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Es gab im Big Apple ein halbes Dutzend Kirchen, die den Namen St. John trugen. Die Zahl reduzierte sich jedoch auf zwei, wenn man alle nicht-katholischen Kirchen abzog.

Als wir die St. Johns Church in der 34 th Street West erreichten, trafen wir dort einen Priester an, der eine Kerze entzündete.

»Mr. Charles Nielsson?«, fragte ich.

Er drehte sich zu uns herum. Ich schätzte ihn auf Anfang sechzig. Zumindest vom Alter her konnte er Offizier in Vietnam gewesen sein.

Ich hielt ihm meinen Ausweis unter die Nase. »Jesse Trevellian, FBI. Dies ist mein Kollege Milo Tucker. Wir müssen mit Ihnen sprechen.«

»Bitte – ich unterstütze gerne das Gesetz.«

»Vielleicht war das aber nicht immer so.«

»Was soll das heißen?«

Wir erzählten ihm, worum es ging, und dass Ross Mulroney ihm wahrscheinlich auf den Fersen war.

»Alles hat seine Zeit«, sagte er, nachdem ich geendet hatte. »Der Tod genauso wie das Gericht. Ich habe auf meine Weise Buße getan. Wenn Mulroney meint, dass dies nicht ausreicht und er mich töten will, so bin ich innerlich vorbereitet. Ich habe es lange erwartet, ohne dass es mir wirklich bewusst war … Glauben Sie mir, wenn ich nicht gläubiger Anhänger einer Konfession wäre, die den Selbstmord für eine Sünde hält, wäre ich schon nicht mehr am Leben.«

»Heißt das, Sie wollen sich einfach abknallen lassen?«, frage ich.

»Sie können das nicht verstehen. Niemand kann das, der nicht dasselbe erlebt hat. Wir haben Mulroney damals im Dschungel zurückgelassen – in einem Gebiet, wo wir genau wussten, dass der Vietcong ihn finden würde. Ich sehe noch immer sein Gesicht vor mir … diese Augen, die mich so voller Angst angestarrt haben … Ich habe das nie vergessen, Agent Trevellian. In gewisser Weise bin ich in jenem Augenblick gestorben.« Er sah auf seine Uhr. »Ich habe jetzt nicht länger Zeit für Sie. Ein Gemeindemitglied erwartet mich, um ein persönliches Problem mit mir zu besprechen. Sie können mich gerne in den nächsten Tagen vorladen und festnehmen lassen.«

Mit diesen Worten ließ er uns stehen.

Er durchschritt das Kirchenschiff Richtung Ausgang.

Milo und ich wechselten einen Blick miteinander.

»Wir sollten ihn zu seinem Schutz festnehmen«, sagte ich.

»Das können wir nicht«, erwiderte Milo, und er hatte natürlich Recht. Inwiefern man ihn für die Geschehnisse in Vietnam noch zur Rechenschaft ziehen konnte, musste geprüft werden, aber es war anzunehmen, dass sowohl nach Militär- als auch nach Zivil- und Strafrecht ein Großteil der Delikte längst verjährt war.

Er erreichte die Tür, öffnete sie.

Wir folgten ihm.

»Warten Sie!«, rief ich.

Aber die Tür war bereits hinter dem Priester ins Schloss gefallen. Augenblicke später folgten wir ihm ins Freie. Es war bereits dämmrig. Die Neonbeleuchtung der Geschäfte flackerte und tauchte die Straße in ihr charakteristisches Zwielicht.

Nielsson befand sich gut zehn Meter von uns entfernt.

Wir holten ihn ein. »Einen Moment, unser Gespräch war noch nicht zu Ende!«, rief ich.

Er stoppte, atmete tief durch, so als müsste er sich im wahrsten Sinn des Wortes erst einmal Luft machen.

»Ich habe Ihnen alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt!«, erklärte er. »Den Rest werde ich mit einem Richter ausmachen müssen. Vielleicht vor einem irdischen, ganz gewiss aber vor dem himmlischen Richter. Und wenn Sie jetzt meinen, Sie könnten …«

Ich sah eine Bewegung in einem Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Es war ein Mitsubishi mit dem Logo des Mietwagenunternehmens EverMobile. Ein Fenster glitt herab. Ein rohrähnlicher Gegenstand ragte ins Freie.

Eine Bazooka!

Etwas blitzte in der Dunkelheit auf.

Ich handelte blitzschnell und stieß Nielsson zu Boden. Ich kam neben ihm zu liegen. Milo sprang zur Seite.

Das Geschoss schlug in die Kirchenmauer ein und sprengte einen gewaltigen Brocken heraus.

Der Mietwagen startete mit quietschenden Reifen durch. Ich war sofort auf den Beinen, spurtete los und sprang auf den Kofferraum eines parkenden Fahrzeugs. Die SIG hielt ich in der Faust und zielte.

Drei Schüsse gab ich kurz hintereinander ab. Einer traf den Reifen hinten links. Der Mietwagen brach aus, krachte in die Reihe parkender Fahrzeuge, ratschte an ihnen vorüber, dass die Funken sprühten, und blieb schließlich stehen.

Ich sprang vom Kofferraum, federte auf dem Asphalt ab und rannte los. Ein Pizza-Van bremste. Dann hatte ich den Mietwagen erreicht.

Milo, der sich inzwischen ebenfalls aufgerappelt hatte, war mir dicht auf den Fersen.

Die Fahrertür war eingeklemmt.

Der Täter konnte nicht entkommen.

Ich riss die Beifahrertür auf und richtete die SIG auf den Fahrer. Es war Mulroney. Das halbe Ohr ließ daran keinen Zweifel.

»FBI! Sie sind verhaftet«, sagte ich. »Sie haben das Recht zu schweigen …«

aber vielleicht wäre es besser, wenn Sie nach all den Jahren endlich reden würden!, setzte ich in Gedanken hinzu.

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