem gewöhnlichen Duell, fünfundzwanzig Pistolen für die Herbeiführung eines Vorwandes, wenn die betreffende Person nicht die Absicht hat, sich zu schlagen, und hundert Pistolen für die Herbeiführung eines Streites, welcher ein unmittelbares Scharmützel mit der Person zur Folge hat, die getödtet auf dem Platze bleiben soll.«

»So ist es,« sagte der Klopffechter, »wenn die Person nicht todt bleibt, so gebe ich das Geld zurück, und rechne die Wunden gar nicht an, die ich etwa beigebracht habe.«

»Ich weiß es, dass Ihr eben sowohl eine gute Klinge führt, als auch ein Mann von Ehre seid.«

Stephan Latil verbeugte sich leicht in einer Weise, als hätte man ihm bloß Gerechtigkeit widerfahren lassen; in der Tat war er nach seinen Begriffen ein Mann von Ehre.

»Ich kann also auf Euch zahlen?« fuhr der Unbekannte fort.

»Wartet! Gehen wir nicht so schnell vor, Ihr seid Italiener und müsst das Sprichwort kennen: Chi va piano va sano; wer langsam geht, geht sicher. Wir müssen zuerst wissen, welcher Natur das Geschäft ist, um das es sich hier handelt, und zu welcher der drei Kategorien der Vertrag gehört, den wir schließen wollen, ein Vertrag, dessen Summe übrigens im Vorhinein bezahlt werden muss.«

»In dieser Börse sind wohl gezählte hundert Pistolen; Ihr könnt Euch von der Richtigkeit der Summe überzeugen.«

Der Unbekannte warf eine seidene Börse auf den Tisch.

Trotz des verführerischen Klanges, den sie von sich gab, berührte sie der Klopffechter nicht, ja er sah sie kaum an.

»Es scheint also,« sagte er, »dass wir die beste Qualität wollen das augenblickliche Scharmützel,« und seine Lippen gerieten in jenes höhnische Zucken, das seiner Miene etwas so Schreckliches verlieh.

»Und der Tod des Gegners ist auch die Bedingung,« erwiderte der Unbekannte, ohne – so groß seine Selbstbeherrschung auch sein mochte – ein leichtes Zittern seiner Stimme verbergen zu können.

»Ich brauche nur noch den Namen, den Stand und die Gewohnheiten Eures Nebenbuhlers zu erfahren. Ich glaube nach meiner gewohnten Weise arbeiten zu können, und dazu ist es nöthig, dass ich über die Person, um die es sich handelt, genau unterrichtet werde. Wie Ihr wisst, oder vielleicht auch nicht wisst, hängt Alles davon ab, wie man sich mit dem Degen auslegt; anders tut mau dies gegenüber einem eben nach Paris gekommenen Landtölpel, anders gegenüber einem bekannten Fechter, anders, wenn man einen milchbärtigen Pagen, anders wieder, wenn man die Garden des Königs oder des Herrn Kardinals vor sich hat. Wenn ich nun von Euch schlecht unterrichtet würde, so könnte es mir begegnen, dass ich, statt Euren Nebenbuhler zu tödten, von diesem getödtet werde, was weder für Eure noch für meine Zwecke besonders vorteilhaft wäre. Auch ist mit dem Duell die Gefahr nicht vorüber. Wenn die Geschichte ein wenig Lärm macht, so ist das Wenigste, was mir geschehen kann, ein mehr monatlicher Aufenthalt in einem Gefängnisse; diese Orte sind feucht, und der Wein, der den schädlichen Dünsten daselbst das Gleichgewicht halten soll, ist teuer. Das Alles muss in Rechnung gebracht werden.«

»Wenn es sich um zwanzig oder dreißig Pistolen mehr handelt, so weiß ich, was recht ist, und es soll mir auch darauf nicht ankommen.«

»Kommen wir also zur Sache,« sagte Meister Stephan; »wer ist Euer Feind, wann und wie soll er angegriffen werden? Vorerst aber seinen Namen!«

»Sein Name tut nichts zur Sache,« antwortete der Mann im Mantel, »wir gehen heute Abend zusammen in die Rue de la Cerisaie; ich werde Euch die Haustür zeigen, aus welcher er um zwei Uhr nach Mitternacht heraustritt; Ihr werdet ihn erwarten, und da er allein es sein kann, der dieses Haus in so später Stunde verlässt, so ist ein Missverständnis; unmöglich; übrigens gebe ich Euch ein Zeichen an dem Ihr ihn mit leichter Mühe erkennen müsst.«

Der Bravo schüttelte mit dem Kopfe, stieß die Börse zurück, die er bereits mit seinen Fingern berührt hatte, und ließ sich wieder in seine bequeme Lage zurückfallen.

»Das ist nicht genug,« sagte er, »ich habe es Euch gesagt und ich wiederhole es Euch nun, dass ich vor Allem wissen muss, mit wem ich zu tun bekomme.«

Der Unbekannte ließ sich ein Zeichen der Ungeduld entschlüpfen.

»In der Tat,« sagte er, »Ihr treibt Euer Bedenken zu weit, Meister Latil, Euer Gegner wird Euch in keinem Falle weder einen Schaden zufügen, noch Euch widerstehen können; er ist ein Kind von kaum 23 Jahren, erst seit acht Tagen wieder in Paris, von dem alle Welt glaubt, dass er sich noch in Italien befinde. Übrigens werdet Ihr den jungen Mann zu Boden strecken, bevor er noch Gelegenheit hatte, Eure Gesichtszüge zu unterscheiden; zur größten Vorsicht könnt Ihr Euch ja auch einer Maske bedienen.«

»Aber wisst Ihr auch, mein Edelmann,« sagte Latil, seine Ellbogen auf den Tisch und seinen Kopf auf seine Fäuste stützend, »wisst Ihr auch, dass Euer Vorschlag auf einen Mord hinausgeht?«

Der Unbekannte blieb stumm, Latil schob seinerseits die Börse vollends zurück. »In diesem Falle,« sagte er, »bin ich nicht Euer Mann, und das Geschäft, das Ihr mir vorschlagt, gefällt mir ganz und gar nicht.«

»Sollten Euch diese Skrupel im Dienste des Herzogs von Epernon gekommen sein, mein guter Freund?« fragte der Unbekannte.

»Nein,« antwortete Latil, »denn ich habe gerade Lamm den Dienst des Herzogs von Epernon verlassen.«

»Ihr könntet Euch also mit den Simons nicht einverstehen?«

Die Simons waren die Henkersknechte des alten Herzogs.

»Die Simons,« sagte Latil mit einer Miene höchster Verachtung, »betreiben ihr Geschäft mit Dolchstichen, während ich nur Degenstöße austeile.«

»Nun,« sagte der Unbekannte, »ich sehe, dass man die Summe verdoppeln muss. Sei es denn, ich will zweihundert Pistolen an diese Laune wenden.«

»Und ich sage Euch, dass mich das nicht bestimmen soll; ich arbeite nun einmal nicht als Henker. Ihr werdet Leute genug dazu,finden, bei St. Pierre herum, da halten sie sich auf. Was liegt Euch übrigens daran, wie ich Euch seiner entledige, wenn er nur aus Eurem Wege geräumt wird.«

»Er wird Eure Herausforderung nicht annehmen.«

»Sacrebleu! ich glaube selbst, dass es ihm unangenehm sein wird; die Latil von Pompignac zählen unter ihren Ahnen keine Kreuzfahrer, wie die Rohan und die Montmorency, das ist wahr, aber sie sind von gutem Adel, und obwohl ich ein Jüngst geborener bin, so halte ich mich doch für einen Cavalier.«

»Und doch sage ich Euch, dass er Eure Herausforderung nicht annehmen wird.«

»Dann werde ich ihm so viel Stockschläge beibringen, dass er sich in der guten Gesellschaft nicht mehr wird blicken lassen können.«

»Er ist keiner von Denen, die man mit dem Stocke schlägt.«

»O! O! Es ist also der Herr Kardinal selbst, dem Ihr an den Kragen wollt?«

Der Unbekannte antwortete nicht, er zog aus seiner Tasche zwei Geldrollen, deren jede hundert Pistolen enthielt, und welche er neben die Börse auf den Tisch legte. Bei der Bewegung aber, die er machte, verschob sich sein Mantel, und Latil konnte bemerken, dass Derjenige, der mit ihm unterhandelte, sowohl vorne als hinten einen Höcker hatte.

»Dreihundert Pistolen,« sagte der bucklige Edelmann, »werden wohl Eure Skrupel beseitigen und Euren Einwürfen ein Ziel setzen.«

Latil schüttelte den Kopf und stieß einen Seufzer aus.

»Ihr habt sehr verlockende Manieren, mein Edelmann,« sagte er, »und ist schwer, Euch zu widerstehen; man müsste in der Tat ein Herz von Stein haben, um einen Edelmann wie Euch in der Verlegenheit zu sehen, ohne mit ihm das Mittel zu suchen, wie er aus derselben gezogen werden könnte. Suchen wir also!«

»Ich kenne kein anderes Mittel, als dieses hier,« sagte der Unbekannte, und zwei neue nicht minder gewichtige Geldrollen wurden neben die ersten auf den Tisch gelegt. »Aber,« fuhr er fort, »dies ist auch die Grenze; es ist nun an Euch, zu verweigern oder anzunehmen.«

»Ah! Versucher!« brummte Latil, indem er die Börse und die Geldrollen an sich zog, »Ihr macht, dass meine Grundsätze wanken.«

»Seht Ihr,« sagte der Andere, »ich wusste es wohl, dass wir uns endlich verständigen würden.«

»Kommen wir also zur Sache. Ihr sprecht von der Rue de la Cerisaie, nicht wahr?«

»Ja.«

»Für heute Abend?«

»Wenn es möglich ist.«

»Ihr müsst mir die Zeichen genau angeben, damit ich nicht fehlgehe.«

»Das ist selbstverständlich; da Ihr übrigens jetzt zur Vernunft gekommen seid, und da ich Euch bezahlt habe —«

»Einen Augenblick! Das Geld ist noch nicht in meiner Tasche.«

»Wollt Ihr neue Schwierigkeiten machen?«

»Das nicht, aber wir haben von den Ausnahmen noch nicht gesprochen, exceptis excipiendis, wie wir im Collegium von Libourne zu sagen pflegten.«

»Sprechen wir also von den Ausnahmen.«

»Vor Allem – es ist weder der König noch der Kardinal?«

»Weder der Eine noch der Andere.«

»Noch auch ein Freund des Kardinals?«

»Im Gegenteile, ein Feind desselben.«

»Und wie steht er zum Könige?«

»Er ist ihm gleichgültig; aber die Königin sieht ihn gern, das kann ich Euch nicht verschweigen.«

»Es ist nicht der Kardinal von Bérulle?«

»Habe ich nicht gesagt, dass er erst dreiundzwanzig Jahre zählt?«

»Ich begreife nun: es ist irgend ein Liebhaber der Königin.«

»Vielleicht! – Bist Du nun mit der Liste deiner Ausnahmen zu Ende?«

»Ja. . . . «

»Arme Königin!« murmelte Latil, seine Hand auf das Geld legend und sich vorbereitend, es in die Tasche zu schieben. »Sie hat gar kein Glück, eben hat man ihr erst den Herzog von Buckingham getödtet —«

»Und,« unterbrach ihn der bucklige Edelmann, welcher seinem Zögern endlich einmal eine Grenze setzen wollte, »jetzt wird man ihr den Grafen von Moret tödten!«

Latil sprang von seinem Sitze in die Höhe.

»Wie,« rief er, »den Grafen von Moret

»Den Grafen von Moret,« wiederholte der Unbekannte; »wie es scheint, habt Ihr ihn in der Liste sturer Ausnahmen nicht genannt.«

»Anton von Bourbon?« fuhr Latil fort, indem er seine beiden Fäuste auf die Tischplatten stemmte.

»Anton von Bourbon, so ist es.«

»Den Sohn unseres guten Königs Heinrich

»Den Bastard, wollt Ihr sagen!«

»Die Bastarde sind die wahren Söhne der Könige, vorausgesetzt, dass diese sie aus Liebe und nicht aus Pflicht zeugen; nehmt Euer Gold zurück, mein Herr, niemals werde ich die Hand gegen einen Sohn des königlichen Hauses erheben.«

»Der Sohn der Jacqueline von Beuil gehört nicht zum königlichen Hause.«

»Aber der Sohn König Heinrichs IV. gehört wohl zu demselben.«

Darauf sich erbebend, die Anne kreuzend und einen fürchterlichen Blick auf den Unbekannten werfend, sagte Latil:

»Wisst Ihr wohl, mein Herr Cavalier, dass ich dabei war, als man den Vater tödtete?«

»Ihr?«

»Ich stand auf dem Fußtritte der Carosse als Page des Herrn Herzogs von Epernon. Der Mörder musste mich mit seinen Händen beiseite schieben, um zu ihm zu gelangen; ohne mich hätte er sich vielleicht geflüchtet. Ich war es, der sich an seine Kleider klammerte, als er davon springen wollte. Da seht her« – Latil zeigte seine mit Narben bedeckten Hände – »hier sind die Spuren der Messerhiebe, mit denen er mich tractirte, um meiner los zu werden. Das Blut des großen Königs vermischte sich mit dem meinigen, und zu mir kommt Ihr, um mir vorzuschlagen, das seines Sohnes zu vergießen? Ich bin kein Ravaillac, aber Ihr, Ihr seid ein Elender! Nehmt also Euer Gold und entfernt Euch schnell, oder ich spieße Euch an die Mauer wie ein giftiges Tier!«

»Schweige, Bandit,« rief der Unbekannte, einen Schritt zurückweichend, »oder ich lasse deine Zunge durchbohren und deine Lippen zusammennähen.«

»Nicht ich bin ein Bandit, aber Du bist ein Mörder, und da ich nicht von der Polizei bin und Dich daher auch nicht festnehmen kann, um Dich daran zu verhindern, dass Du Deine schändlichen Vorschläge anderswo machst, wo sie vielleicht angenommen würden, so will ich deine Pläne mit Dir zugleich vernichten und aus deiner missgestalteten Person das machen, wozu sie einzig und allein gut genug ist, eine Vogelscheuche nämlich.«

Während er die letzten Worte sprach, zog Latil seinen langen Degen aus der Scheide und führte damit nach dem Manne im Mantel einen kräftigen Stoß.

Jener aber, den dieser Stoß in der Tat durchbohren und einer Fledermaus gleich an die Wand hätte nageln müssen, wenn er ihn abgewartet hätte, machte mit einer Gewandtheit, die man von einem Manne seiner Statur gewiss nicht erwartet hatte, einen Sprung nach rückwärts, zog blitzschnell seinen Degen und lag in demselben Augenblicke vor Latil in der Parade, dem er nun mit so gebundenen Stößen und meisterhaften Finten zusetzte, dass der Klopffechter es für nöthig erachtete, seinen ganzen Vorrat von Kunst. Klugheit und Kaltblütigkeit zu Hilfe zu rufen; dann, als ob es ihn gefreut hätte, in dem Augenblicke, wo er es am wenigsten erwartete, einen Gegner gefunden zu haben, der ihm ebenbürtig war, nahm er sich vor, den Kampf so lange als möglich dauern zu lassen und begnügte sich von nun an, mit einer solchen Geschicklichkeit zu parieren, als ob er sich auf dem Fechtboden befunden hätte, in der Erwartung, die Ermüdung oder ein Fehler seines Gegners würden ihm die Gelegenheit zu einem jener Meisterstöße geben, wegen deren er so berühmt oder vielmehr so berüchtigt war.

Minder geduldig als er war der Bucklige. Als er die fruchtlose Bemühung sah, eine ungedeckte Stelle an seinem Gegner zu finden, auch ohne Zweifel Eile hatte, und überdies zu bemerken glaubte, dass Latil sich zwischen ihn und die Tür dränge, um ihm den Rückzug abzuschneiden, fing er plötzlich an zu schreien:

»Zu mir, meine Freunde! Zu Hilfe! Man ermordet mich!«

Kaum hatte der bucklige Edelmann diesen Ruf ausgestoßen, als drei Männer, welche sich in der benachbarten Gasse aufgehalten hatten, plötzlich in den niederen Saal stürzten und zu gleicher Zeit den unglücklichen Latil angriffen, welcher, als er sich nach ihnen umwandte, nicht den Stoß zu parieren vermochte, den der Bucklige in diesem Augenblicke nach seiner Schulter führte, und da einer der Eingedrungenen zur selben Zeit von einer andern Seite auf ihn einhieb, so erhielt er auf einmal zwei tödtliche Wunden.

Latil fiel röchelnd der Länge nach auf den Boden nieder.

Der Graf von Moret

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