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Erster Teil
III.
Der bucklige Edelmann überzeugt sich, dass es nicht recht von ihm war, den Grafen van Moret tödten lassen zu wollen

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Ein Stillschweigen von einigen Augenblicken folgte dieser Katastrophe; die Degen wurden schweigend und vorsichtig abgewischt und in ihren Scheiden verwahrt.

Aber bei dem Lärm, der vorhergegangen war, bei dem Schmerzensschrei Latil's, bei dem Klirren der Waffen, war Meister Soleil mit seinen Gehilfen durch die Küchentür herbeigekommen, während einige Neugierige ihre Köpfe durch die Tür gesteckt hatten, welche auf die Straße führte.

Alle blickten mit Schrecken auf den am Boden hingestreckten Mann und zeigten einander schaudernd die vier Blutbäche, welche aus seinen vier Wunden strömten und in dem Saale eine hässliche Lache bildeten.

Inmitten dieses Schweigens sagte ein Stimme:

»Man muss die Wache holen.«

Aber derjenige der drei Freunde des buckligen Edelmannes, der ihm zuerst zu Hilfe gekommen war, und Latil die Rückenwunde beigebracht hatte, rief:

»Dass Niemand sich vom Flecke rührt! Die Sache geht uns allein an, und wir verantworten Alles. Ihr seid Zeugen, dass wir nichts Anders taten, als dass wir unserem Freunde hier, dem Marquis Pisani, zu Hilfe eilten, welchen dieser infame Bandit in einen Hinterhalt gelockt hatte; fürchtet daher nichts; Ihr habt es mit vornehmen Leuten, mit den Freunden des Herrn Kardinals tun.«

Sämtliche Anwesende entblößten ihre Häupter, doch waren sie durch die Auskunft, die ihnen erteilt worden war, augenscheinlich noch nicht ganz beruhigt über die Folgen eines Ereignisses, welches in jener Zeit wohl nicht zu den seltenen gehörte, aber dessen Umstände ihm eine besondere Wichtigkeit verliehen.

Der Redner begriff, dass um das allgemeine Vertrauen herzustellen, es nöthig sei, etwas umfassendere Aufklärungen zu geben. Er ließ sich daher nicht lange bitten, und mit dem Finger einen seiner Gefährten bezeichnend, sagte er: »Seht hier zuerst den Herrn Vincent Voiture, einen bekannten Dichter und Schöngeist, welcher einer der ersten Akademiker Consard's sein wird, wenn Consard seine Akademie einmal gegründet hat, und welcher einstweilen Einführer der Gesandten bei Monsieur, Sr. königlichen Hoheit, ist.«

Ein kleiner, frischer, sehr elegant in Schwarz gekleideter Mann verbeugte sich, als er zur Bewunderung der Umstehenden seine Titel aufzählen hörte.

»Ferner,« fuhr der Redner fort, »ist hier der Herr Graf von Brancas, Sohn des Herrn Herzog von Villars, Ehrencavalier Ihrer Majestät der Königin; endlich,« setzte er, die Stimme erhebend und mit dem Kopfe schüttelnd, wie ein Pferd seine Mähne schüttelt, hinzu, »endlich bin ich da: Peter von Bellegarde, Marquis von Montbrun, Herr von Souscarières, Sohn des Herrn Herzogs von Bellegarde, Großstallmeisters von Frankreich, Großoffiziers der Krone, Freund des seligen Königs Heinrich IV., und guter Untertan des glorreich regierenden Königs Ludwigs XIII. Wenn alle diese Bürgschaften Euch nicht genügen, so wüsste ich Euch keine andere anzubieten; doch, da Ihr nun die Mühe habt, den Fußboden hier zu waschen und den Leichnam zu bestatten und eine jede Mühe ihren Lohn verdient, so ist hier etwas, womit Ihr Euch bezahlt machen könnt.«

Und die Börse vom Tische nehmend, warf Peter von Bellegarde, der Marquis von Montbrun, dieselbe zu den Füßen des Wirtes nieder, ließ die vier Rollen zu Hundert Pistolen in seine Tasche gleiten, ohne vom Marquis Pisani in dieser fingerfertigen Handlung gestört zu werden, welcher sich bereits aus dem Saale geschlichen hatte.

Der Wirt und seine Gehilfen waren durch die Aufzählung so glänzender Namen und Titel, sowie durch den Klang des Goldes, welches auf den Dielen nach allen Seiten hin rollte, ganz verblüfft worden; sie nahmen achtungsvoll ihre Kappen ab, grüßten linkisch, indem sie mit den Füßen hinten aus scharrten, und nahmen die Lichter von den Wänden, um die Ehre haben zu können, Edelleuten voran zu leuchten, welche so freundlich gewesen waren, einen Menschen in ihrem Hause zu tödten, und eine Börse voll Gold daselbst zu hinterlassen, deren Inhalt soeben von Madame Soleil, welche eine gute Wirtin war, zusammengerafft und in die Tasche gesteckt wurde, worauf Peter von Bellegarde, der mit der Schönheit des Wortes auch die Würdigkeit der Gebärde verband, seinen Mantel in den rechten Faltenwurf brachte, seinen, Schnurrbart strich, seinen Hut auf das linke Ohr drückte und elastischen Schrittes den Saal verließ.

Die Anderen folgten ihm mit ebenso heiteren als herausfordernden Mienen.

Während alle Drei sich anschickten, dem Marquis Pisani zu folgen, der bereits einen bedeutenden Vorsprung gewonnen hatte, müssen wir den Leser mit einigen unerlässlichen Details über die Personen bekannt machen, die wir ihm vorgeführt haben.

Der, welchem wir bei dem eben erzählten Drama die Hauptrolle zugeteilt haben, war der Marquis von Pisani, Sohn der Frau Marquise von Rambouillet, Tochter des Johann von Bivonne und der Julie Savelli, einer römischen Dame.

Wenn man von der Marquise von Rambouillet sprach, so hieß das von jener Frau sprechen, welche seit 50 Jahren den Ton in der Gesellschaft des siebzehnten Jahrhunderts angab.

Der Marquis von Pisani war als ein schöner Knabe mit geraden Gliedern zur Welt gekommen, wie die andern Kinder der Marquise. Er wäre auch wahrscheinlich so schlank in die Höhe gewachsen, wie diese, welche man die Tannen von Rambouillet nannte, wenn er nicht in seiner Kindheit das Rückgrat durch einen Sturz gebogen hätte, welcher Unfall aus ihm einen so scheußlich entstellten Menschen machte, dass man für seinen Körper niemals hatte einen Kürass machen können, obgleich er sich deshalb an die ersten Waffenschmiede Frankreichs und Italiens gewandt hatte. Diese Missbildung war auch die physische Ursache, dass aus dem Edelmann von Geist zuweilen eines der hassenswertesten Wesen, eine Art Dämon, wurde, dem kein Mittel verwerflich war, wenn es galt, etwas Jugendliches und Schönes zu zerstören; die Ursache ferner, dass dieser unterrichtete Cavalier im Stande war, in einem jener Anfälle von Wut, wie wir einen solchen soeben belauschten und die bei ihm jedes mal dann einzutreten pflegten, wenn er bei einem seiner verliebten Abenteuer, eine Niederlage erlitten hatte, das schwärzeste und eines Herrn von seinem Namen und seinem Stande unwürdigste Verbrechen zu begehen.

Der Zweite war Vincent Voiture. Sohn eines Weinhändlers. Vincent Voiture, welcher sich in der Literatur des siebzehnten Jahrhunderts einen populären Namen' erworben hat, war nicht allein, wie er gesagt hatte, der Anführer der Gesandten bei Seiner königlichen Hoheit, dem Prinzen Gaston von Orleans, dem Bruder der Königs; er war auch einer der ersten, wenn nicht gar der erste Schöngeist, seiner Zeit, Er war klein, aber wohlgestaltet, kleidete sich mit sorgfältiger Eleganz, hatte ein naives, um nicht zu sagen ausdrucksloses Gesicht, und war dem Spiele mit einer solchen Leidenschaft ergeben, dass er jedes mal, wenn er spielte, nach fünf Minuten das Hemd wechseln musste; er war der Liebling der Prinzessinnen und der schönen Damen jener Zeit, mit denen er fast durchgehend auf vertrautem Fuße stand; er war der Schützling der Königin Anna von Österreich, der unzertrennliche Gesellschafter der Frau Prinzeß Condé, der Gattin jenes Condé,, der durch seine Sittenlosigkeit, seine Feigheit und seinen Geiz einen Flecken in diese Heldenfamilie gebracht hat; er war endlich der Freund der Marquise von Rambouillet und anderer bedeutender Frauen des Hofes. Tapfer wie er war, zögerte er niemals, die Klinge an seiner Seite das Tageslicht sehen zu lassen; man sprach von dreien seiner Duelle, welche viel Aufsehen gemacht hatten; das eine hatte am Tage, das andere beim Mondschein, das dritte beim Lichte einer Kerzenflamme stattgefunden. Der Marquis von Pisani konnte nicht ohne ihn sein, und er war sein beständiger Gefährte bei guten, wie bei schlimmen Abenteuern.

Der Dritte war der junge Graf von Brancas, Ehrencavalier der Königin-Mutter, Maria von Medicis. Mit Ausnahme Lafontaines gab es vielleicht im siebzehnten Jahrhundert in Frankreich keinen zerstreuteren Menschen als ihn. Als er einst in der Nacht irgendwo fortritt, fielen Räuber ihm in den Zügel.

»He, Lakaien,« rief er, »lasst doch mein Pferd gehen.«

Er bemerkte die wahre Lage erst, als man ihm die Pistole aus die Brust setzte.

An seinem Hochzeitstage sagte er dem Bader, bei welchem er zuweilen schlief, er sollte für ihn ein Bett bereit halten, weil er die Nacht bei ihm zubringen wollte.

»Aber was fällt Euch denn ein, Herr Graf,« entgegnete der Bader, »Ihr habt Euch ja heute Morgen vermählt?«

»Meiner Treu, das ist wahr,« sagte er; »daran dachte ich nicht mehr.«

Der Vierte endlich war Souscarières und wir wollen vor der Hand weiter nichts von ihm sagen, da sich im Laufe der Erzählung Gelegenheit genug bieten wird, ihn dem Leser so gut als möglich bekannt zu machen. Die Art übrigens, wie er sich bei dem erzählten Vorfalle benahm, wird hoffentlich vorläufig genügen, um sich ein flüchtiges Bild von dieser eigentümlichen Persönlichkeit entwerfen zu können.

Alle Drei hatten, wie wir erwähnt, triumphierend die Schenke »zum gefärbten Barte« verlassen, hatten, die Einen springend, die Andern kriechend, die Barriere gewonnen, welche Tag und Nacht die beiden Enden der Rue de l'Homme armé absperrte, und waren dem Marquis Pisani gefolgt, welchen sie auf dem Wege nach dem Hotel Rambouillet anzutreffen hofften, das in der Rue St. Thomas du Louvre gelegen, war, an dem Platze, wo sich jetzt das Theater Du Vaudeville erhebt.

Sie holten ihn auch ein, aber erst an der Ecke der Rue Fromenteau und der Rue des Orties, d. h. nur noch hundert Schritte von dem Hotel entfernt.

Ihre Schritte hinter sich vernehmend, hatte der Marquis sich nach ihnen umgewandt und sie erkannt; sofort ließ er sich, ganz außer Atem durch den heftigen Lauf, auf dem steinernen Vorsprung eines Portales nieder, lehnte sein Haupt gegen die Mauer und erwartete seine Freunde.

Diese kamen nicht in einer Gruppe herbei, sondern waren in ziemlicher Entfernung auseinander, welche nicht sowohl durch den Grad der Wunden, die sie erhalten hatten, sondern durch die Länge ihrer Beine bedingt war. Zuerst kam Souscarières, eine Art Athlet in der Höhe von 5 Fuß 9 Zoll; hinter ihm lief der Graf Brancas, der eigentlich schon vergessen hatte, was vorgefallen war und sich vergebens fragte, wodurch er zu solcher Eile gedrängt werde. Zuletzt keuchte der kleine Voiture einher, der trotz seiner dreißig Jahre schon Anlage zur Fettleibigkeit zeigte.

Souscarières blieb vor Pisani stehen, welcher mit seiner hässlichen Gestalt, mit seiner verzerrten Miene und seinem glühenden Blicke einer jener phantastischen Figuren glich, die von der tollen Einbildungskraft der Architecten des 15. Jahrhunderts au die Portale der damaligen Gebäude hingezaubert wurden.

»Du bist doch völlig toll, Pisani,« sagte Souscarières, indem er die Arme kreuzte und sich dicht vor seinen Freund hinstellte, »dass Du unaufhörlich Dich und uns mit Dir in solche hässliche Geschichten stürzest. Da wurde nun ein Mann getödtet – es ist das freilich fein großes Unglück; er war ein bekannter Halsabschneider, wir werden bezeugen, dass Du Dich in dem Falle der gesetzlichen Notwehr befandest, und sein Tod wird ohne weitere schlimme Folgen für Dich sein; aber setze den Fall, dass ich nicht zu rechter Zeit gekommen wäre und ihn von hinten gespießt hätte, während Du ihm diesen Liebesdienst von vorne erwiesest – was wäre geschehen? Nichts, als dass Du jetzt selbst an seinem Spieße stockst wie eine Lerche.«

»Nun,« antwortete Pisani finster, »wo wäre dabei das große Unglück?

»Wie, wo dabei das Unglück wäre?«

»Ja! Wer sagt Dir, dass ich nicht den Tod suche? Führe ich etwa ein angenehmes Leben, verspottet von den Männern, verachtet von den Frauen, wie ich es bin? Wäre da der Tod nicht eben so viel wert, oder wäre es nicht besser, wenn ich das Licht dieser Welt gar nicht erblickt hätte?«

Und mit den Zähnen knirschend, hob er seine Faust gegen den Himmel.

»Aber wenn Du Dich mit Gewalt tödten lassen willst, mein lieber Marquis, wenn der Tod Dir gar so viel wert ist, warum riefst Du uns dann zu Hilfe, als der Degen des ehrenwerten Latil im Begriffe stand, deinen Wunsch zu erfüllen?«

»Weil ich mich rächen will, bevor ich sterbe.«

»Was der Teufel! Wenn man sich rächen will und dabei einen Freund hat, der Souscarières heißt, so theilt man ihm hübsch seine kleinen Angelegenheiten mit und rennt nicht blindlings in eine finstere Schenke, um daselbst einen Strolch aufzusuchen, der seine Degenstöße verkauft.«

»Ich musste diesen Strolch aussuchen, weil nur ein solcher mir den Dienst erweisen kann, den ich begehre. Wenn dieser Dienst deiner würdig gewesen wäre, so hätte ich mich gewiss an keinen Andern gewendet, ja nicht einmal zu Dir wäre ich gekommen; ich selbst hätte meinen Mann herausgefordert und getödtet. Einen verhassten Nebenbuhler zu seinen Füßen im Todeskampfe zu sehen, ist ein zu wollüstiges Gefühl, als dass man es sich entgehen lassen sollte.«

»Und warum lässt Du es Dir entgehen?«

»Du willst mich etwas sagen lassen, was ich weder sagen kann noch will.«

»Heraus mit der Sprache, Mordieu;das Ohr eines ergebenen Freundes ist ein Brunnen, in dem Alles spurlos unter sinkt, was hineingeworfen wird. Du dürstest nach dein Mute eines Mannes – nun wohl, so schlage Dich mit ihm, tödte ihn.«

»Aber, Unglücklicher,« rief Pisani, den seine Leidenschaft ganz fortriss, »schlägt man sich wohl mit den Prinzen von Geblüt, oder schlagen sich die Prinzen von Geblüt etwa mit uns einfachen Edelleuten? Nein – wenn man sich ihrer entledigen will, so muss man sie ermorden lassen.«

»Und das Schafott?« fragte Souscarières.

»Wenn er einmal todt gewesen wäre, so hätte ich auch mir den Tod gegeben; habe ich nicht einen Ekel vor dem Leben?«

»Oho!« rief plötzlich Souscarières, sich an dir Stirne schlagend. »Sollte ich vielleicht zufällig erraten?«

»Es ist möglich,« sagte Pisani, sorglos die Achsel zuckend.

»Sollte der Mann, auf den Du eifersüchtig bist, mein lieber Pisani, etwa gar —«

»Vollende immerhin.«

»Aber nein, es kann nicht sein; Der, den ich meine, ist erst vor acht Tagen aus Italien zurückgekehrt.«

»Es bedarf keiner acht Tage, um sich vom Hotel Montmorency in die Rue Cerisaie zu begeben.«

»Es ist also —« Souscarières zögerte einen Augenblick und es war, als ob ihm das Wort unabsichtlich entschlüpfte – »es ist also der Graf von Moret

Ein schrecklicher Fluch aus dem Munde des buckligen Marquis war seine einzige Antwort.

»So; und wie heißt deine Flamme, mein lieber Pisani

»Ich liebe Frau von Maugiron

»Das ist ja eine köstliche Geschichte,« rief Souscarières mit einem schallenden Gelächter herausplatzend.

»Ist das so lächerlich, was ich Dir erzählt habe?« fragte Pisani stirnrunzelnd.

»Frau von Maugiron, die Schwester der Marion Delorme

»Ja, die Schwester der Marion Delorme

»Welche in demselben Hause wohnt, wie ihre andere Schwester, Frau von Montagne

»Ja, und hundertmal ja!«

»Nun, mein teurer Marquis, wenn Du keinen andern Grund hattest, dem armen Grafen nach dem Leben zu trachten, als den, dass er der Geliebte der Frau von Maugiron ist, so danke Gott, das, dein Wunsch nicht in Erfüllung gegangen ist, denn ein braver Edelmann wie Du hätte sein leben lang die schrecklichsten Gewissensbisse über dieses unnöthige Verbrechen gehabt.«

»Wie das?« fragte Pisani, sich von seinem Steine erhebend.,

»Weil der Graf von Moret nicht der Geliebte der Frau von Maugiron ist.«

»Und wessen Geliebter ist er wohl?«

»Der ihrer Schwester, der Frau von la Montagne

»Unmöglich!«

»Marquis, ich schwöre Dir, das, dem so ist.«

»Der Graf von Moret wäre der Geliebte der Frau von la Montagne? Du schwörst mir das?«

»Auf das Wort eines Edelmannes.«

»Aber ich habe mich jüngst des Abends zu Frau von Maugiron begeben.«

»War das vielleicht vorgestern?«

»Ja vorgestern.«

»Um 11 Uhr des Abends?«

»Wieso weißt Du das?«

»Ich weiß es, ich weiß es. Ebenso wie ich weiß, dass Frau von Maugiron nicht die Geliebte des Grafen von Moret ist.«

»Du irrst, sage ich Dir.«

»Erzähle immerhin weiter.«

»Ich bestand darauf, bei ihr einzutreten; sie hatte mir gesagt, dass ich kommen könnte und sie allein finden würde. Ich stoße also den Lakai zur Seite und dringe bis an die Tür ihres Schlafzimmers vor. Aus diesem Schlafzimmer aber drang eine Männerstimme au mein Ohr.«

»Ich sage auch nicht, dass Du nicht die Stimme eines Mannes gehört hast, ich behaupte bloß, dass diese Stimme nicht dem Grafen von Moret gehörte.«

»O, Du folterst mich in der Tat mit deinem Zweifel.«

»Du hast ihn doch nicht gesehen?«

»Ja! ich habe ihn allerdings gesehen.«

»Wie das?«

»Ich postierte mich in den Schatten des gegenüberliegenden Hauses und von dort sah ich ihn das Haus der Maugiron verlassen, sah ihn so deutlich, wie ich Dich jetzt sehe.«

»Nur vergisst Du, dass er um jene späte Stunde nicht die Maugiron, sondern die Montagne verließ.«

»Wenn dem so ist,« rief Pisani, »wer war.dann jener Mann, dessen Stimme ich aus dem Schlafzimmer der Maugiron hörte?«

»Nah! Marquis, sei ein Philosoph.«

»Wie meinst Du das?«,

»Ja, wozu ist es gut, sich über derlei Dinge zu beunruhigen.«

»Wie, wozu das gut wäre? Und ich sage Dir, dass ich mich so weit darüber beunruhige, dass ich den Mann tödten werde, da er nicht zu der königlichen Familie gehört.«

»Dass Du ihn umbringen wirst? Ah! Ah!« sagte Souscarières in einem Tone, welcher dem Marquis auffiel.

»Ganz gewiss, Du kannst meine Worte buchstäblich nehmen.«

»So? So? Und ohne weiteres willst Du ihn tödten, ohne ihn sogar zu warnen,« fragte Souscarières, und der Ausdruck seiner Worte wurde immer ironischer.

»Ja, ja! und hundertmal ja!«

»So? Nun dann tödte mich, denn jener Mann war meine eigene Wenigkeit.«

»Ah, Schelm!« rief Pisani mit den Zahnen knirschend und seinen Degen blitzschnell aus der Scheide reißend, »vertheidige Dich!«

»O, Du hast nicht nöthig, mich darum zu bitten, lieber Marquis,« rief Souscarières, einen Sprung nach rückwärts machend und sich auslegend. »Achtung!«

Und nun begann ungeachtet der Rufe Voiture's und ungeachtet des Erstaunens des würdigen Brancas, welcher von dem was vorging nicht das Geringste begriff, zwischen dem Marquis Pisani und Souscarières ein Kampf, der um so fürchterlicher war, als er ohne jede andere Beleuchtung vor sich ging, als die der von Wolken verschleierte Mond gewährte; ein Kampf, in dem beide Gegner sowohl durch die Eigenliebe als durch den Selbsterhaltungstrieb veranlasst wurden, alle Mittel der Fechtkunst anzuwenden.

Souscarières, welcher in allen Leibesübungen Meister war, bildete auch hier den stärkeren und geschickteren Teil, aber die langen Beine Pisani's und sein verschrobener Körper gaben ihm in Bezug auf die Plötzlichkeit des Angriffes einen großen Vorteil. Endlich, nachdem etwa eine halbe Minute verlaufen sein mochte, wahrend die Klingen funkensprühend aneinander schlugen, stieß der Marquis einen Schrei aus, den er nur mit Mühe zwischen seinen geschlossenen Zähnen hervorbrachte, ließ den Arm sinken, den Degen zu Boden fallen und stürzte dann zusammen.

»Meiner Treu,« sagte Souscarières, nun auch seinen Degen senkend, »Ihr seid Zeugen, dass er es so gewollt hat.«

»Ah ja,« antworteten Brancas und Voiture.

»Und Ihr werdet auch bezeugen, dass Alles nach den Regeln der Ehre vor sich gegangen ist.«

»Wir werden es bezeugen.«

»Und nun, da ich nicht den Tod, sondern im Gegenteile die Heilung des Sünders will, so traget ihn in das Hotel seiner Mutter und holt eiligst Bouvard, den Chirurgen des Königs.

»Das ist in der Tat das Beste, was wir tun können. Helft mir, Brancas; glücklicher Weise sind wir von dem Hotel nicht weit entfernt.«

»Ah!« sagte Brancas, »welches Unglück, eine Partie, welche so schön angefangen hatte.«

Während Brancas und Voiture den Körper Pisani's so sanft als möglich in das Hotel trugen, verschwand Souscarières um die Ecke der Rue Froidmanteau, und sagte im Fortgehen zu sich:

»Diese verdammten Buckligen? Ich weiß nicht, was sie alle so gegen mich hetzt. Das ist nun schon der dritte, dem ich meinen Degen durch den Leib rennen muss, um mich seiner zu entledigen.«

Der Graf von Moret

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