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Wir stiegen aus. Die Schutzwesten ließen wir dann aber doch dort, wo sie waren - im Kofferraum nämlich. Es hatte zwar Fälle gegeben, in denen sogenannte Reichsbürger auf Polizisten geschossen hatten, aber das musste ja nicht immer so ausgehen.

Vielleicht traute ich dem Adel einfach gepflegtere Umgangsformen zu als dem Otto Normal-Neonazi.

Na ja, die Wahrheit ist wohl, dass ich diese Kevlar Westen einfach hasse. Sie sind unbequem und man kann sich darin schlecht bewegen.

Wir klingelten an der Tür.

Ein junger Mann öffnete uns. Er war kahlköpfig. Und sehr breitschultrig.

“Sie wünschen?”

“Wir wollen mit Herrn Ferdinand von Bleicher sprechen”, eröffnete ich.

“Die Frage ist, ob der auch mit Ihnen sprechen will”, sagte der Kahlköpfige. Ein breites Grinsen in seinem Gesicht mischte sich mit dem eher gleichgültig wirkenden Ausdruck, der bis jetzt seine Züge beherrscht hatte.

“Ich glaube schon”, sagte ich und zeigte ihm meinen Dienstausweis.

“Dann werde ich mal sehen, ob der Ferdi Zeit für Sie hat”, lenkte der Kerl ein. Ich hatte mich innerlich schon auf eine unsinnige Diskussion darüber eingestellt, ob dieses Grundstück nun ein Teil des Territoriums der Bundesrepublik Deutschland war oder nicht und ob das BKA hier irgendeine Zuständigkeit hatte.

Aber das blieb uns Gott sei Dank erspart.

Warum auch immer.

“Warten Sie hier”, sagte der Kahlköpfige dann und schlug uns erstmal die Tür wieder vor der Nase zu.

“Und sowas sollen wir uns bieten lassen?”, meinte Rudi.

“Abwarten und ruhig bleiben, Rudi.”

“Also nach deeskalierendem Verhalten ist mir im Moment nicht unbedingt zumute.”

“Kann ich gut verstehen, nützt aber nichts.”

Rudi seufzte.

“Ich weiß.”

“Soll ich dir sagen, was mir im Kopf herumgeht?”

“Vielleicht der Polizist, der neulich von einem sogenannten Reichsbürger erschossen wurde, weil der es gewagt hatte, dessen persönliches ‘Reich’ zu betreten?”

“Sag bloß, du kannst das wirklich ganz ausblenden.”

“Nein, kann ich nicht”, gab ich zu.

“Na eben, Harry.”

Ich versuche mir immer zu sagen, dass das ein genauso fieses Vorurteil ist, wie das Vorurteil, dass ein bärtiger Araber in seinem Rucksack wahrscheinlich eine Bombe hat.”

“Und trotzdem muss man darauf gefasst sein.”

“Ach, hör auf, Rudi.”

“Wieso denn?”

“Wenn man darüber zu viel nachdenkt, traut man sich am Ende nicht mehr aus dem Haus - geschweige denn in die Höhle eines ...”

Die Tür ging auf.

Der Kahlkopf war wieder da.

Sein Gesicht wirkte betont grimmig. So als wollte er damit auf uns Eindruck machen. Oder es lag ein krasses Beispiel für Botox-Missbrauch vor. Aber ich beschloss, darüber nicht weiter nachzudenken.

“Kommen Sie mit”, sagte der Kahlkopf ungefähr auf die Art und Weise, wie man sich das vielleicht in einem finsteren, vergangenen Zeitalter, als man diesen Landstrich noch die ‘sowjetisch besetzte Zone’ genannt hatte, von einem politischen Kommissar vorgestellt hätte.

“Dann hat es sich Herr von Bleicher also überlegt”, meinte Rudi.

Der Kahlkopf hatte sich schon beinahe ganz den Rücken zugewendet.

Aber jetzt drehte er sich wieder zu uns um und unterzog uns einer verächtlichen Musterung. Einmal von oben bis unten. Keine Frage, dass seine letzte Bemerkung das ausgelöst hatte.

“Herr von Bleicher ist bereit, mit Ihnen zu sprechen. Allerdings ohne Anerkenntnis Ihrer Rechtsbefugnis. Sie sind Gast auf exterritorialem Gebiet, und ich möchte Sie bitten, sich auch so zu verhalten.”

Dann drehte er sich um und lief voraus.

Ich wechselte mit Rudi einen erstaunten Blick.

Natürlich enthielten wir uns jetzt beide jeden Kommentars, aber wir kannten uns gut genug, um im Wesentlichen sofort zu erfassen, was der andere dachte.

Kollegiale Gedankenübertragung sozusagen.

Manchmal, so ging es mir durch den Kopf, waren einem die alten Neonazis herkömmlicher Machart doch irgendwie lieber. Die brüllten unflätig herum und griffen einen an, sodass man ihnen im Rahmen der Selbstverteidigung eins aufs Maul geben konnte.

Aber was machte man mit diesen neuartigen Faschisten, die so geschwollen reden, dass man fast glauben könnte, dass sie einen Schulabschluss hätten?

Killer-Zimmer: Krimi Koffer mit 1300 Seiten

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