Читать книгу Killer-Zimmer: Krimi Koffer mit 1300 Seiten - Alfred Bekker - Страница 62
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Wir waren schließlich fertig und verließen das Gebäude wieder. Nicht ohne ein Siegel anzubringen und Herrn von Bleicher darauf hinzuweisen, dass ihm bis auf weiteres das Betreten von Devid Dresels Wohnung untersagt war.
“Und was soll das Ganze dann noch?”, ereiferte er sich. “Ich dachte, Sie sind fertig!”
“Möglicherweise schicken wir noch ein Team des Erkennungsdienstes her, um sich alles genau anzusehen”, erklärte ich ihm.
An einer der Pferdekoppeln, die zum Anwesen gehörten, fiel mir eine Frau auf. Sie trug Reitstiefel und eine Steppjacke. Außerdem eine Reiterkappe.
“Ihre Gattin?”, fragte ich.
“Meine Gattin”, bestätigte von Bleicher. “Und jetzt sagen Sie nicht, dass Sie meine Frau auch noch zu belästigen gedenken!”
“Gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt”, erklärte ich.
“Das ist nicht Ihr Ernst.”
“Und Ihr Ernst kann es nicht sein, dass ich das jetzt schon ausschließen könnte!”, sagte ich. “Man weiß nie, was noch kommt und wessen Aussage man vielleicht doch noch braucht. Aber im Moment ist das wohl nicht nötig.”
“Ich werde meine Gattin von Ihnen grüßen, Herr Kubinke.”
“Tun Sie das. Und bevor wir jetzt fahren, hätte ich noch eine letzte Frage.”
”Und die wäre?”
Von Bleicher wirkte genervt. Ich hatte seine Geduld offenbar bis auf das Äußerste strapaziert. Aber manchmal sind Aussagen gerade dann besonders aufschlussreich. Gerade bei Personen, die äußerlich so kontrolliert wirkten wie Herr von Bleicher. Ich hatte das Gefühl, dass da unter dieser kultivierten Oberfläche noch ein paar ganz andere Elemente vor sich hin brodelten.
War eine Eingebung meines Instinktes.
Aber auf den konnte ich mich im Allgemeinen ja verlassen. Und so nahm ich auch in diesem Fall nicht an, dass er mich täuschte.
“Meine letzte Frage hat nicht unbedingt etwas mit diesem Fall zu tun”, begann ich.
“Warum stellen Sie sie dann?”
“Weil es mich einfach interessiert. Und weil ich gerne verstehen würde, was hier so vor sich geht. Die berühmten lokalen Verhältnisse, wissen Sie?”
“Ich bin mir nicht sicher ...”
“Der Bürgermeister hat uns kontaktiert. Es war nur ein kurzes Gespräch und er musste dann auch sehr schnell wieder aufbrechen, weil er natürlich einen übervollen Terminkalender hat, was jetzt niemanden wirklich verwundern kann. Denn Herr Keller, den Sie ja sicher gut kennen, ist ein wirklich vielbeschäftigter Mann. Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.”
“Worauf wollen Sie hinaus, Herr Kubinke?”
“Herr Keller erwähnte etwas in der Art, dass die Gemeinde durch den Zuzug von Flüchtlingen an den Rand ihrer Belastbarkeit gelangt ist. Ich habe den genauen Wortlaut nicht mehr in Erinnerung. Aber etwa in der Art war es.”
“Was wundert Sie daran? Gibt es irgendeine Kommune, die über diese Belastungen nicht stöhnt? Ganz Deutschland diskutiert darüber und Sie bekommen das nicht mit, Herr Kubinke! In welcher Welt leben Sie! Was erzählen Sie mir da!”
“Der Punkt, um den es mir geht, ist der, Herr von Bleicher: Ich habe bisher in diesem Ort nicht einen einzigen Flüchtling getroffen. Und wie diese Gemeinde unter der Belastung so zu leiden hat, ist mir deswegen auch ehrlich gesagt nicht ganz schlüssig.”
“Da werden Sie dann den Bürgermeister persönlich fragen müssen. Ich bin nämlich nicht sein Sprecher. Meine Aufgabe erschöpft sich darin, einen Haushalt aufzustellen und nachzuzählen, wofür wie viel Geld ausgegeben werden kann. Das ist alles.”
“Aber dann müsste doch gerade Ihnen bekannt sein, wie viel die Gemeinde tatsächlich für Flüchtlinge ausgibt und wie stark sie dadurch belastet wird!”
“Guten Tag, Herr Kubinke. Fragen wie die, die Sie mir jetzt gestellt haben, beantworte ich vielleicht den Reportern des Kreisblattes - aber nicht Ihnen.”
“Und warum nicht?”
“Weil, wie Sie selbst schon richtig festgestellt haben, nicht der geringste Zusammenhang zu diesem Fall zu erkennen ist!”
“Nun, aber Sie sind doch schon in anderer Hinsicht so weit über Ihre anfänglichen Dialog-Grenzen gegangen, da könnten Sie mir diese Frage doch eigentlich trotzdem beantworten. Finden Sie nicht?”
Herr von Bleicher schluckte. Sein Gesicht wirkte so unbeweglich, als wäre es aus Stein gehauen. “Sie sind hartnäckig und geben nicht auf.”
“Das trifft zu. Vielleicht eine Berufskrankheit.”
“Leben Sie wohl, Herr Kubinke. Ich will weder Sie noch Ihren Kollegen hier jemals wieder sehen, wenn sich das irgendwie vermeiden lässt.”
“Was das angeht, möchte ich Ihnen lieber keinerlei Versprechungen machen, Herr von Bleicher”, gab ich zurück. “Nein, das kann ich wirklich nicht garantieren ...”
Eigentlich war ich mir sogar ziemlich sicher, noch einmal hierher zurückkehren zu müssen. Und zwar völlig unabhängig davon, ob die Kollegen des Erkennungsdienstes hier irgendetwas finden konnten.