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Ordnung muss sein!

Alfred Bekker


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"Hören Sie mal, so geht das aber nicht!"

Ich hatte gerade meinen Wagen abgestellt, war ausgestiegen und hatte die Tür abgeschlossen, als der untersetzte Mann in den mittleren Jahren mich ansprach.

Ich begriff nicht gleich, was er meinte. Aber er wartete gar nicht darauf, daß ich fragte. Er deutete auf meinen Wagen und dann auf die weißen Streifen, die die einzelnen Parkplätze voneinander abgrenzten.

"Haben Sie keine Augen im Kopf?" giftete er.

"Ich..."

"Sehen Sie das gar nicht!" Er faßte sich an den Kopf, um mir zu verdeutlich, wie er meinen Geisteszustand einschätzte.

"Sie stehen auf drei Parkplätzen! Einfach quer zu den Streifen!"

Ich atmete tief durch. Mein verstohlener Blick ging zur Kirchturmuhr, die von hier aus gut sichtbar war. Ich war spät dran und eigentlich auch nicht in der Stimmung, mich mit meinem Gegenüber länger als unbedingt nötig zu unterhalten.

"Na, was sagen Sie dazu..."

"Also..."

"Wenn das jeder machen würde! Einfach seinen Wagen mitten auf den Parkplatz zu stellen. Das geht doch nun wirklich nicht."

"Sie haben ja schon recht", sagte ich einlenkend, denn mir war bewußt, daß mein Gegenüber nur um so gereizter reagieren würde, sofern ich ihm irgend etwas entgegensetzte. Aber auch meine Beschwichtigungstaktik schien ihren Zweck nicht zu erfüllen.

"Natürlich habe ich recht!" giftete er und dabei lief sein Gesicht rot an. Er schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. "Glauben Sie hier könnte noch irgend jemand einen Parkplatz finden, wenn jeder wie Sie, einfach sein Fahrzeug mitten auf den Parkplatz fährt und dort abstellt! Sie denken nur an sich, aber Sie haben kein Auge für Ihre Mitbürger!

Drei Parkplätze besetzen Sie! Drei! Und das mit einem Auto..."

"Hören Sie..."

"Gut, daß nicht jeder dermaßen egoistisch ist! Schließlich gibt es Regeln. Und die sind dazu da, daß man sich daran hält! Ordnung muß schließlich sein. Aber nein, für Sie gilt das natürlich nicht. Sie glauben, etwas besseres zu sein und sich einfach darüber hinwegsetzen zu können.

"Hören Sie, ich bin ja gleich wieder weg. Ich will nur schnell eben zur Eisdiele, die macht nämlich in wenigen Minuten zu", erwiderte ich, wobei ich mir die redlichste Mühe gab, jeden Unterton von Ärger zu vermeiden.

Aber wie es schien, hatte ich im Moment nur die Wahl, entweder in der Eisdiele vor verschlossene Türen zu kommen, oder die zweifelhafte Chance, daß mein Gegenüber damit zu besänftigen war, daß ich meinen Wagen haargenau in die Parklücke fuhr.

"Ich muß jetzt gehen", sagte ich, aber da griff er mir an das Revers meines Jacketts. Es war ein braunes Jackett und ich hatte in irgend einem Psycho-Ratgeber mal gelesen, daß braun eine Farbe ist, die beruhigend wirkt. Offenbar war das eine unzulässige Verallgemeinerung gewesen.

"Hat Ihr Wagen denn zu wenig Platz?" fragte ich.

Er sah mich wütend an. Sein Hals war angeschwollen und er schien so aufgeregt, daß ihm sein verbales Gift für ein paar Sekunden buchstäblich im Hals stecken blieb.

"Also gut", sagte ich. "Wenn Sie mit Ihrem Wagen schlecht aus der Parklücke kommen, dann werde ich ihn wegfahren."

Er sagte nichts mehr und ließ mich los.

Die Kirchturmuhr schlug. Es war genau 23 Uhr.

Und dann sahen wir beide einen Augenblick lang auf den großen Parkplatz, auf dem in einem Abstand von ungefähr dreißig Metern genau zwei Wagen standen. Der eine, peinlich genau in der Lücke stehend, der andere - meiner - etwas weniger akurat abgestellt.

Heiter und unterhaltsam in die Weihnachtszeit: 2 Romane und 66 Kurzgeschichten

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