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Das Haus an der Ecke

Alfred Bekker


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Das Haus lag genau auf der Ecke, an der die Hauptstraße ihre scharfe Biegung machte.

"Wir können uns kein anderes Haus leisten", sagte der Mann und legte seiner Frau dabei den Arm um die Schulter. "Und eigentlich gefällt es mir auch", setzte er dann noch hinzu.

Die Frau zuckte die Schultern.

"Mir auch", sagte sie.

"Na, also! Warum reden wir dann darüber?"

"Ich meine, es hat mir früher gefallen."

"Und jetzt nicht mehr?"

"Ich weiß nicht... Seit die Straße verbreitert worden ist, ist es nicht mehr wie früher."

Der Mann atmete tief durch und nickte schließlich. "Ja, sagte er. "Ich weiß, was du meinst."

Früher war zwischen der Straße und dem Haus ein kleiner Vorgarten gewesen. Keiner, der viel hermachte oder der groß genug war, als daß ihre drei Kinder darin hätten spielen können. Aber immerhin einer, der einen gewissen Abstand zwischen das Haus und die Straße brachte. Aber die Straße war mit den Jahren zu schmal geworden, jedenfalls nach Ansicht derer, die darüber zu befinden hatten. Und so hatte man sie breiter gemacht. Dort, wo früher das Unkraut gewuchert hatte, war jetzt nur noch ein schmaler Bürgersteig von kaum einem Meter und dann der graue Asphalt, über den die schweren Last-züge donnerten. Im Interesse der Allgemeinheit hatten sie die paar Quadratmeter abtreten müssen. "Weißt du, daß das Bett des Jungen keine zwei Meter von der Fahrbahn entfernt steht?"

murmelte die Frau.

"Er schläft trotzdem ganz gut", sagte der Mann. "Tief und fest. "Kinder stört der Krach nicht so sehr. Außerdem was soll eigentlich das Lamentieren? Wir haben einfach keinen Platz, um an der Situation irgend etwas ändern zu können!"

"Ich weiß."

"Na, also!" Er zuckte die Achseln. "Das andere Zimmer ist schon eng genug für die beiden Mädchen. Wir können ihn da nicht auch noch einquartieren."

"Du hast ja recht!" Sie sah ihn mit großen, dunklen Augen an. "Hast du schonmal überlegt, was passieren würde, wenn einer von diesen Lastwagen von der Straße abkommt?"

"Willst du mir Angst machen?"

"Es wäre doch möglich, oder?"

Er lächelte matt. "Das ist aber noch nie passiert", gab er dann zu bedenken, wobei er ihr durch das Haar strich.

*


Am Abend wollte der kleine Junge nicht ins Bett. Aus irgend einem Grund kam er nicht zur Ruhe, obwohl er seine Gute-Nachtgeschichte bekommen hatte, von seinen Teddybären umgeben war und sich die Straßengeräusche in Grenzen hielten.

"Kann ich nicht bei euch schlafen?" fragte er.

"Hör mal, wenn wir damit anfangen, werden die Mädchen das auch wollen", erwiderte seine Mutter. "Und wo sollen Mama und Papa dann schlafen, wenn schon drei Kinder in unserem Bett sind?"

"Ihr braucht es doch nur mir zu erlauben."

"Dann werden die Mädchen sich darüber beklagen, daß du alles erlaubt bekommst und sie nicht."

Er seufzte und schien traurig. "Versuch jetzt zu schlafen", sagte seine Mutter.

Später tauchte der Junge dann im Elternschlafzimmer auf. Es war dunkel, als er mit seinen bloßen Füßen über den Boden tappste. Der Vater schnarchte. Die Mutter hatte wohl auch schon geschlafen, aber dann sah er ihre geöffneten Augen.

Sie hatte ihn bemerkt. "Was willst du?" flüsterte sie müde.

"Kann ich nicht doch bei euch schlafen?"

"Geh wieder ins Bett."

Sie schloß wieder die Augen und schlief ein.

Es war irgendwann am frühen Morgen, als plötzlich ein ohrenbetäubendes Geräusch durch das Haus ging und die Wände zum Erzittern brachte. Die Mädchen kamen herbei und erzählten wild gestikulierend von einem Lastwagen, der in das Zimmer ihres Bruders gefahren sei, gerade dort wo das Bett gestanden hätte. Die Mutter hörte wortlos und mit weit aufge-rissenen Augen zu. Der Vater riß die Bettdecke zur Seite und war blitzschnell aufgestanden. Er rannte hinaus durch den Flur. Als er die Tür zum Eckzimmer erreichte, stockte ihm der Atem. Der Lastwagen hatte das dünne Mauerwerk durchbrochen.

Das Bett des Jungen mußte förmlich zermalmt worden sein.

Inzwischen kamen die anderen nacheinander herbei.

"Unser Kleiner...", flüsterte der Vater. Die Mutter wollte etwas erwidern, aber jemand kam ihr zuvor.

"Was ist denn eigentlich los?" drang eine Stimme aus dem elterlichen Schlafzimmer. Barfuß und mit verschlafenen Augen tappste der Junge in den Flur.

Heiter und unterhaltsam in die Weihnachtszeit: 2 Romane und 66 Kurzgeschichten

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