Читать книгу Tempelritter und Nachtgeschöpfe: 20 Mystery Thriller um Liebe und Geheimnis: Krimi Koffer - Alfred Bekker - Страница 83
Оглавление2
"Guten Morgen, Patricia", begrüßte mich Michael T. Swann, der Chefredakteur der LONDON EXPRESS NEWS, als ich sein Büro betrat. Für eine Sekunde war ich etwas irritiert, denn anstatt des eher etwas mürrischen Gesichtsausdruck, der ansonsten so typisch für ihn war, schien er heute gut gelaunt zu sein.
"Guten Morgen", erwiderte ich.
Er erhob sich und umrundete seinen Schreibtisch, der über und über mit Manuskripten bedeckt war.
"Ich wollte mal fragen, wie weit Sie schon mit Ihrer Reportage über diesen Künstler sind?"
"John Jennings?"
"Genau!"
Ich atmete tief durch. "Er scheint seit dem Unfall, den er vor drei Jahren hatte, sehr exzentrisch geworden zu sein", erklärte ich dann.
"Seitdem sitzt er ja auch wohl im Rollstuhl, oder?", hakte Swann nach, der sich erklärtermaßen nicht sehr für moderne Kunst interessierte. Der Chefredakteur zuckte die Achseln und verschränkte die Arme vor der Brust. "Seine Exzentrik ist schließlich der Grund dafür, dass wir überhaupt etwas über ihn bringen. So sehe ich das jedenfalls!"
Da hatte Swann natürlich recht. John Jennings war ein Star auf dem Kunstmarkt.
Seine Objekte und Skulpturen erreichten astronomische Preise. Und das, obwohl der Künstler erst Mitte dreißig war. Nicht, dass seine Jugend gegen seine Kunst gesprochen hätte, aber die meisten erreichten diese Preisklasse erst, wenn sie verstorben waren.
Wirklich prominent hatte Jennings seine Hinwendung zu Okkultismus und Magie gemacht, die er seit seinem tragischen Verkehrsunfall vollzogen hatte. Die einen hielten ihn nun für halb wahnsinnig, aber auf andere wirkte gerade das anziehend. Es gab Jennings etwas Mysteriöses, wie auch die Tatsache, dass er sich kaum noch in der Öffentlichkeit zeigte.
Die LONDON EXPRESS NEWS war die erste Zeitung seit langem, die überhaupt hoffen konnte, an ihn heranzukommen. Und das auch nur, weil einer der Herausgeber der EXPRESS NEWS offensichtlich gute Kontakte zu Jennings' Manager besaß.
"Also", wiederholte Swann. "Wie weit sind Sie, Patricia?"
"Ich stehe noch ganz am Anfang!", musste ich bekennen und Swann runzelte die Stirn. Er sagte es nicht, aber ich konnte ihm ansehen, was in seinem Kopf für Gedanken herumspukten: Da hätte ich Ihnen mehr zugetraut, Patricia!
"Das müssen Sie mir erklären!"
"Er hat bereits zweimal Termine mit mir von einer Minute zur anderen abgesagt. Es scheint wirklich nicht so einfach zu sein, an ihn heranzukommen... Ich habe zwar im Archiv recherchiert, aber schließlich sollte auf den Seiten der EXPRESS NEWS ja nicht nur das stehen, was ohnehin alle wissen..."
"Allerdings!", nickte Swann. "Da gebe ich Ihnen recht." Er ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten. Verzögerungen aller Art hasste er wie die Pest.
"Er ist ein scheuer Mann", gab ich zu bedenken. Swann sah mich sehr ernst an. "Glauben Sie, dass es noch Zweck hat, an der Sache dranzubleiben?"
"Ja, davon bin ich überzeugt", behauptete ich, obwohl ich mir da inzwischen gar nicht mehr so sicher war. Es war gut möglich, dass Jennings mich ewig hinhalten würde, nur um sich schließlich zu überlegen, den LONDON EXPRESS NEWS doch kein Interview zu geben.
Aber ich hatte an der Sache ein persönliches Interesse, denn dieser mysteriöse Mann faszinierte mich. Ich hatte einiges über ihn und sein Leben gelesen und brannte darauf, ihn kennenzulernen.
"Gut", hörte ich Swann sagen. "Dann machen Sie weiter." Heute schien er seinen nachsichtigen Tag zu haben.