Читать книгу Killer-Zimmer: Krimi Koffer mit 1300 Seiten - Alfred Bekker - Страница 49
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Die Verhöre in Dresden waren zäh. Das lag auch daran, weil wir nicht viel Unterstützung von den dortigen Kollegen bekamen. Sie hatten einfach nicht genügend Vernehmungsspezialisten, hieß es. Schon die Tatsache, dass sie Dahlheim und seine Kollegen vor Ort alarmiert hatten, was sie ausdrücklich nicht hatten tun sollen, zeigte uns, dass wir auch hier mit Gegenwind zu rechnen hatten. Nicht ganz so stark wie in dem Provinzloch, aber immer noch stark genug, dass wir es zu spüren bekamen.
Ich rechnete jetzt nicht unbedingt damit, dass die Dresdner Kollegen die Typen, die wir gerade verhaftet hatten, gleich wieder freiließen. Da stand die Justiz vor. Und die Staatsanwaltschaft war durchaus auf unserer Seite.
Bei den Polizei-Kollegen hingegen mussten wir wohl am ehesten mit einem hinhaltenden, passiven Widerstand rechnen. Die hatten einfach nicht vor, uns mehr zu unterstützen als unbedingt nötig.
Dieses Eindrucks konnten wir uns einfach nicht erwehren.
Also mussten wir die meisten Verhöre selbst führen und die Protokolle derjenigen, die wir nicht geführt hatten, waren am Ende kaum zu gebrauchen. Sicher, es war viel verlangt von den Kollegen, sich so schnell in die Materie einzuarbeiten, aber eigentlich waren sie das gewöhnt. Und mit etwas mehr Engagement hätten sie das ganz sicher auch etwas besser hinbekommen.
Ich konnte nur hoffen, dass die Abteilung für kriminaltechnische Untersuchungen besser arbeitete. Rudi hatte schon erwogen, die ganzen Baseballschläger und was wir sonst noch so eingesammelt hatten, nach Berlin zu schicken. Da waren schließlich unsere eigenen Spezialisten. Die besten, die es in Deutschland gab. Und vor allem garantiert Leute, die keine Sympathien für rechte Schläger hatten und vielleicht ein Auge mehr zudrückten, als einer unabhängigen und vor allem zielführenden Ermittlung am Ende dienlich war.
In einer Verhörpause sprachen wir darüber mit unserem Chef, der offenbar entschlossen war, die Nacht in seinem Büro zu verbringen.
Es wäre nicht die erste gewesen.
In einem der Schränke in Herrn Bocks Büro befand sich angeblich ein ausklappbares Feldbett. Niemand hatte es wirklich je mit eigenen Augen gesehen, nicht einmal Mandy, seine Sekretärin. Aber das Gerücht hielt sich seit Jahren und ich war inzwischen überzeugt davon, dass auch etwas dran sein musste.
Und mit dieser Überzeugung war ich keineswegs allein.
“Ich schicke ein paar Kollegen, die das ganze Beweis-Zeug noch in dieser Nacht abholen”, meinte Kriminaldirektor Bock. “Sie haben völlig recht, wir dürfen da kein Risiko eingehen.”
Ich hatte mein Smartphone auf laut gestellt, sodass auch Rudi mithören konnte. Wir hatten für das Telefonat eines der Büros im Dresdner Polizeipräsidium zur Verfügung gestellt bekommen. Die Beamten, die hier normalerweise ihren Dienst nachgingen, hatten längst Feierabend.
Etwas, wovon unsereins wohl nur träumen kann.
Aber daran wird sich auf absehbare Zeit wohl auch nichts ändern.
“Ich hatte schon befürchtet, Sie würden unsere Sorgen für übertrieben halten”, meinte Rudi.
“Nein, das tue ich nicht, wie ich Ihnen ausdrücklich versichere”, sagte Kriminaldirektor Bock.
“Was wir brauchen, sind schnelle Ergebnisse”, sagte ich.
“Mehr als den Kollegen die Dringlichkeit der Sache klar zu machen, kann ich nicht tun”, erwiderte Bock. “Sie wissen ja, wie das läuft. Und im Übrigen haben wir bei uns in Berlin sicher die allerbesten kriminologischen Kapazitäten versammelt, aber Sie wissen ja, wie das im Moment hier läuft.”
“Der Terror ...”, meinte ich wissend.
“Nennen wir es: die Sicherheitslage”, korrigierte mich Kriminaldirektor Bock. Je höher man in der Hierarchie kommt, desto mehr scheint man die Tendenz zu bekommen, die Dinge freundlicher auszudrücken. Oder unklarer. Vielleicht auch so verschwurbelt, dass niemand mehr so genau weiß, was eigentlich gemeint ist.
“Meinetwegen, die Sicherheitslage”, gab ich zurück.
“So etwas wie die Sache mit dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt frisst einfach Kapazitäten und Ressourcen, die dann anderswo fehlen”, stellte Kriminaldirektor Bock fest, fast so, als müsste er sich bei mir dafür entschuldigen. Musste er natürlich nicht. Aber anscheinend schien er im Moment viele Gespräche führen zu müssen, bei denen er sich rechtfertigen musste.
Mal auf die eine und mal auf die andere Weise.
Und das färbte ganz offensichtlich auf seinen gegenwärtigen Sprachgebrauch stark ab.
Ich konnte ihm das nicht verdenken.
Das war in seinem Fall wohl so etwas wie eine Art Berufskrankheit.