Читать книгу Tempelritter und Nachtgeschöpfe: 20 Mystery Thriller um Liebe und Geheimnis: Krimi Koffer - Alfred Bekker - Страница 74
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Ein schneller Griff und ich hatte die Kassette an mich genommen und in meine Hemdtasche gesteckt. Ganz gleich, was außer der Stimme des verschollenen Magiers noch darauf zu hören war es war ein Beweisstück. Vielleicht ein Beweis für Vorgänge, die über das hinausgingen, was einen die Schulweisheit lehrte...
Die Stimme auf der Kassette war jedenfalls eine Tatsache.
So leise wie irgend möglich schlichen wir zur Treppe. Jim hatte die Lampe ausgemacht.
Ich hielt mich dicht hinter ihm.
"Dort unten ist irgend jemand", raunte er mir im Flüsterton zu. Stufe für Stufe ging es dann hinab und ich betete innerlich dafür, dass das Holz nicht knarrte und uns verriet.
Meinem Empfinden nach dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis wir endlich im Erdgeschoss angekommen waren.
Ich folgte Jim durch den dunklen Flur, durch den wir uns nur tastend fortbewegen konnten. Dann kamen wir an eine offenstehende Tür.
Ein Blitz erhellte für den Bruchteil eines Augenblicks den gesamten Raum. Für diesen kurzen Moment fiel das fahle Licht auch auf eine geisterhafte Gestalt, die zunächst nur wie der Schatten eines Möbelstücks gewirkt hatte.
Einen Augenaufschlag lang sah ich ein weißes Gewand und ein Gesicht, aus dem die blanke Furcht sprach.
"Nein", wisperte eine brüchige, leise Stimme.
Jim machte die Taschenlampe an und als der Lichtkegel die Gestalt traf, wich sie einige Schritte zurück. Mit den Armen versuchte sie, ihr Gesicht vor der Helligkeit zu schützen.
Von der linken Seite her blies ein kühler Luftzug herein.
Eine Scheibe war zerschmettert. Dorthin wandte sich die Gestalt nun mit schnellen, aber unsicheren Schritten. Sie stolperte beinahe.
"Halt!", rief ich und ging entschlossen auf sie zu.
Wahrscheinlich war sie durch das Fenster hereingekommen und wollte nun auf demselben Weg wieder hinaus.
Wir waren schnell bei ihr, Jim von der einen Seite und ich von der anderen. "Warten Sie! Wir tun Ihnen doch nichts!", versuchte ich ihr klarzumachen.
Im Licht der Taschenlampe sah ich ihr angstvolles Gesicht.
Es war eine Frau. Die Haare hingen ihr wirr im Gesicht herum und an den Händen schien sie einige Abschürfungen zu haben. Ihre Augen waren gerändert und das Gesicht bleich wie die Wand.
Unwillkürlich erschrak ich, als sie sah.
Ich erkannte sie trotz des üblen Zustands, in dem sie sich befand wieder.
"Miss Jackson?", fragte ich. "Francine Jackson? Das sind Sie doch, nicht wahr? Laufen Sie nicht weg! Wir wollen Ihnen helfen!"
Sie blickte erst zu mir, dann zu Jim und versuchte dann, auf die Fensterbank zu klettern, um hinaus in die Nacht zu gelangen.
Ich trat hinzu und fasste sie am Arm.
"Tun Sie das nicht", sagte ich. "Wir sind wirklich auf Ihrer Seite."
"Nein!", schrie sie. "Nein!"
Sie war völlig hysterisch und atmete heftig.
"Wir gehören nicht zu denen, die hinter Ihnen her sind", versicherte ich ihr. Ihr Blick schien durch mich hindurch zu blicken, und ich fragte mich, was man mit der Seele dieser armen Frau wohl angestellt hatte.
Jedenfalls beruhigte sie sich langsam und ihre Verkrampfung lies nach. Der Atem wurde ruhiger und langsam schien sie wieder Herr ihrer Sinne zu werden.
Ein leichtes Zittern erfasste ihren Körper. Sie musterte uns eingehend und fragte schließlich in schleppendem Tonfall: "Wer...Wer sind Sie?"
"Journalisten", erklärte ich ihr und hoffte nur, dass das nicht ein Wort war, dass sie erneut in Angst versetzte.
Aber das schien nicht der Fall zu sein.
Sie seufzte und fragte dann: "Was... Was tun Sie hier? Dieser Ort ist...tabu!"
Es blieb keine Zeit, um Francine das zu erklären, denn in diesem Moment drangen plötzlich von draußen Stimmen zu uns herüber.
Jim ging zu einem der Fenster und blickte hinaus. Der Regen hatte nachgelassen. Motorengeräusche von Wagen waren zu hören. Türen wurden geöffnet und zugeschlagen.
"Was ist da los?", rief ich.
"Offenbar ist Francine jemand auf den Fersen", stellte Jim dann mit belegter Stimme fest. "Ich schätze, dass das Allisons Leute sind! Mindestens ein Dutzend! Und einige scheinen bewaffnet zu sein!"
Francines Augen weiteten sich. "Nein", flüsterte sie und schüttelte wie von Sinnen den Kopf. "Das sind sie. Ich muss weg! Ich muss weg! Die wollen mich umbringen!"
Sie war wie von Sinnen und ich hielt sie bei den Schultern fest. Francine hatte nicht mehr viel Kraft und so behielt ich die Oberhand. "Wir helfen Ihnen! Kommen Sie mit! Die werden Sie nicht kriegen, dafür sorgen wir!"
Sie sah mich zweifelnd an. Und ich selbst wusste auch nicht, ob ich da nicht zu viel versprochen hatte.
Indessen wurden die Stimmen lauter.
Schon war zu hören, wie sich jemand am Haupteingang zu schaffen machte.
"Wir können nicht mehr raus", meinte Jim. "Sie sind überall!"
"Dann bleibt uns nur der Keller", entschied ich. Aber im nächsten Moment wurde mir klar, was ich da eigentlich gesagt hatte...
Jetzt war alles da, was die Szenerie jenes Alptraums ausgemacht hatte, der mich über so lange Zeit gepeinigt hatte: Jim, Francine Jackson, eine Taschenlampe - und die Finsternis des Kellers, von dem aus irgend ein dunkler Tunnel ausgehen musste, wie ich aus meinem Traum wusste.
Ein Tunnel ins Nichts.
Auf einmal wusste ich nicht mehr, ob wir wirklich das Richtige taten. Irgend etwas in mir sträubte sich mit aller Macht dagegen, diesen Weg zu gehen...
"Patti, worauf wartest du noch?" Jim packte mich bei den Schultern. "Los, komm schon!"
Wir hatten keine andere Wahl. Schließlich sahen die Bewaffneten da draußen nicht gerade so aus, als könnte man mit ihnen ruhig verhandeln...