Читать книгу Tempelritter und Nachtgeschöpfe: 20 Mystery Thriller um Liebe und Geheimnis: Krimi Koffer - Alfred Bekker - Страница 77
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Je weiter wir in diesen unterirdischen Tunnel vordrangen, desto drängender wurde die Frage, wohin er eigentlich führte.
Über uns war längst nicht mehr das sogenannte Geisterhaus.
Aber wie weit wir schon waren, konnte man schlecht schätzen.
Jegliches Gefühl für Zeit und Raum ging allmählich verloren.
Ich folgte einem inneren Impuls und blickte auf die winzige Digitaluhr mit dem schlanken Lederarmband, die ich um das Handgelenk trug. Ich betätigte den Knopf für die Leuchtanzeige und erschrak.
Auf dem kleinen Display war nichts zu sehen.
Es war unmöglich, dass die Batterie bereits leer war, denn ich hatte mir erst wenige Tage vor unserem Abflug aus London eine neue einsetzen lassen. Und die Lebensdauer dieser kleinen Stromzellen betrug mindestens ein Jahr.
"Meine Uhr funktioniert nicht", stellte ich laut an Jim gerichtet fest. "Was ist mit deiner?"
"Was interessiert mich jetzt die Uhrzeit", knurrte er.
"Jim! Das Fernsehteam berichtete davon, dass nach und nach sämtliche elektronischen Geräte ausfielen!"
Jim sah ebenfalls auf seine Uhr.
"Zeigt nichts an", meinte er. "Vielleicht gibt es hier unten irgendwelche Magnetfelder durch Metallablagerungen..."
"Das wäre eine Möglichkeit", murmelte ich.
Jim hielt kurz an. Ich sah seinen Kopf nur als schattenhaften Umriss. Offenbar drehte er sich zu mir herum.
"Du glaubst doch nicht, dass wir auf dem Weg in diese fremde Dimension sind, oder? Wie nennen Allisons Leute das noch? Das Reich von Ptambu..."
"Ich habe keine Ahnung", flüsterte ich.
"Das ist doch alles Hokuspokus", war Jim überzeugt.
"Und die Stimme auf dem Tonband? Es war Craig, da bin ich mir sicher..."
Jetzt mischte sich Francine in unser Gespräch ein. "Welches Tonband?", fragte sie.
Ich erklärte es ihr in knappen Worten.
"Ich weiß", sagte sie. "Und Sie sagen, dass Sie Craigs Stimme gehört haben?"
"Ja, oder die seines Geistes."
"Merkwürdig..."
"Was ist merkwürdig?", hakte ich sogleich nach.
"Auf den Kassetten war immer nur Rauschen oder andere natürliche Geräusche. Allison, der jetzige Botschafter, hat das Rauschen dann für uns interpretiert..."
Nun, was es mit der Stimme auf der Kassette auf sich hatte, würde sich ja herausfinden lassen, sobald wir diesem finsteren Gewölbe entkommen waren...
"Vielleicht sollten wir zurückkehren", meinte Francine Jackson.
"Dann werden wir ihnen in die Arme laufen", prophezeite ich ihr.
Dann war es auf einmal stockfinster. Jims Lampe war ausgefallen.
"Was ist los?", rief ich.
"Ich habe keine Ahnung", erwiderte Jim. "Das Ding funktioniert einfach nicht mehr!"
Francine schluchzte auf. Sie war wieder nahe daran, in Hysterie zu verfallen und so nahm ich sie an die Hand. Wir konnten uns nur noch tastend fortbewegen. Wie blind waren wir. Genau in diesem Moment war ich in meinen sich ständig wiederholenden Alpträumen stets erwacht. Aber diesmal gab es kein Erwachen.
Dies war kein Traum.
Die Zeit schien nur so dahinzukriechen. Eine kleine Ewigkeit verging.
Dann sagte Jim plötzlich in die unheimliche Stille hinein: "Hier ist der Gang zu Ende!"
Ich brauchte einen Augenblick, um wirklich zu begreifen, was er da gesagt hatte. Dann hatte auch ich den kalten Stein erreicht, der das Ende dieses Ganges zu sein schien.
Metallsprossen waren in den Stein eingelassen, an denen man hinausklettern konnte.
"Vielleicht geht es hier irgendwo hinaus", vermutete Jim.
"Ich hoffe, dass du recht hast!"
Ich hörte, wie Jim sich abmühte, um die Sprossen zu erklimmen. Dann geschah ein paar Augenblicke lang gar nichts.
Jim ächzte und es gab ein Geräusch, als ob er etwas wegschob.
Im nächsten Moment sah ich dann etwas, von dem ich schon gar nicht mehr geglaubt hatte, es je wiederzusehen: einen Himmel voller Sterne.
"Hier geht's tatsächlich raus!", rief Jim, in den die Lebensgeister zurückgekehrt zu sein schienen.
"Geh voran!", meinte ich. "Wir kommen nach!"
Ich sah Jim hinaufsteigen. Er hob sich als dunkler Umriss gegen die Sterne ab. Ich zog Francine mit mir. "Komm! Jetzt haben wir es gleich geschafft!"
"Ja..."
Ich weiß nicht warum, aber wirkliche Freude oder Erleichterung wollte sich bei mir einfach noch nicht einstellen. Noch immer lasteten düstere Ahnungen auf mir, obwohl es dafür im Moment doch keinen erkennbaren Anlass zu geben schien...
Wir hatten es doch so gut wie geschafft!
Nacheinander kletterten dann auch Francine und ich hinauf ins Freie. Das Unwetter schien sich inzwischen verzogen zu haben. Nur noch wenige Wolken verdunkelten hier und da die Sterne. Der Mond stand als helles Oval am Himmel und spendete Licht.
Ich half Francine auf die Beine. Jim stand links von mir und machte einen völlig erstarrten Eindruck.
Und dann merkte ich auch, woran das lag.
Ich ließ den Blick umherschweifen und sah ungefähr zwei Dutzend Gestalten in der Nacht stehen. Die meisten trugen weiße Gewänder, was ihnen etwas Engelhaftes gab. Aber es waren Engel des Todes. Viele von ihnen waren bewaffnet...
Ich drehte mich herum.
Wir waren völlig eingekreist.